Der Totenmeister: Thriller (German Edition)
nur ganz in Weiß.
Er trat aus dem Licht heraus und tat zwei Schritte auf Max zu. Er kreuzte die Arme vor der Brust, griff unter seine Frackschöße und zog zwei lange, glänzende Samuraischwerter heraus, die das Licht reflektierten und Max blendeten. Ganz kurz schloss er die Augen.
Als er sie wieder öffnete, stand der Mann wenige Schritte vor ihm und wirbelte die Schwerter mit hoher Geschwindigkeit durch die Luft wie Jonglierstäbe. Kaleidoskopartige Lichtblitze schossen von den Klingen, rot, rosa, orange, violett, gelb und blau, sie trafen Max in die Augen und machten ihn für seine Umgebung blind.
Plötzlich musste er an Sonnenuntergänge denken. Sonnenuntergänge am Strand gegenüber seiner Wohnung. Wie oft hatte er zugesehen, wie die Sonne hinter dem dunkler werdenden Ozean versank wie brennender Honig. Jeder Tag endete mit einem Sonnenuntergang.
74
»Machen Sie sich keine Vorwürfe«, brummelte Eldon Joe zu, als sie am Sonntag bei Sonnenaufgang auf dem Dach der MTF standen. Das Sonnenlicht begann gerade die Nacht über Miamis niedriger Silhouette zu vertreiben und verlieh der Stadt das unansehnliche Grün ausgegrabener Knochen.
Sie waren beide erschöpft, körperlich wie psychisch, die Nerven von einer Kombination aus anhaltender Anspannung, fehlendem Schlaf und viel zu viel Kaffee bloßgelegt. Seit fast achtundvierzig Stunden waren sie auf den Beinen und suchten nach Max. Vergeblich.
Joe hatte seinen Partner zuletzt vor dem Flughafengebäude gesehen, bevor sie getrennt hineingegangen waren. Dann hatte er die Aufnahmen der Überwachungskameras von den beiden falschen Polizisten gesehen, die Max aus dem Gebäude zerrten, neben ihnen schemenhaft ein Mann, dessen Gesicht nicht zu erkennen war. Sie hatten das Gebäude verlassen, unbehelligt von den Dutzenden von Polizeibeamten, die die hysterische, panische Menschenmenge unter Kontrolle zu halten versuchten.
»Max war wie ein Sohn für mich«, fuhr Eldon fort und sah einer Schar Seemöwen nach, die auf das Meer hinausflog.
» War …?«
»Kommen Sie, in Zeiten wie diesen muss man realistisch sein, sich auf das Schlimmste gefasst machen. Max ist tot. Boukman hat zu Ende gebracht, was er in Opa Locka angefangen hatte.«
»Das ist herzlos«, sagte Joe.
»Es ist, wie es ist«, entgegnete Eldon. »Glauben Sie, für mich ist das leicht? Glauben Sie, mir tut das nicht weh? Es bricht mir das Herz.« Eldon legte sich die Hand auf den Brustkorb. Er hatte Tränen in den Augen. »Max gehörte zur Familie.«
»Der Sohn, den Sie nie hatten, richtig?«, sagte Joe mit einer Spur Sarkasmus in der Stimme.
»Ganz genau.« Eldon hatte es überhört. »So in der Art. Wir haben uns wirklich sehr nahegestanden, wissen Sie. Er ist mit allem zu mir gekommen. Mit allem.«
»Von Boukman hat er Ihnen nichts erzählt«, erinnerte Joe.
»Aber das hätte er tun sollen. Dann wäre er jetzt noch am Leben.«
»Ja, klar.« Joe lachte bitter. »Als ob das so einfach wäre.«
»Was soll das heißen?« Eldon zog die Stirn in Falten und kniff die Augen zusammen.
»Wissen Sie, warum er nicht mit Ihnen über Boukman geredet hat? Weil Sie nichts unternommen hätten. Sie waren viel zu sehr damit beschäftigt, den Mord an Moyez irgendwelchen Leuten anzuhängen, die nichts damit zu tun hatten. Ihnen war es doch scheißegal, wer die wahren Täter waren. Ihnen geht es nur darum, im Fernsehen gut auszusehen und die Politiker zufriedenzustellen, mit denen Sie so dicke sind.
Die richtigen Ermittlungen zu Moyez waren allein unsere Sache – das war unser Fall. Nicht Ihrer, nicht der von der MTF – unserer. Max und ich haben das in unserer Freizeit gemacht, von unserem eigenen Geld. Und zwar weil Max genau das ist, was Sie, Mr. Burns, nie sein werden: ein echter Polizist. Sie tragen nur die Uniform. Darunter sind Sie nur ein Söldner. Ein Soldat, der von der Politik abhängig ist. Ein käuflicher Killer. Und das hier, die MTF, Ihre Einheit, Ihr Geschöpf, ist nichts anderes als eine Bande von Kriminellen mit der Lizenz zum Töten. Sie kommandieren eine Bande von Gangstern, genau wie Boukman.«
Mit offenem Mund und sprachlos stand Eldon da, sein Blick zuckte hektisch über Joes Gesicht, als wolle er sichergehen, dass tatsächlich gerade die Worte aus dessen Mund gekommen waren, die er vernommen hatte. Seine Warze war von einem schwachen Rosa.
»Und nein, ich mache mir keine Vorwürfe. Ich mache Ihnen Vorwürfe, Mr. Burns. Sie tragen die Schuld, Sie sind verantwortlich hierfür. Sie und
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