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Der Totenschmuck

Titel: Der Totenschmuck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stewart Taylor
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denke, man kann mit Sicherheit sagen, dass Charles Putnam sich selbst in der Rolle des Patriarchen der Familie gesehen hat. Und ich denke, damit hatte er auch Recht. Er hat viele Nachkommen. Hier drüben ist Edmunds Grabstein.«
    Er war auch groß, aus weißem Stein, der mit der Zeit schmutzig geworden war. Es war ein maskuliner Grabstein, fand Quinn. Das eckige, obere Ende war in die Form von Stoff gemeißelt worden, der in Falten über den Stein fiel. Diese Arbeit war so perfekt ausgeführt worden, dass man sich lebhaft vorstellen konnte, wie sich der Stoff anfühlte: weich und dick, wie Seide, und an den Ecken hingen kleine Troddeln, die sich bei leichtem Wind hin und her zu wiegen schienen. Die Inschrift, in schlichten, geraden Buchstaben gemeißelt, lautete: »Edmund Danforth Putnam. 4. Dezember 1863 - 23. Juni 1888. Alles ist Licht.«
    »Was bedeutet der Stoff hier?« Er streckte einen Arm aus, um ihn zu berühren. Der Stein war kalt und rau.
    »Das ist ein Trauerflor. Aber sehen Sie, was ich mit den Daten meinte? Hier steht Dezember, nicht März.«
    Er ging in die Hocke und besah sich die Inschrift, versuchte zu erkennen, ob sie korrigiert worden war. Aber Edmund Putnams Geburtsdatum war in der gleichen Schrift wie sein Name und sein Todestag eingemeißelt worden. Die gesamte
Inschrift war gleich stark verwittert, stellte er fest. Sie war nicht mehr besonders gut lesbar, und er fragte sich, ob es auch Steine gab, deren Inschriften so verwittert waren, dass man sie überhaupt nicht mehr entziffern konnte.
    »Das ist seltsam«, sagte Quinn. Er wollte sich Sweeney gegenüber nicht anmerken lassen, wie aufgeregt er war. Er verspürte das gleiche Gefühl, wie wenn er in einem Fall eine neue Spur witterte, als hätte jemand eine Tür für ihn geöffnet. Aber er wollte noch einen Moment darüber nachdenken.
    »Dieser Friedhof ist anders«, bemerkte er. »Ich meine, er sieht nicht so aus wie die anderen, die ich besucht habe.«
    »Nun, Mount Auburn ist aus einer neuen Betrachtungsweise des Todes entstanden, der Bestattung und der Trauer im weitesten Sinn«, erläuterte Sweeney. »Als Amerika sich von dem puritanischen Verständnis eines Todes mit dem Schädel und den gekreuzten Knochen zu distanzieren begann, wurde - besonders in Boston, dessen Bürger ihrer Zeit in einigen Dingen voraus waren - der Tod als ein natürlicherer Prozess angesehen, etwas, das nicht gefürchtet zu werden brauchte, sondern einfach akzeptiert werden konnte. Und die Menschen begannen Friedhöfe als natürliche Orte zu betrachten, wo man den Geist stärken und seinen Gedanken nachhängen konnte, statt als schwärende Flächen mit Körpern, die aufgrund von Platzmangel eineinhalb Meter tief unter der Erde begraben wurden. Bevor Mount Auburn existierte, wurde jeder, der in Boston starb, in einem der wenigen zu der jeweiligen Kirche gehörigen Friedhöfe der Stadt beerdigt. Diese Höfe waren Anfang des neunzehnten Jahrhunderts im Zuge der steigenden Einwohnerzahl vollkommen überfüllt gewesen, und die Stadt war in eine Kontroverse über die sanitären Auswirkungen der andauernden Bestattung der Leichen in der Stadt verstrickt.«
    Sie erinnerte sich an einen Bericht über diese Kontroverse in einem Band über Friedhofsgeschichte. Auf der einen Seite gab es die religiös Gesinnten, die es für ihre Gemeindemitglieder
als unerlässlich ansahen, ihre letzte Ruhestatt neben der Kirche zu finden. Auf der anderen Seite gab es die Mächtigen der Stadt, die in den fortlaufenden Beerdigungen in der Stadt ein Desaster für die öffentliche Gesundheit sahen.
    Durch die zunehmenden unitarischen und universalistischen Tendenzen hatte sich eine Gruppe prominenter Bostoner, die der Gesellschaft für Gartenbau Boston nahestand, zusammengeschlossen, um Mount Auburn zu schaffen, eine grüne Oase mit Bäumen, Blumen, schattigen Wäldchen und bukolischen Teichen.
    »Es ist wirklich friedlich hier«, bemerkte er. »Ich verstehe, was Sie meinen.«
    Er ging zu Charles Putnams Grab zurück und las erneut das Epitaph.
    »›Die Wohnungen der Todten.‹ Was heißt das?«
    »Ach, die meisten kennen das Zitat aus dem Gedicht von Robert Blair«, erklärte sie. »Schon bei Sophokles fanden die ›Wohnungen der Todten‹ Erwähnung. Friedhöfe wurden oft so beschrieben. Es gibt einige protestantische Kirchenlieder, in denen diese Formulierung verwendet wird, sie kommt sogar bei Mark Twain vor. Ich glaube, er hat sie verwendet, um den Père Lachaise in Paris zu beschreiben.«

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