Der träumende Diamant 3 - Drachenmagie
zu den Ruinen zurückkehren, zu dem Kaninchenbau mit seinen Korridoren und leeren Säulengängen. Zur Rechten würde sie die offene Laube betreten, wo hinter Säulen Sonnen und Kometen und Galaxien vor einem tiefroten Firmament glühten.
Ein Drache flog vor dem fremdartig schönen Horizont dahin. Einsam und weit entfernt stieg er nach oben, um gleich darauf abzutauchen. Er schimmerte blau und scharlachrot, seine wilden Augen glitzerten grün, und sie wusste, dass er sie sah. Sie ging zu dem Steingeländer hoch und presste sich gegen eine der Säulen, beobachtete ihn in seinem Tanz, seinem sich Winden, ohne ihr näher zu kommen. Kometen ergossen sich von seinen Flügeln. Galaxien drehten sich auf seiner Spur.
Er flog davon, wurde kleiner, und sein Gesicht wandte sich von ihr ab.
Ein unerwarteter Schmerz durchbohrte ihr Herz.
Warte. Ich liebe dich .
Sie wusste nicht, ob dies seine Worte waren oder die ihren, aber sie wusste, dass sie der Wahrheit entsprachen. Sie hob eine Hand, um das Wesen am Himmel näher zu locken, wobei sie fast weinte, weil sie seine Berührung vermisste.
Ich liebe dich, oh Gott, das tue ich. Komm zurück zu mir.
Aber er verschwand, ohne sie auch nur noch einmal anzuschauen.
Mit tränenfeuchten Wangen und an die Bettpfosten geketteten Armen und Beinen erwachte sie. Die Ketten waren so kurz, dass sie sich kaum rühren konnte. Maricara zog daran und spürte das tiefe Stöhnen von Eisen gegen Eisen, aber nichts gab nach. Als sie sehr heftig zerrte, bebte das Bett nicht einmal. Anscheinend hatte man es irgendwie fest im Boden verankert.
Sie hielt inne, sog Luft an dem Knebel vorbei und schickte sich erneut an, ihre Lage abzuschätzen.
Ihr Gefängnis war voller Widersprüche. Die Bettdecke bestand mit Sicherheit aus Samt, und zu ihren Füßen spürte sie zusammengefaltete Berge von Fellen, wahrscheinlich Zobel oder Nerz. In der Luft roch sie nur den gleichen sonderbaren Geruch nach Gewürzen und Flusswasser und Reinigungsmitteln, die Bleiche enthielten; sie roch weder Fäulnis noch Abwässer in der Nähe. Am schlimmsten war immer noch der noch nicht verflogene Geruch der Bauern.
Und die Themse. Die roch ebenfalls.
Aber das Bett unter ihr würde sich nicht bewegen, die Ketten nicht nachgeben. Sie hatte sich bereits die Wangen
an dem Kissenbezug wund gerieben in dem Versuch, die Kapuze abzustreifen. Sie mussten ein Stahlseil verwendet haben, um sie festzuzurren, das sich hart um ihren Hals spannte.
Trotz der Stimmen in ihrem Traum sprach niemand an diesem Ort, dazu waren sie viel zu schlau. Sie hatte ab und zu gehört, wie sie herumliefen, das Stockwerk über ihr durchquerten, aber das war Stunden - Stunden? - her. Jetzt herrschte Stille in den Zimmern, also hielt es Maricara genauso, lag flach auf dem Rücken auf der sehr weichen Matratze und wartete auf die Rückkehr des Mannes mit dem kleinen stechenden Diamanten, der sie bis ins Mark verbrannte.
Mit Draumr .
Sie wusste nicht, was als Nächstes kommen würde, Vergewaltigung oder Tod, das Herausreißen ihres Herzens, während sie mit geknebeltem Mund und immer noch verdeckten Augen auf dem Bett lag.
Falls sie die Kapuze nicht entfernten, bevor es getan war, würde das Letzte, was sie in der Welt gesehen hatte, der falsche Bruder sein.
Sie versuchte, die Panik in ihrem Blut zu verlangsamen. Wie besessen dachte sie an Kimber, sah aber an seiner Stelle den weit entfernten Drachen, der mit Flügeln von Scharlachrot und Gold von ihr wegschwebte.
»Wir sollten sie jetzt töten«, murrte der bärtige Rumäne. »Wir haben nie an zwei zur gleichen Zeit gedacht, vor allem nicht an sie .«
Er spuckte das letzte Wort mit einer solchen Verachtung aus, dass Zane annahm, sie diene dazu, die Furcht zu verbergen, die Grauzahn in Anwesenheit Ihrer Königlichen Hoheit, der Prinzessin Maricara, tatsächlich empfand. Hätten
sie sich näher bei dem Gebäude aufgehalten, in dem sie gefangen war, hätte Graubart Zanes Meinung nach nicht annähernd so viele Schmähungen ausgestoßen.
Aber sie befanden sich mehr als eine Meile von dem Ort entfernt, an dem sie sie festhielten. Auch so sprachen sie im Flüsterton, und ein jeder war darauf bedacht, weder den wirklichen Namen Ihrer Hoheit noch den von Lord Rhys auszusprechen. Man konnte nie wissen, wer zuhörte.
Tatsächlich lautete der wirkliche Name des Rumänen auch nicht Grauzahn. Er hieß Basarab, eine Kombination von Silben, die Zane ein wenig unheimlich fand und auch unmöglich fremdartig
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