Der träumende Diamant 1 - Feuermagie
zum dunkelbelaubten Anfang des Weges, wo nun Lord Langford abwartend stand, kühl und schön und jeder Zentimeter ein Aristokrat in prächtigem,
zinngrauem Satin. Er klopfte mit seinem Nivernois-Hut gegen den Oberschenkel und ließ Rue nicht aus den Augen.
»Ja, mit ihm. Das Leben verändert sich ständig, mein Freund. Aber du solltest wissen: Ich werde immer einen Platz für dich haben, egal, wohin es mich verschlagen sollte.« Sie lächelte und legte ihm ihre Hand aufs Herz. »Wir sind miteinander verbunden, das weißt du.«
»Ich weiß«, sagte er sehr leise.
Rue wandte sich ab und machte sich auf den Weg zum Marquis. Nach einigen Schritten blieb sie stehen und sah zurück zu dem Jungen.
»Oh, noch etwas, Zane: Es gibt jede Menge schöner Wälder vor den Toren der Stadt. Mir ist es egal, ob oder wie du es anstellst, aber lass mich eines ganz deutlich machen: Ich will keine Horde Affen in meinem Haus rumtoben haben.«
18
Sie machten sich nicht alle gleichzeitig auf den Weg. Zuerst schwärmten die zahllosen Wachen in die Gärten aus, verkleidet als Matrosen, Lakaien und Händler, das einfache Volk der Stadt.
Dann folgten die Ratsmitglieder, die sich in der verrufenen Taverne Delilah-Haus , fast im Mittelpunkt des Parks, niederließen, wo sie so taten, als wären sie eine lockere Gesellschaft von Handwerksgesellen, die zur Tagesneige ihr Bier und ihren Gin genießen wollten.
Und am Ende erschienen der Marquis und Rue. Sie drehten eine Runde durch das Collins-Amphitheater und die Vergnügungsgärten und waren einfach nur … sie selbst. Nun, nicht
ganz - Christoff war er selbst. Rue hatte Seide und Spitzen angelegt und teure italienische Schuhe ausgewählt, deshalb war sie sich nicht sicher, wer sie zu sein vorgab: nicht der Rauchdieb, nicht der Comte und ganz gewiss nicht die besonnene Witwe Hilliard. An diesem Abend war sie so elegant gekleidet wie jede andere vornehme Dame der Grafschaft; ihr apfelgrüner Rock schwang ausladend und üppig über einem gesteppten Unterrock, ihre Perücke war in elfenbeinfarbene Locken gelegt, die über ihre Schultern auf den cremefarbenen Kreppumhang hinabfielen, und Puder und Rouge überdeckten die blauen Flecken auf ihrer Wange.
Nur eine einzige Sache hob sie sichtbar von den übrigen Damen in ihrer Umgebung ab: Rue trug kein Geschmeide, nicht einmal einen Ring. Ihr einziger Schmuck war ein schwarzes Samtband um ihren Hals.
Christoff hatte ihr das Band in der Kutsche angelegt. Er hatte seinen Kopf zu ihrem nach vorne gebeugt, und seine Finger waren über ihren Nacken geglitten, ein langsames, flüchtiges Streicheln seiner Hand, ihre Wirbelsäule hinunter. Er hatte sie nicht geküsst. Sie hatte sich gewünscht, dass er es täte, hatte sogar ihre Wange an seine gelegt - Sandelholz, weiche, glatt rasierte Haut -, aber er hatte sich in seinem gegenüberliegenden Sitz zurückgelehnt, als er fertig war, und sie schweigend aus halbgeschlossenen Augen angeschaut.
Auch er trug Abendgarderobe, ein scheinbar entspannter Jäger in hellem Goldbrokat und gerüschtem Batist, der seinen Arm auf der Lehne seines Sitzes ausgestreckt hatte.
Er hatte ihr mit größter Höflichkeit aus der Kutsche geholfen und führte sie nun so gemächlichen Schrittes durch die kunstvoll gearbeiteten schmiedeeisernen Tore des Gartens, dass das Publikum hinter ihnen ihr fast auf den Saum getreten wäre. Fächer klappten auf, Köpfe wandten sich ihnen zu.
Christoff aber hatte sie untergehakt und schaute ungerührt nach vorne, während er sie beide in die glitzernden Tiefen der Gärten führte.
Das Amphitheater war der tiefer gelegene Mittelpunkt der Parkanlage und bestand aus römischen Steinen, die in einer Mulde in den Boden eingelassen waren. Umgeben war es von Bäumen, Blumen und einer großen Anzahl von versteckten Nischen für Liebespaare oder für Wegelagerer oder für beide. Das Collins war bestens bekannt für seine Vielzahl von Springbrunnen und blitzenden Spiegeln - und für seine Getränke. Jeder, der einen Schilling übrig hatte, konnte umherschlendern und die Lichter und Wasserkaskaden bestaunen, die so häufig über ihr Ziel hinausschossen. Genauso häufig kreischten Damen auf und versuchten den Spritzern zu entkommen, indem sie sich in die Arme ihrer Begleiter flüchteten.
Es war ein Platz, der sich in Bezug auf Schicklichkeit im besten Fall auf Messers Schneide befand. Aber heute war der letzte Freitagabend eines sehr nassen Aprils. Nach Sonnenuntergang würde es Feuersonnen und Raketen
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