Der träumende Diamant 2 - Erdmagie
das Klappern von Silber gegen Porzellan hallte laut in ihren Ohren.
»Glaubst du denn, dass du das könntest? Mich anlügen, meine ich.«
»Ohne jede Anstrengung«, erwiderte sie schnippisch.
Zane nahm wieder sein Messer zur Hand und betrachtete nachdenklich den Perlmuttgriff. »Ich gebe zu, dass dein Anblick meine Willenskraft zu schmälern scheint. Wie wäre es also mit einigen Lügen, ganz kleinen, bitte, nur um meine zarten Nerven zu beruhigen.«
Sie starrte ihn an und war sich nicht sicher, ob er ihr ein Kompliment gemacht hatte oder nicht. Als er wieder zu ihr aufsah, leuchteten seine Augen wie die eines Wolfes.
»Wir sind auf dem Weg zur Elfenkönigin«, sagte Lia. »Sie wird uns mit Spielleuten, zahmen Bären und so viel Kaviar,
wie wir essen können, empfangen. Der Diamant wartet auf einem Kissen aus lilafarbenem Samt auf uns. Und wir werden auf einem verzauberten Teppich zurückfliegen.«
»Und dort werden wir glücklich leben bis ans Ende unserer Tage«, fuhr der Dieb trocken fort.
»Genau.«
»Wunderbar. Ich bin sehr erleichtert. Wo können wir die Elfenkönigin denn finden?«
»Ich denke, in den Bergen. In den Karpaten.«
»Das denkst du«, sagte er, und die Klinge seines Messers begann, gegen seinen Teller zu klopfen.
»Ich glaube, ich habe dir für heute Abend genug im Gegenzug angeboten.« Lia lehnte sich zurück und zog ihr Tuch fester um sich. »Du hast mir gesagt, dass man dein Vertrauen niemals umsonst bekommt. Also dann, meines ebenfalls nicht. Nun bist du an der Reihe, mir etwas zurückzugeben.«
Kaum dämmerte ihr, wonach es geklungen hatte, da begann die Hitze in ihrer Kehle emporzukriechen.
»Meinen Schutz?«, schlug Zane vor und sah sie unverwandt an, während sich seine Mundwinkel leicht nach oben zogen. »Meine aufmerksame Gesellschaft? Nein, nein, ich sehe schon, dass du etwas verlangst, was ein wenig wertvoller ist. Nur verständlich.«
Er benutzte die flache Seite seines Messers, um ihr eine weitere Portion Käse auf den Teller zu schieben, obwohl sie schon die erste nicht angerührt hatte. »Die Gentlemen an dem viereckigen Tisch rechts von uns - nein, Mylady, nicht hinsehen. Gütiger Himmel, das kannst du doch besser. Trink deinen Tee und beweg nur deine Augen … dort. Siehst du sie?«
»Ja.«
»Sag mir, was du von ihnen hältst. Und leise, s’il vous plaît .«
Sie schienen wenig bemerkenswert: zwei junge Männer mit Perücken, Halstüchern und Mänteln, die zu weit geschnitten waren. Uhrenketten baumelten an ihren Westen, und ihre Strümpfe waren nicht ganz sauber. Sie teilten sich einen Bierkrug und eine dampfende Schüssel Wursteintopf, während sie miteinander flüsterten und zwei jungen Damen an einem anderen Tisch, nicht weit entfernt auf der anderen Seite des Raumes, fortwährend Blicke zuwarfen.
Die Damen waren, wie Lia bemerkte, sogar noch schlichter gekleidet und wurden von einer älteren, mürrischen Frau mit einer Morgenhaube begleitet. Alle drei schenkten den Männern keine Beachtung.
»Barone oder Landjunker«, sagte sie nach einem Augenblick. »Oder welche Titel auch immer sie hier in diesen Gegenden tragen. Adlige, aber nicht reich. Jung.« Die beiden Männer brachen in schallendes Gelächter aus und steckten die Köpfe zusammen. »Betrunken«, fügte sie hinzu.
»Und vertrauensselig.«
»Oh?«
»Ehe die Nacht vorüber ist, werden unsere verliebten Landjunker feststellen, dass ihre Geldbörsen etwas weniger schwer als tags zuvor sind.«
»Warum?«, fragte sie plötzlich misstrauisch. »Hast du vor, sie zu erleichtern?«
»Ich?« Er hob die Augenbrauen in gespielter Unschuld. »Ich versichere dir, dass ich keinen derartigen Wunsch hege. Zum einen bezweifle ich sehr, dass sie etwas bei sich tragen, das meiner Aufmerksamkeit wert wäre. Zum anderen
kommt es mir doch ein bisschen ungerecht vor. Es wäre, als würde ich einem Kind die Rassel aus der kleinen Faust stehlen.«
»Dann …«
»Die Frauen«, sagte Zane und lehnte sich, noch immer leise lächelnd, auf seinem Stuhl zurück. »Die zwei schönen Jungfrauen und ihre sauertöpfisch blickende Matrone.«
Lia ließ erneut den Blick zu den dreien wandern, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie eines der Mädchen den Männern ein Lächeln zuwarf.
»Sie sind wirklich richtig gut.« Zane fuhr mit dem Finger den Rand seines Weinglases entlang und musterte den tiefroten Tokajer eingehend. »Genau das richtige Maß an Koketterie, verbunden mit der Schicklichkeit der Mittelklasse. Die alte Frau
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