Der Totenmeister: Thriller (German Edition)
beißenden Kieferngeruch der Gefängnisseife an sich. Auf dem Polizeifoto war sie noch geschminkt und hatte in ihrem Nadelstreifenanzug mit Bluse wie ein Parfümmodel ausgesehen, ein wenig zu perfekt, wie der Zollbeamte meinte, der sie herausgewinkt hatte.
Mitten auf dem Tisch stand eine kleine Pyramide aus einundzwanzig Latexballons voller Kokain, die aus ihrem Darm gekommen waren. Alles in allem ein halbes Kilo, rein und ungestreckt. Man hatte ihr mit dem Abendessen und im Wasser Abführmittel verabreicht, genau wie jene, die sie für den Drogentransport bezahlten, es getan hätten. Nur die kleinen Fische setzten Kuriere ein. Die großen schmuggelten die Drogen in Boot- und Flugzeugladungen ins Land.
»Sie stecken ganz schön in der Patsche, Marisela.«
»Usted está en muchos de apuro.«
Sie begegnete Max’ Blick und schaute rasch zu Pete.
»Sé.«
»Wie alt sind Sie?«
»Cuántos años tiene?«
»Tengo veinte años.«
»Sie sagt, sie ist zwanzig.«
Das stand auch in ihrem gefälschten argentinischen Pass. Max bedachte sie mit einem Ich-glaube-dir-kein-Wort-Blick.
»No mienta. Hará cosas peores« , drängte Pete. Erzählen Sie keine Lügen. Das macht es nur noch schlimmer.«
»Diecisiete.«
»Siebzehn.«
»Wie alt ist Ihre Mutter?«
»Cuántos años tiene su madre?«
»Mi madre?«
»Si, Ihre madre . Wie alt ist sie?«
»Treinta dos.«
»Zweiunddreißig.«
»Sieh mich an, Marisela«, sagte Max, legte ihr die Hand unters Kinn und hob ihren Kopf, bis sie ihm in die Augen sah. »Du wirst für dreißig Jahre hinter Gitter wandern. Wenn du rauskommst, bist du älter als deine Mutter jetzt. Dein Kind wird im Gefängnis zur Welt kommen, und danach wird man es dir wegnehmen. Du wirst dein Kind nie wieder sehen. Wenn du rauskommst, wird es erwachsen sein. Und wer will eine Mutter kennenlernen, die wegen Drogenschmuggels im Gefängnis saß?«
Sie redete mit Pete. Sie packte seine Hände und hielt sie sehr fest. Sie erzählte ihm, dass ihr Freund sie dazu überredet hatte, Miguel. Er lebte in Miami. Er hatte ihr Geld geschenkt und schöne Kleider. Und er hatte ihr gesagt, dass sie bei Lieferung noch viel mehr bekommen würde. Sie sagte, es tue ihr leid. Mehrmals sagte sie das und dass sie nicht wusste, was sie tat, und hätte sie gewusst, was in den Ballons war, dann hätte sie Nein gesagt. Max hätte ihr fast geglaubt, hätte er das alles zum ersten und nicht zum millionsten Mal gehört. Irgendwann gingen ihre Worte in Betteln und Schluchzen unter. Er wartete, bis sie fertig war, und sah sie mit festem, ungerührtem Blick an, der ihr zu verstehen geben sollte, dass nichts, was sie sagte oder tat, ihr helfen würde.
»Marisela, es gibt eine ganz einfache Lösung für Ihre Probleme«, sagte er. Sie rieb sich mit beiden Händen über die Augen und die Nase. »Wenn Sie ganz genau tun, was ich Ihnen sage, können Sie Ihr Baby hier bekommen und danach nach Hause zurückkehren, nach Kolumbien. Möchten Sie das?«
»Si.«
Dann nahm sie Max’ Hand in ihre, und ließ, ununterbrochen weinend, einen Schnellfeuermonolog vom Stapel.
»Gleiche Soße«, sagte Pete, als Max ihn fragend ansah.
»Okay, okay. Ich weiß, dass es Ihnen leidtut, und ich glaube Ihnen.« Mit besänftigender Stimme brachte Max sie zum Schweigen. »Sie werden uns helfen, den Mann zu verhaften, der Sie und viele andere Frauen mit Drogen in unser Land gebracht hat.«
»Miguel?«, fragte sie.
»Nein, nicht Miguel. Den Mann, für den Miguel arbeitet. Der Miguel dafür bezahlt hat, dass er Sie anheuert.«
»No le conozco.« Ich kenne ihn nicht. Sie sah verzweifelt aus.
»Das werden Sie schon noch«, sagte Max. »Keine Sorge, Sie verstehen das schon noch.«
Nachdem Max ihr erklärt hatte, dass man sie am nächsten Morgen an einen geheimen, sicheren Ort bringen werde, kam ein Wachmann und führte sie aus dem Zimmer, zurück in die überfüllte, überhitzte Zelle, die sie mit sechs anderen Frauen teilte, Drogenkurieren wie sie.
Max und Pete steckten sich eine Zigarette an.
»Ihre Familie in Kolumbien wird dran glauben müssen, wenn sie aussagt.« Pete stieß eine Rauchwolke aus.
»Sie wird anonym bleiben.«
»Nicht lange. Geld kann sprechen. Und die narcotraficantes haben sehr viel davon. Und sie haben lange Arme. Die kriegen jeden, überall.«
»Dies ist eine MTF-Operation, Pete.«
»Ihr Jungs …« Lächelnd schüttelte Pete den Kopf.
»Dafür kriegst du einen Platz im Himmel, bestimmt.«
»Oder in der Hölle. Direkt neben dir und
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