Der träumende Diamant 1 - Feuermagie
stehende Pianoforte warf und der trostlos über den Teppich kroch. Der Maskenball würde wohl bald beginnen. Er sah Lady Cynthia zu, wie sich ihre Schultern aus ihrem Kleid schoben, als sie sich vorbeugte, um mehr Zucker in ihre Tasse zu löffeln. Sie schien keine Eile zu haben, die Menge ihrer törichten Verehrer zu entlassen, aber wenn es Kit gelänge, sich zu entschuldigen, wenn er Rue finden und sie mit sich nehmen könnte, selbst wenn das bedeuten würde, mit ihr durch den Kamin zu entkommen …
»Was ist mit Ihnen, Mylord?« Cynthia sah zu ihm auf, den Löffel noch immer in ihrer Hand. Kit warf ihr einen unbehaglichen Blick zu und versuchte, sich daran zu erinnern, worüber sie zuletzt gesprochen hatten. Kümmelkuchen? Das Wetter? Genau das war es, was er an der Gesellschaft am allermeisten hasste: dass er sich mit kichernden Mädchen und Plaudereien beschäftigen musste, wenn alles, was er wirklich wollte, hoch oben am Himmel oder tief in einem dunklen, weichen Bett vonstattenging.
Cynthias Lächeln wurde zu einem Schmollmund. »Oh, Sie
kommen doch wirklich, nicht wahr? Bitte sagen Sie, dass Sie kommen. Es wäre einfach nicht dasselbe ohne Sie.«
»Ich sage es Ihnen mit Freuden«, rief einer der Schönlinge. »Ich werde da sein, Lady Cyn. Ich werde ein Pirat sein. Sie können auf mich zählen.«
Die Lady zuckte nicht mit der Wimper. »Aber Lord Langford …?«
Er dachte an Rue, die so weit von ihm entfernt auf den Fluren umherlief. Er dachte an all die Dinge, die er heute Nacht viel lieber tun würde, als auf einem Maskenball die Zeit zu vertrödeln, und alle Gedanken kreisten um sie.
»Selbstverständlich«, sagte Kit höflich. »Ich würde es nicht wagen, dieses Ereignis zu verpassen.«
Lady Cynthia lächelte wieder. »Wunderbar! Aber als was werden Sie kommen?«
»Das ist eine Überraschung.«
»Und wie soll ich Sie dann erkennen?«, protestierte sie fröhlich und ließ den Löffel auf das prachtvolle Silbertablett sinken. »Sie müssen mir einen Hinweis geben. Ich bestehe darauf.«
»Nun, dann … Ich werde derjenige sein, der darauf achtet, dass Sie ihn nicht erkennen«, sagte Kit und nahm noch einen Schluck Tee.
Das Thema des Maskenballs, so wurde Rue vom Vorsteher der Bediensteten informiert, war Geheimnisvoller Orient . Unklar blieb ihr, welchen Aspekt des Orients der Ballsaal genau repräsentieren sollte: Die Wände und die Pfeiler aus Alabaster waren mit maulbeerfarbener Seide mit Troddeln voller Glasperlen verhangen, und in die Leinendecken auf dem Punschtisch war eine Vielzahl von rotmähnigen Chimären gewoben. Lange Perlenschnüre schwangen von den Kerzenleuchtern
herab - alle Steine waren unecht, wie sie sofort erkannte -, und die Topfgewächse reichten von traurigen Palmen bis zu enormen Elefantenohrpflanzen. Rosenblüten waren zwischen den Tellern mit den Speisen und den Pyramiden aus Champagnergläsern verstreut, und der stechende Geruch, der aus der Küche hereinwehte, kam auf jeden Fall vom Curry. Und von Käsepasteten.
Der Earl, ein höchst vorausschauender Mann, hatte den hauseigenen Tresor aus den Kellern nach oben bringen lassen, sodass das schwere Ungetüm, in dem sich die Edelsteine seiner Frau befanden, nun auf dem Boden seiner eigenen Räumlichkeiten befestigt war, diskret verborgen im Ankleidezimmer des Hausherrn. Rue war es bereits im letzten Jahr einmal gelungen, ihn unter die Lupe zu nehmen. Selbst Rauch würde das Schloss nicht durchdringen können; jeder, der die Marlbroke-Perlen stehlen wollte, würde warten müssen, bis die Stahltür geöffnet wurde. Oder bis sich die Perlen an der Gräfin befanden.
Oder am Hals ihrer dummen Tochter.
Rue näherte sich dem Tresor nicht. Als Tagesgehilfe hatte sie keinen guten Grund, sich auch nur in der Nähe der Familienquartiere aufzuhalten, aber bislang war das kein Problem gewesen. Sie wusste, dass die Perlen noch immer sicher verstaut waren. Auf ihrem Weg in den Weinkeller war sie an drei rotgesichtigen Mädchen vorbeigekommen, die hitzig darüber stritten, wer Myladys beste Perücke zuletzt gesehen hatte und wo das orchideenfarbene Büschel Straußenfedern, welches dazugehörte, wohl sein mochte.
Es gab oben Schwierigkeiten, so schien es. Wenn die Gräfin noch nicht einmal ihre Perücke trug, würden die Perlen noch immer weggeschlossen sein. Edelsteine waren immer dazu gedacht, der Trägerin den letzten Glanz zu verleihen.
Rue arbeitete gut und ebenso hart wie jeder der Männer und achtete sorgsam darauf, nicht
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