Der Totenwächter - Roman (German Edition)
hast?«
»Eine Sekunde.« Es klickte. »Schau nur! Es ist alles normal. Kurze Hosen, T-Shirts und lachende Gesichter. Hunderte Menschen. Kinder. Alte. Junge. Und hier ... Tutenchamuns Grabstätte. Die Verzierungen der Wände. Und hier: Wieder Menschen! Sogar die beiden Männer, die sich beide entschuldigten - siehst du sie? Sie stehen im Hintergrund und unterhalten sich. Und dort, ein Reisebus. Hinter den Fenstern kann man die Touristen sehen. Ja, es ist alles völlig normal.«
»Nur von unserer Reisegruppe ist niemand zu sehen, oder ...?«
»Niemand«, nickte Brad.
»Es hat also etwas mit diesem Schiff zu tun.«
»So unglaublich es ist - ich denke, du hast recht.« Wieder wechselte er die Kameras. »Schauen wir uns mal unseren Freund mit der Goldmaske an.«
Linda meinte ihr Herz pochen zu hören. Zu nahe war die Erinnerung. Zu vieles war in den letzten Stunden geschehen. Es war ein Albtraum.
»Da haben wir ihn!« Triumphierend zeigte Brad auf ein Bild, welches Lindas Kabine zeigte. Vor dem Fenster schimmerte eine nebelige Kreatur. Der Körper war diffus verschwommen. Die Maske hingegen war deutlich und gestochen scharf. Brad arbeitete wie versessen weiter. Er zauberte ein weiteres Bild auf den Monitor. Jenes, das er vor wenigen Minuten aus der Bar herunter vom Promenadendeck gemacht hatte. Der Himmel strahlte blau auf den Nil herab. Im Pool reflektierten glitzernde Sonnenstrahlen. Die Liegestühle waren ... leer! Niemand lag dort. Es sah aus, als seien alle Reisenden zur selben Zeit auf die Toilette gegangen.
»Grace!« Linda fuhr hoch. »Sie wollte sofort nachkommen.«
Brad blickte auf seine Sportarmbanduhr. »Wie lange sind wir jetzt hier?«
Sie hatten Zeit und Raum vergessen. »Fünfzehn Minuten möglicherweise«, stammelte Linda.
»Erst mal sollten wir ganz ruhig bleiben, Linda. Was hier geschieht, ist mit menschlicher Logik nicht zu vereinbaren. Es sieht so aus, als wären wir in eine unglaubliche Geschichte hineingestolpert. Um aus dieser Sache eine runde Story zu machen, müssen wir noch viel mehr Beweise liefern.« Er grinste. »Oder willst du es noch immer bei einer banalen Reisereportage belassen?«
Blitzschnell hatte er den Drucker aktiviert. Ein Bild der Goldmaske und ein Bild des Decks fielen seitlich aus dem Notebook. »Beweise«, zischte Brad und hielt die Fotos mit den Fingerspitzen hoch, als hätte er eine giftige Schlange in den Händen.
»Wir müssen uns um Grace kümmern. Ich mache mir Sorgen um sie. Wenn ich mir vorstelle ...« Es gruselte Linda. »dass sie alleine auf dem Deck beim Pool war - alleine mit diesen ... diesen ... Geistern!«
Brad lachte hart. »Wenn man sich vorstellt, dass dieser Kellner, der uns vor einer halben Stunde unsere Drinks servierte, auch einer dieser Geister war, dann muss man schon ganz schön aufpassen, den Verstand nicht zu verlieren.« Er stand auf und zog die Vorhänge auf. »Komm bitte her«, winkte er Linda. Er hielt das Foto in die Sonne. Alles wurde noch deutlicher. Irgendwo hinter dem Nebel gab es Andeutungen von menschlichen Umrissen. Eigenartig fremdartige Proportionen. »Sie alle tragen Masken. Sie sehen aus, wie diese Bilder, die überall in den Tempelanlagen in die Wände gemeißelt sind. Offensichtlich ist unser Freund mit der Goldmaske ihr Boss - denn ihn kann man am besten von allen erkennen. Unbestreitbar aber ist: Sie alle gehören nicht unserer Zeit an. Es sind Geister! Wir sind auf einem Geisterschiff!«
»Er sagte, seine Jünger würden sich um SIE kümmern«, sagte Brad. »Nun wird alles deutlich. Graces Träume und deine Erlebnisse in der Grabkammer. Goldmaske wollte, dass du ihm freiwillig folgst. Er ist hinter jener geheimnisvollen Sephrete her. Grace wiederum träumte von Goldmaske und er drohte ihr, er würde sie eines Tages bekommen. Warum - das weiß niemand! Er kümmert sich nicht persönlich um Sephrete. Das besorgen seine Jünger!« Er schwenkte die Fotos. »Seine Jünger. Sie sind hier auf dem Schiff. Und Sephrete auch.«
»Er denkt, Grace sei Sephrete. Wie ich vorhin schon sagte ... dieser Geist hält Grace für Sephrete. Unglaublich aber wahr!« Linda keuchte und legte ihre heiße Stirn an das Fensterglas. Sie warteten schon seit zwanzig Minuten auf das Mädchen. »Wir sind großartige Detektive! Drei Indizien und wir haben eine Lösung parat«, murmelte sie. »Eine völlig verrückte Lösung wohlgemerkt ...«
»Komm - wir suchen Grace. Ihr wird nichts geschehen sein. Wenn so etwas überhaupt infrage kommt, hätte
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