Der träumende Diamant 3 - Drachenmagie
die meisten wegen Feldgrenzen und eingebildeten Beleidigungen. Bei einigen wenigen ging es um ernstere Verbrechen wie Diebstahl, Vandalismus, Läufer.
Mit jeder neuen Unstimmigkeit, mit jedem weiteren Drákon, der aus der Grafschaft zu fliehen versuchte, verschanzten sich die alten Männer im Rat mehr hinter ihren Bärten
und duckten sich tiefer in ihre weichen, geschnitzten Sessel. Dies entsprach ihrer Art, und damit hatte es sich. Sie würden sich nicht mäßigen, die Stammesmitglieder würden sich einreihen, und es würde keine weitere Debatte geben. So hatte man es immer gehalten. Das sei außerdem ihre Gabe an die Zukunft. Die althergebrachten Gesetze hatten seit Generationen mehr als ausgereicht. Sie stellten die einzige Lösung dar. Loyalität dem Stamm gegenüber bedeutete alles.
Es hatte Nächte gegeben, in denen Kimber mit fest an den Kopf gepressten Händen eingeschlafen war, als sei er in einem Schraubstock gefangen, während er seine Stellung, seine Eltern, die Jahreszeiten, Amalia, die Zaharen verfluchte. Und wenn er am nächsten Morgen aufgewacht war und sich angekleidet hatte, musste er sich auf den Weg machen und alles von Neuem angehen. Irgendjemand musste das schließlich tun.
Tatsächlich, überlegte Kimber, war Maricara selbst das einzig Gute, das sich aus dieser Katastrophe erhoben hatte, das Einzige von leuchtender Klarheit.
Zu diesem Zeitpunkt war sie alles, was der Stamm zur Information hatte, seine liebliche, in der Nacht fliegende Prinzessin. Unglücklicherweise würde sie auch die einzige Person sein, die der Stamm mit diesem Wesen in Verbindung bringen würde, das halb Drache, halb Sanf zu sein schien. Sie gehörte zu einem fremden Stamm; die Jäger gehörten ebenfalls zu demselben. Unaussprechliche Katastrophen standen kurz vor dem Ausbruch, und wer hatte dafür gesorgt, dass all dies geschehen würde? Kimber konnte sich nur allzu leicht vorstellen, wie der Rat reagieren würde.
Sie haben einen uralten Feind nach Darkfrith gebracht. Sie haben den Verlust von mindestens drei guten Männern zu verantworten. Sie sind als Drache bei Tag geflogen, haben unsere Gesetze
und Traditionen geschändet und unser Überleben in Gefahr gebracht, und ja, willkommen im neuen Zuhause. Wir freuen uns auf die Hochzeit. Würde es Ihnen sehr viel ausmachen, sich in unser Gefängnis zu begeben?
Oder noch schlimmer:
Was sagen Sie da? Graf Chasen beschreibt es als guten Platz zum Schlafen? Das ist es gewiss. Wir werden sogar ein Bett für euch beide zur Verfügung stellen.
Es war besser, auch bei dieser Herauforderung persönlich anwesend zu sein.
Als sie dann endlich das Herrenhaus erreichten, überraschte es Kimber kaum, dass keine Sänger auf sie warteten, hoch droben keine Fahnen flatterten und es auch keinen annähernd festlichen Gruß gab, wenn man einmal von den verzweifelten Blumen und Büschen absah, die zunehmend von der Sonne geröstet wurden. Stattdessen gab es eine Reihe von zehn Männern ohne ein Lächeln auf dem Gesicht, die in der Auffahrt zum Haupteingang standen, das Paar von Kutschen ignorierten, das den breiten, weitläufigen Weg heraufrollte, und angelegentlich in den Himmel starrten.
Sie trugen Perücken, jeder Einzelne von ihnen. Selbst bei diesem Wetter mussten die Formalitäten beachtet werden.
Wenn Kimber hätte seufzen können, dann hätte er das getan. Aber in seiner jetzigen Form glitt er ein letztes Mal zu dem samtigen Dunst, der Maricara war, dann schwebte er nach unten und nahm auf der harten Hitze der Erde Männergestalt an.
Der Abend dämmerte. Sie sah von einer Bank aus zu, die unter einer Gruppe von Weiden stand, durch die sie einst gelaufen war, um Kimbers Zuhause zu erreichen. Das schien Jahre her zu sein. Die hoch aufragenden Mauern des Herrenhauses
und die Fenster türmten sich, da sie sich ganz in der Nähe befand, hoch über ihr auf, und seine alten Steine sangen alte Lieder, halb verdeckt von Blättern, die sich nie regten, weil hier kein Wind wehte.
Sie saß allein da. Kimber hielt sich in der Nähe auf, Rhys ebenfalls, die Schwestern aber waren anderswo. Tausend Herzschläge, eine Million Atemzüge, all die englischen Drákon, die Leben in unregelmäßigen, unsichtbaren Wellen durch das Zwielicht von Darkfrith pulsieren ließen.
Einige von ihnen waren sichtbarer. Von ihrem kleinen Rückzugsort aus konnte sie ab und zu einen Blick auf Gesichter erhaschen, auf Leute, die in die Wälder gingen oder hinter geschliffenen Fensterscheiben zu ihr
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