Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der träumende Diamant 1 - Feuermagie

Titel: Der träumende Diamant 1 - Feuermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abé
Vom Netzwerk:
mehr als nötig in ihren Reihen aufzufallen. Einmal fand sie sich vor dem Hauptsalon wieder, wohin man sie geschickt hatte, um das Malergold an den Rahmen zwischen den Glaseinsätzen in den Türen zu polieren. Sie konnte gerade eben Christoffs Schultern erkennen, seine Weste in der Farbe von grauem Kanonenblau und seinen Arm, als er die Teetasse zum Mund führte. Er saß mit ausgestreckten Beinen dort, die er an den Knöcheln übereinandergelegt hatte, und sah männlich und elegant und ungemein entspannt aus. Sie konnte den Verband kaum erkennen, den sie unter den Strümpfen um seine Wade gewickelt hatte.
    In erstaunlicher Regelmäßigkeit drang Cynthias Lachen aus dem Zimmer.
    Rue atmete kräftig durch die Nase aus. Lady Cynthia. Um Himmels willen, er wäre mit Mim besser dran als mit dieser blöden Gans.
    Sie starrte auf ihre Hände hinab. Das Tuch, das sie benutzte, war zwischen ihren Fingern verknautscht. Ihre Nägel waren kurz, schmutzig und hatten dunkle Halbmonde rings um das Nagelbett. Über ihre linke Handfläche zog sich ein Riss, weil sie eine angeschlagene Flasche Portwein getragen hatte. Sie schwitzte unter der billigen Perücke aus Pferdehaar und in der wollenen Uniform, und sie bekam langsam einen Krampf im Rücken vom vielen Polieren. Ihr war heiß, und sie fühlte sich schmutzig und so sehr das ganze Gegenteil zur kühlen, hochmütigen Tochter von Lord Marlbroke, wie es nur möglich war.
    Damals, vor so langer Zeit, hatte sie Mim die Wahrheit gesagt: Rue war keine Lady. Das würde sie auch nie sein. Sie konnte so viele königliche Diademe stehlen, wie sie wollte,
doch es blieb töricht, zu glauben oder sich vorzustellen, sie könnte ein Leben führen, das über das einer Diebin hinausging.
    Der Marquis stellte seine Beine nebeneinander. Er setzte seine Teetasse ab und beugte sich auf seinem Stuhl vor, dann sah er sich gelangweilt um, als ob er die Umgebung mustern würde. Bevor sie sich zurückziehen konnte, fand sein Blick voller klarer, grüner Aufmerksamkeit ihre Augen. Beinahe wäre sie errötet, weil er sie beim Spionieren ertappt hatte, doch in diesem Moment lief der Butler vorüber. Rue senkte den Kopf und fuhr eilig mit dem Tuch über das Gold auf dem Holz zwischen dem Türglas.
    »Du da, Junge«, sagte der Butler und blieb stehen, um ihr einen strengen Blick zuzuwerfen. »Komm mit.«
    Anscheinend hatte sich die Schnur, mit der der größte Kerzenleuchter im Ballsaal hoch- und runtergezogen werden konnte, auf halbem Wege verhakt. Und das war der Grund, warum sie gerade hoch oben auf einer sehr wackligen Leiter hockte und eine offene Flamme in der Hand hielt, mit der sie vorsichtig jede einzelne der hundertzwölf Bienenwachskerzen in ihren geschliffenen Kristallschalen entzündete, als unter ihr der Läufer hereinkam.

13
    »Ich sage dir, ich habe ihn gesehen«, zischte sie dem Marquis zu. Sie standen mit voneinander abgewandten Gesichtern draußen vor den Ställen. Rue rieb sich den Schmutz von den Händen, während Christoff den Anschein erweckte, auf ein Pferd zu warten, das er gar nicht mitgebracht hatte. Das
Licht der Dämmerung, die sie umfing, wurde dünner und nahm eine durchscheinende blaue Färbung an.
    »Ich sage ja gar nicht, dass du dich geirrt hast«, antwortete er kaum hörbar. »Aber ich habe überhaupt keine Anwesenheit eines Drákon gespürt.«
    »Er war wirklich da«, setzte sie an, brach jedoch mit einem Husten ab, als zwei Stallburschen vorbeischlenderten, die ihr keinerlei Beachtung schenkten, jedoch vor Christoff ehrerbietig an ihrer Stirnlocke zogen. »Und ich glaube, er hat mich nicht bemerkt«, flüsterte sie, kaum dass die beiden vorübergegangen waren. »Er hat nicht ein einziges Mal zu mir hochgeblickt.«
    Christoff sprach nach unten zum Schmutz und Stroh, als er antwortete: »War er ein Bediensteter?«
    »Nun dann«, ertönte eine neue, sehr laute Stimme. »Das war’s für euch Burschen.« Der Vorsteher der Angestellten winkte eine Gruppe von Arbeitern in Richtung der Ställe und scheuchte sie mit einer Laterne und behandschuhten Händen vorwärts. »Hendrick wird Sie auszahlen … Das ist der da am Eingang. Los, los. Lassen Sie die Mäntel bei Mrs. Tiverton. Die Gäste kommen in weniger als einer Stunde, und sie müssen Sie ja nicht unbedingt zu sehen kriegen.« Der Blick des Mannes fiel auf Rue. »Sie da! Ja, Sie. Sehen Sie zu, dass Sie mit den anderen gehen! Verstanden?«
    Rue nickte und hob eine Hand zum Gesicht, mit der sie ihren Mund verbarg, als sie sich

Weitere Kostenlose Bücher