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Der Totenschmuck

Titel: Der Totenschmuck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stewart Taylor
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gesamte Bettzeug mitgenommen.
    Sweeney musste schmunzeln, als sie bemerkte, dass er lauter gerahmte Fotografien von Grabsteinen an die Wände gehängt hatte.
    Viele Steine stammten von den Friedhöfen in Boston und Cambridge, einige auch vom Mount-Auburn-Friedhof, erkannte sie. Brad war offenbar dort gewesen und hatte auch die Grabsteine seiner Familie angeschaut. Hatte er über dieselben Dinge gestutzt wie sie?
    Er hatte einen guten Blick gehabt. In die Steine waren ungewöhnliche oder seltene Motive eingemeißelt. Ein Foto stach ihr besonders ins Auge. Es handelte sich um eine Nachtaufnahme, eine Gruppe von Leuten saß auf einem Friedhof mit Kerzen in der Hand. Im Schein der Kerzen wirkten einige Steine sogar dreidimensional.
    Sweeney sah genauer hin. Sie erkannte zwar nicht jeden wieder, aber ein Gesicht konnte sie sofort zuordnen.
    Es war Raj.
    Das war seltsam. Sie wusste, dass Brad und Raj befreundet waren, aber diese Aufnahme legte eine engere Beziehung nahe, dachte sie und wandte sich irritiert Brads Arbeitsplatz zu.
    Das Design seines Schreibtischs war der Missionarszeit nachempfunden, davor stand ein ergonomischer Stuhl, der
mehrere Tausend Dollar gekostet haben musste. Auf dem Tisch stand ein nagelneuer Mac umgeben von anderem Kram. Während sie ihn anschaltete und wartete, bis er hochgefahren war, warf sie einen Blick in die hölzernen Kästen auf Rollen, die am Boden neben dem Schreibtisch standen und in denen Brad Ordner aufbewahrte. Brad hatte alle ordentlich beschriftet - Sweeney war ein klein wenig stolz auf seine Fortschritte als Wissenschaftler.
    Ein Ordner trug das Etikett »Seminar/Prof. St. George - Abschlussarbeit«, Sweeney nahm ihn heraus und blätterte darin. Er hatte sich ein paar allgemeine Stichworte über frühen Trauerschmuck notiert, worüber Sweeney vor rund einem Monat in ihrem Seminar referiert hatte, sonst gaben die Unterlagen nicht viel her.
    Sie ging die restlichen Ordner durch und stieß auf Material zu anderen Veranstaltungen sowie ein paar Mappen mit Bankunterlagen und Akten, die sie rasch überflog. Er schien einen Fond zu haben, von dem er sich viertausend Dollar monatlich auszahlen ließ und ein paar geerbte Pensionskonten sowie einige weitere Konten, die Zinsen abwarfen und ihm so ein Einkommen bescherten. Außerdem fand Sweeney separate Kontoauszüge von verschiedenen Fonds mit Namen wie »John C. Putnam Trust« und »Andrew B. Putnam Living Trust«. In den Listen tauchten außerdem eine Auszahlung des Verkaufs von IBM-Aktien auf, der Verkauf von Immobilien in Cambridge, von Massachusetts Home und einer Lebensversicherung. Brad hatte für einen Einundzwanzigjährigen ziemlich komplizierte Finanzen.
    Der Computer war betriebsbereit. Sweeney wollte Zeit sparen und ging die Dateien auf der Festplatte nach dem Datum durch, um festzustellen, welche er zuletzt geöffnet hatte. Aber sie waren alle genau einen Tag nach seinem Tod angesehen worden - von der Polizei, vermutete sie.
    Also suchte sie nach Stichworten wie »Trauerschmuck« und »Schmuck aus Haaren«. Sie fand ein paar Dateien - eine
mit dem Aufsatz, den Brad bereits abgegeben hatte, eine andere mit der unvollständigen Seminarabschlussarbeit. Sweeney las die ersten Seiten. Sie waren gut, sehr gut sogar, aber sie erfuhr aus dem Text nichts über den Schmuck, was für sie neu gewesen wäre.
    Sie hatte den Computer gerade wieder ausgeschaltet, als sie hörte, wie die Tür aufging. Sie fuhr zusammen und hielt den Atem an, bis Tobys Kopf über dem Absperrband erschien. »Bist du bald fertig? Hier gehen ständig Leute raus und rein und mich macht das langsam nervös«, flüsterte er. »Kannst du dich nicht ein bisschen beeilen?«
    »Ja, ja. Lass mich nur noch diesen einen Ordner durchsehen.«
    Sie öffnete den Deckel, als sie Schritte im Gang hörten, die vor der Wohnungstür innehielten.
    Toby runzelte beunruhigt die Stirn und Sweeney deutete ihm, ins Schlafzimmer zu schlüpfen. Er schloss die Tür und sie konnten sich gerade noch rechtzeitig im Schrank verstecken, bevor sich der Schlüssel im Schloss drehte. Der Schrank war zwar schmal, aber sämtliche Kleider waren bereits fortgeräumt worden, so dass sich die beiden knapp hineinzwängen und die Tür zuziehen konnten. Als Sweeney ihr Gesicht an Tobys Nacken drückte, roch sie Seife - Irischer Frühling - und Zigaretten. Er hatte wieder angefangen zu rauchen. Sie legte ihren Arm um seinen Nacken und konnte seinen Puls spüren.
    Die Schlafzimmertür öffnete sich, jemand

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