Der Totenmeister: Thriller (German Edition)
angewiesen, schneller und noch schneller zu fahren, bis sie schließlich mit hundert Meilen die Stunde durch die Stadt rasten.
Patti Rhinehart und Leo Crews hatten die Limousine angehalten und damit ihr Schicksal besiegelt. Moyez, schwer auf Koks und Champagner, war genervt über die Störung und befahl seinen Leuten, die beiden Polizisten in den Kofferraum zu werfen und ihren Wagen mitzunehmen. Die Beamten wurden zu einem Lagerhaus außerhalb der Stadt gefahren und mit Eispickeln, Rasierklingen und – Moyez’ Spezialität – Skorpionen gefoltert. Bei der Autopsie wurden in ihrem Blut Spuren sowohl von Skorpiongift als auch von Gegengift entdeckt. Mit anderen Worten: Die Polizisten waren wiederholt von den Skorpionen gestochen worden und hatten alle Symptome erlitten, die das Gift auslöst – von heftigen Magenkrämpfen, Erbrechen und Durchfall bis zu Atemnot -, dann hatte man ihnen das Gegengift verabreicht, um sie erneut stechen zu lassen. Zehn Tage lang wurden die beiden gefoltert, bevor sie schließlich mit ihren eigenen Dienstrevolvern getötet wurden. Den Leichen zog man ihre Uniformen an und legte sie in den Kofferraum ihres Streifenwagens, der vor dem Polizeipräsidium abgestellt wurde.
Moyez war nach Venezuela zurückgekehrt und hatte einen seiner treuen Vasallen, Pedro de Carvalho, in Miami zurückgelassen, um als Verbindungsmann zu Boukman zu fungieren.
Eines Nachts geriet de Carvalho auf der Toilette eines Nachtklubs mit einem Mann in Streit. Der Streit eskalierte zu einer Prügelei, die de Carvalho zu verlieren drohte, bis er seine Waffe zog. Er ahnte nicht, dass sein Gegenüber Polizist war. Als de Carvalho den Klub verließ, warteten draußen bereits Polizisten mit gezogener Waffe auf ihn. Sie durchsuchten ihn und entdeckten seine wertvollste Trophäe an einer Kette um seinen Hals: die Dienstmarke von Patti Rhinehart. De Carvalho wurde wegen Mordes an den beiden Polizeibeamten festgenommen.
Da ihm der elektrische Stuhl drohte, ließ sich de Carvalho auf einen Handel mit dem Staatsanwalt ein. Er wollte Moyez nach Miami locken und in einem öffentlichen Verfahren gegen ihn aussagen. Im Gegenzug würde er zu zwanzig Jahren verurteilt werden, abzusitzen in einem der weniger harten Gefängnisse in New England.
Im Gerichtssaal war es kalt, weil die Klimaanlage voll aufgedreht worden war, um der Hitze Herr zu werden, erzeugt von den über einhundert Zuschauern, die sich auf den unbequemen Sitzen drängten – darunter Dutzende hektische Fernseh-, Zeitungs- und Radioreporter – und den Scheinwerfern der Filmteams zweier konkurrierender Fernsehsender.
Heute war der große Tag, die entscheidende Phase des Verfahrens, Pedro de Carvalhos Starauftritt im Zeugenstand.
Die Fernsehkameras waren auf Victor Moyez gerichtet, einen bulligen, stämmigen Mann mit dunkler, wettergegerbter Haut und dunklen Augen, deren Intensität auch von den dicken Brillengläsern nicht gemindert wurde, die er während des gesamten Prozesses getragen hatte. In dem buschigen schwarzen Bart, der seinen Mund verdeckte, lief eine weiße Strähne vom Kinn bis zur linken Wange. Wäre da nicht der elegante, maßgeschneiderte, marineblaue Zweireiher mit dem weißen Taschentuch in der Brusttasche, man hätte ihn für einen politischen Gefangenen halten können, der während der Haft den Verstand verloren hatte.
Einige der aufmerksameren Journalisten, die den Prozess seit einem Monat vom ersten Tag an verfolgt hatten, bemerkten, dass Moyez nicht nur ruhig und gefasst war, sondern sich regelrecht zu amüsieren schien, dass er schmunzelte, während er über Kopfhörer der Übersetzung der Anklagepunkte gegen ihn lauschte, dass er bei der Beschreibung der besonders dreisten oder gewalttätigen Episoden seines Lebens gelegentlich laut auflachte und in die Hände klatschte. Flankiert von seinen zwei Anwälten Harvey Winesap und Coleman Crabbe von Winesap, McIntosh, Crabbe Milton, Park Avenue, New York, den gefragtesten Drogenanwälten des Landes – Gerüchten zufolge kassierten sie ein Honorar von mehr als 2000 Dollar pro Tag -, wirkte er über die Maßen entspannt für jemanden, dem entweder die Todesstrafe oder lebenslänglich in einer amerikanischen Strafanstalt drohte, aller Wahrscheinlichkeit nach in Marion, Illinois.
Moyez hatte allen Grund, entspannt zu sein. In wenigen Stunden würde er den Gerichtssaal als freier Mann verlassen. Wenn Pedro de Carvalho in den Zeugenstand trat, um seine Verräterhymne zu singen, erwartete ihn der
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