Der Totenschmuck
Seidenstoff bezogenen Sofa angeboten worden, wo sie nun saß und sich nach einer Zeitschrift sehnte.
Sie betrachtete die Skulptur. Den Künstler kannte sie nicht, aber irgendwie gefiel ihr die Arbeit. Die Körperformen erinnerten sie an ein kleines hölzernes Modell, und dem Künstler war es sehr gut gelungen, die Haltung einer Person einzufangen, die in ein gutes Buch vertieft war.
Die deutsche Hausangestellte trat aus dem Zimmer und nickte Sweeney zu, während sie die Tür hinter sich zuzog. Sie schnappte nicht ganz ins Schloss, sondern glitt wenige Zentimeter auf, so dass die Stimmen bis in den Flur drangen.
»… benötigen eine Liste seiner Freunde«, sagte eine männliche Stimme. »Jeder, der in der Nacht mit ihm zusammen gewesen sein könnte, weiß unter Umständen, was passiert ist.«
»So viele Freunde hatte er nicht«, bemerkte eine weitere männliche Stimme. »Jaybee und Becca. Die drei haben sich oft getroffen. Vielleicht gab es auch andere, aber Sie wissen ja, wie es auf dem College ist. Sie lernen irgendwelche Leute kennen, aber Ihre Familie weiß manchmal gar nichts davon.«
»Jaybee und Becca, das würde ich auch sagen«, meldete sich eine weibliche Stimme zu Wort - eine junge Stimme, dachte Sweeney. »Sie waren immer zusammen. Am Anfang seines Studiums ist er mit einem Mädchen ausgegangen, die aus Australien kam, glaube ich. Danielle oder so ähnlich.«
»Danielle Weedbottom.« Wieder eine andere männliche Stimme.
»Jack!«, rief die junge Frau aufgeregt. »Es war Weedman. So hieß sie. Danielle Weedman. Weißt du noch, dass er sie Ostern mal mitgebracht hat, Mom?«
Sweeney wollte aufspringen, um die Tür zu schließen, stellte jedoch fest, dass sie von ihrem Platz aus in die Bibliothek hineinspähen konnte und einen einwandfreien Blick auf
den großen Schreibtisch und die halbmondförmig angeordneten Stühle um ihn herum hatte. Der Raum war, wie das übrige Haus, schlicht und modern eingerichtet, mit blassblauen Wänden, weißen Ledermöbeln und schmalen Bücherregalen aus Glas, die mit Stahlseilen an der Decke befestigt waren. Das war cooler Retro-Stil, ein leichter Sommerdrink für die Seele. Quinn stand mit verschränkten Armen und hochgerutschter Jacke, unter der sie den Holster mit der silbrigen Waffe am Gürtel sehen konnte, mit dem Rücken zur Tür. Hinter dem Schreibtisch saß ein zierlicher, grauhaariger Mann, bei dem es sich um Andrew Putnam handeln musste. Er hatte die Hände auf der Tischplatte gefaltet und schien Mühe zu haben, die Contenance zu wahren.
Acht Erwachsene waren in dem Raum versammelt. Die kleine, ältere Frau mit den kurzen, blonden Haaren an der gegenüberliegenden Seite des Tisches musste Kitty Putnam sein, und von Fotos aus der Zeitung wusste Sweeney, dass die große, junge Frau in einem unauffälligen, dunklen Kostüm, dessen Farbe fast identisch mit ihrer Haarfarbe war, Camille Putnam sein musste, obwohl sie ihr Gesicht nicht sehen konnte.
Die dritte Frau war weitaus eleganter als ihre Schwiegermutter und ihre Schwägerin. Sweeney fiel besonders Melissa Putnams Größe auf, obwohl sie auf einem Stuhl an der Schmalseite des Tisches saß. Sie hatte eine lange Pferdenase, hohe Wangenknochen und unnatürlich blonde Haare. Sie hatte die langen Beine übereinandergeschlagen und trug hochhackige Riemchenschuhe zu ihrer langen Hose. Ihre Zehennägel leuchteten scharlachrot - und Sweeney ertappte sich bei der Frage, ob sie sie vor oder nach Brads Tod lackiert hatte.
Die beiden anderen im Raum verbleibenden Männer konnte sie nur erraten. Den älteren und behäbigeren hielt sie für Drew Putnam. Sie konnte drei Viertel von seinem fleischigen, nichts sagenden Gesicht, dem breiten Nacken, der in einem weißen Hemdkragen steckte, um den eine blau-rote Krawatte
aus Rips gebunden war, sehen. Er war rot im Gesicht und erinnerte Sweeney an einen Keiler. Der jüngere Mann kehrte Sweeney den Rücken zu, sie konnte nur seine breiten Schultern in einer schwarzen Lederjacke erkennen sowie lange, übereinandergeschlagene Beine und einen dunklen, vollen Haarschopf. Jack.
»Nun, wir wären sehr dankbar, wenn Sie eine Liste zusammenstellen könnten«, sagte Quinn. »Mit jedem, der Ihnen einfällt. Auch wenn Ihnen die Person unwichtig erscheint, führen Sie sie trotzdem auf. Freundinnen, auch solche, mit denen er sich über einen kurzen Zeitraum getroffen oder die er nur … flüchtig gekannt hat.« Quinn räusperte sich.
»Ich weiß nicht, was Sie für ein Verhältnis zu Ihrer
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