Der Toyota Weg
die Problemursachen feststellt, effektive Gegenmaßnahmen ergreift und seine Mitarbeiter dazu ermächtigt, diese Maßnahmen anzuwenden, und indem es einen Transfer von neuem Wissen an die geeigneten Adressaten gewährleistet, damit dieses Wissen zu einem Teil des Unternehmensrepertoires und des gelebten Verhaltens wird. Dieses Kapitel führt aus, wie Toyota dies gelingt.
Das Prinzip: Identifizieren Sie die Ursachen, und entwickeln Sie Lösungsmaßnahmen
Im Gegensatz zu den meisten Unternehmen gibt es bei Toyota weder „Programme des Monats“ noch fokussiert Toyota auf Programme, die nur kurzfristige finanzielle Ergebnisse bringen. Toyota ist prozessorientiert und investiert ganz bewusst und absichtlich in langfristig ausgelegte Systeme hinsichtlich Mitarbeitern, Technologien und Prozessen, die zusammenwirken, um einen überlegenen Kundenwert zu erzielen. Unter „Systeme“ werden keine Informationssysteme verstanden, sondern Arbeitsprozesse und geeignete Verfahren, um eine Aufgabe mit einem Mindestmaß an Zeit und Mühe zu erfüllen. Toyotas Philosophie und Erfahrung unterstützen die Überzeugung, dass sich die erwünschten finanziellen Resultate von allein einstellen, wenn sich das Unternehmen auf die richtigen Prozesse und deren kontinuierliche Verbesserung konzentriert. Wie Sie in Abschnitt II:
Der richtige Prozess bringt die richtigen Ergebnisse hervor
erfahren haben, ist kontinuierliche Verbesserung (
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) nur möglich, nachdem ein Prozess stabil ist und standardisiert wurde. Wenn Sie einen Prozess stabilisieren und so ausrichten, dass er Verschwendung und Ineffizienzen ans Licht bringt, haben Sie eine Chance, kontinuierlich von Ihren Verbesserungen zu lernen. Um eine wahrhaft lernende Organisation zu sein, sind eine stabile Belegschaft, eine langsame Beförderung und sehr sorgfältige Nachfolgesysteme nötig, um die Wissensbasis der Organisation zu schützen. Zu „lernen“ heißt, die Fähigkeit zu besitzen, auf der Vergangenheit aufzubauen und sich schrittweise weiterzuentwickeln,anstatt bei jedem neuen Projekt mit immer neuen Mitarbeitern das Rad immer wieder neu zu erfinden. Schließlich ist der Kern von
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und Lernen die innere Einstellung und Denkweise, die von allen Führungskräften und Mitarbeitern geteilt wird – eine Haltung der Selbstreflexion und auch der Selbstkritik, der brennende Wunsch danach, sich selbst zu verbessern. Westlich geprägte Menschen werten Kritik und das Eingeständnis, einen Fehler gemacht zu haben, als etwas Negatives und ein Zeichen der Schwäche. Oft sind sie bestrebt, anderen die Schuld zu geben, wenn etwas schief läuft. Die Einstellung, dass man in letzter Instanz für das eigene Handeln selbst verantwortlich ist, ist eher die Ausnahme als die Regel. Bei Toyota ist genau das Gegenteil der Fall. Das größte Zeichen der Stärke ist, wenn ein Individuum offen die Dinge anspricht, die nicht richtig gelaufen sind, dafür die Verantwortung übernimmt und Maßnahmen vorschlägt, wie es das nächste Mal besser gemacht werden kann.
Durch die 5W-Methode zu den Ursachen vorstoßen
Ein integraler Bestandteil von
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ist Toyotas berühmte Analyse mittels der 5W-Methode. Ich erinnere mich an ein Interview mit Yuichi Okamoto, einem ehemaligen Vice President des Toyota Technical Centers über das Erfolgsgeheimnis von Toyotas Produktentwicklungssystem. Ich erwartete die Beschreibung eines ausgeklügelten Prozesses ähnlich dem TPS. Stattdessen antwortete er mit einem leicht sarkastischen Unterton: „Wir setzen bei der Entwicklung neuer Produkte eine sehr ausgefeilte Technik ein. Sie nennt sich 5W-Methode. Wir stellen fünf Mal die Frage ‚Warum’.“
Der Grund für Okamotos Sarkasmus ist, dass es keine komplexen Instrumente und Techniken gibt, die Toyotas Erfolg in der Produktentwicklung erklären könnten. Viele Menschen sind überrascht, wenn ich Vorträge halte und ihnen sage, dass Toyota kein Six-Sigma-Programm hat. Six Sigma basiert auf komplexen statistischen Analyseinstrumenten. Die Menschen wollen wissen, wie es Toyota gelingt, ohne das Qualitätsinstrument Six Sigma ein so hohes Qualitätsniveau zu erreichen. Sie können irgendwo im Unternehmen immer wieder mal ein Beispiel für jedes verwendete Six-Sigma-Instrument finden. Zur Lösung der meisten Probleme braucht man aber keine komplexe statistische Analyse, sondern ein ganzheitliches und akribisches Vorgehen. Das erfordert einen Grad an detaillierten Denk- und Analyseprozessen, die man in den meisten
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