Der träumende Diamant 3 - Drachenmagie
Schwestern, daran bestand kein Zweifel. Eine trug ein Gewand aus Silber, die andere eines aus Gold, als seien sie seltene, schillernde Schmuckstücke aus einer Schatzkammer.
Maricara ignorierte beide und hob den Blick, um den Grafen anzuschauen. Sie sprach in einem sehr leisen Flüsterton.
»Es gibt nichts, was Sie mir hier antun könnten. Es gibt nichts, was Sie sagen könnten, das mich davon überzeugen würde, mich zu erheben und mit Ihnen zu gehen, also sind Sie wahrhaftig gebunden, mein Herr. Ich habe Sie mit Unschuld im Herzen hergerufen. Aber ich stehe nicht unter Ihrem Befehl, und ich unterwerfe mich nicht Ihren Gesetzen. Kein bleibender Schaden wurde durch mich oder meine Männer angerichtet. Noch können wir Freunde sein. Ich nehme an, dass das Ihnen überlassen bleibt. Sie mögen meine Zustimmung erhalten oder auch nicht. Ich schlage
mit allem gebotenen Ernst vor, dass Sie sich ihren nächsten Schritt mit allergrößter Sorgfalt überlegen. Mit mir spielt man nicht. Was auch immer als Nächstes geschieht, werde ich niemals vergessen.«
Am Ende von Maricaras Ansprache zögerte eine der Frauen und sank dann auf den nächsten Stuhl. Die andere folgte ihrem Beispiel. Beide waren wunderschön mit einer Haut wie Alabaster und Rosen, obwohl sie einige Jahre älter waren als Maricara. Sie trugen komplizierte Perücken, Schminke und starke, singende Edelsteine. Diejenige in dem Silbergewand hatte dunkelbraune Augen und ein Schönheitspflaster im Mundwinkel; sie lächelte Maricara an, langte nach der Kanne und goss Tee in die Tassen.
»Es tut mir leid, dass wir einander nicht vorgestellt wurden. Ich heiße Audrey. Das ist Joan. Es ist mir eine einzigartige Ehre, Sie endlich kennenzulernen, Prinzessin.« Immer noch lächelnd füllte sie Maricaras Tasse nach und wechselte ruhig ins Englische. »Es wäre nicht allzu schwierig, Kim. Wir haben sowohl Augenbinden wie auch Kapuzen, außerdem einen Hut, der groß genug ist, um ihr Gesicht zu verbergen. Nur einen einzigen Augenblick allein mit ihr, das ist alles, was wir brauchen.«
»Es ist unmöglich, sie allein zu erwischen«, erwiderte der Graf im gleichen entspannten Tonfall.
»Es gibt immer einen Weg«, murmelte die andere Frau mit den grünen Augen, die denen ihrer Brüder glichen.
»Gewiss«, stimmte Maricara ebenfalls auf Englisch zu. »Sie könnten zum Beispiel der Menge das Wort ›Feuer‹ zurufen. Menschen pflegen dann in Panik auszubrechen. Sie hätten mich beinahe sofort für sich allein. Allerdings wäre das eine Verschwendung dieses ausgezeichneten Mittagessens. Ich habe mich schon auf die Himbeertorte gefreut.«
Keiner sagte ein Wort. Nur von fern tönten die Schreie der Möwen über die Brandung herüber.
»Und«, fuhr Maricara fort, »Sie sollten wissen, dass ich keine Bedenken habe, hier und auf der Stelle und vor all den beschränkten Leuten die Wandlung zu vollziehen, sofern einer von Ihnen die geringste Bewegung in meine Richtung macht. Wie wird das Ihrem Rat gefallen?«
Der Graf erholte sich als Erster. »Sie sprechen Englisch.«
Ärgerlich tippte Maricara mit einem Fingernagel gegen ihre Teetasse. »Selbstverständlich. Ich hatte Jahre, es zu lernen. Hätten Sie das anders gemacht?«
Rhys begann zu glucksen, dann brach er in Gelächter aus, wodurch sein Gesicht einen bösartigen, dunklen Charme ausstrahlte. Als er den Kopf zurückwarf, sah man die Bewegungen seiner Kehle, und der Smaragd an seinem Ohr blitzte wie ein Katzenauge. Er hob eine Hand an die Stirn, und als er endlich wieder genug Luft bekam, sagte er: »Hat keiner von euch daran gedacht?«
»Allem Anschein nach nicht«, meinte Maricara. Sie nahm einen letzten Schluck Tee, stellte die Tasse auf die Untertasse und glitt von der Chaiselongue. Die beiden Männer erhoben sich unwillkürlich. Die Schwestern blieben, wo sie waren.
»Nun, dann lasst uns dafür sorgen, dass alles zusammengepackt wird«, sagte sie, während sie die Platten mit dem Essen musterte. »Es gibt da ohnehin noch etwas, das ich Ihnen zeigen möchte.«
Kimber schien sich in Stein verwandelt zu haben und starrte sie nur an. Er war nicht der Einzige; die Hälfte der Männer auf der Terrasse war in Schweigen verfallen, sobald sie einen Schritt vom Tisch weggetreten war.
Er räusperte sich. »Was in Gottes Namen tragen Sie da?«
»Oh - gefällt es Ihnen?« Sie hob die Arme und drehte eine
kleine, saubere Pirouette; der kakaofarbene Satin bauschte sich wie eine schmale Glocke um ihre Beine. »Man nennt es
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