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Der träumende Kameltreiber (German Edition)

Der träumende Kameltreiber (German Edition)

Titel: Der träumende Kameltreiber (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amor Ben Hamida
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sie die Augen schon geschlossen hatte: ,Gott segne dich, du Engel.’ Dann ging ich ins Wohnzimmer.«
    Mansour sah Ahmed an. Nach einem kurzen bejahenden Zeichen sagte er: »Tee, Freunde, Tee, damit eure Geister offen bleiben. Jetzt ist roter dran. Leichter als die bisherigen, mit gerösteten Erdnüssen.« Die Gläser machten die Runde.
    Dann hieß es. »Also das mit der Uhrzeit, die eine Kirchenuhr ansagt, das wusste ich wirklich nicht. Ich glaube langsam, dass der Typ mindestens in Italien war.«
    »Hast du denn noch nie einen Film gesehen? In fast jedem Film kommt das vor. Er war nirgends, sage ich dir. Er hat das alles erfunden. Und wir sitzen da und verplempern unsere Zeit mit seinen Phantasien.«
    »Ich glaube nie und nimmer, dass er eine betrunkene, reiche Blondine einfach auf die Stirn küsst und sie in Ruhe schlafen lässt. Alles andere habe ich ihm bis jetzt geglaubt, aber jetzt verschaukelt er uns. Entweder er hat sie vernascht oder es ist doch alles erfunden! Das sage ich. Sie hatte nur seinen Vornamen, er hätte ihr alles nehmen und abhauen können.«
    »Du hast nicht aufgepasst, mein Freund, er hat von ihrem Handy aus telefoniert und diese Dinger speichern die Rufnummern. Das wusste er vielleicht. Vielleicht wusste er das eben nicht. Jedenfalls hätte sie ihn wiederfinden können. Ich weiß nicht, ich glaube ihm immer mehr.«
    Zum Erstaunen von Mansour kam kein volles Glas zurück. »Was ist los, Rezeptionist, schmeckt dir mein Tee doch noch?«
    »Ich habe noch einen halben Liter Wasser, um ihn zu verdünnen und meine Leber zu schonen. Aber langsam werde ich müde und da hilft sogar dein Tee! Und ich weiß, was du nicht weißt: Die Geschichte ist noch nicht zur Hälfte erzählt …«
    »Sieh mal die Uhr an, die er hat. Ein Vermögen muss sie gekostet haben. Es ist eine Omega, ich habe sie in der Hand halten dürfen, und die hat er bestimmt nicht in Tunesien gekauft.«
    »Eine Touristin, eine verliebte Touristin kann sie ihm geschenkt haben.«
    »Sie muss aber sehr verliebt gewesen sein, ihm eine solche Uhr zu schenken und seine Freiheit dafür doch nicht zu nehmen.«
    »Die Geschichte mit der Uhr kommt bestimmt noch. Wenn er die weglässt, dann hat er gelogen. Ich bin gespannt, ob er an sie denkt. Sonst hättest du womöglich recht: Eine verliebte Touristin, eine Schweizerin, etwas älter, wohlhabend, hätte sie ihm als Gegenleistung für ein paar Nächte geschenkt.«
    »Also gut, ich sage, er wird die Uhr erwähnen. Ein Geschenk von Heidi.«
    »Und ich sage, er vergisst sie, und dann ist die ganze Geschichte ein Märchen. Weißt du, wieso ich das denke? Die ganze Zeit hat er nicht auf die Uhr gezeigt, sie nicht berührt, sie nicht einmal angeschaut. Vielleicht ist sie sogar eine Fälschung. Vielleicht aus Italien. Ich glaube ihm ja, dass er in Italien war, aber in der Schweiz? Mit dieser blonden Prinzessin? Nein, das ist zuviel.«
    »Es geht weiter, Freunde, sperrt die Ohren auf und seid meine Zeugen für die unglaubliche Reise! Am Sonntag stand Heidi spät auf. Sie hatte, was sie dort einen Kater nennen, keine Ahnung, wieso sie das so nennen, aber einen etwas schweren Kopf … Ich war schon auf, hatte Kaffee gemacht in dieser wunderbaren italienischen Espresso-Maschine, drückte ihr eine Tasse in die Hand, stark, schwarz, ungesüßt. Sie bedankte sich mit einem Nicken und einem zauberhaften Lächeln. Wenn eine Frau nach einer solchen Nacht dich morgens so anlächeln kann, dann bist du entweder über beide Ohren verliebt oder sie ist schön! Sie nahm den Kaffee mit ins Badezimmer und ich glaube – ich habe es ja nicht gesehen – dass sie den Kaffee unter der Dusche trank. Sie blieb lange unter der Brause. Als sie herauskam, lachte ich sie aus, und sie warf mir ihren Hausschuh entgegen, den ich natürlich auffing. Dann entschuldigte sie sich.
    Eine Tasse Kaffee, einen frischen Fruchtsaft und ein Brötchen später sah sie besser aus. Wir saßen da, schauten einander wortlos an, es kam in mir eine Stimmung von Abschied auf. Aber sie unterbrach meine düsteren Gedanken und sagte: ,Mein Freund, wir müssen packen. Um zwei fahren wir ab. Vorher essen wir bei Giovanni, ich habe es ihm versprochen, ein lieber Kerl.’
    ,Was meinst du mit wir’, fragte ich sie.,Glaubst du etwa, ich reise ohne dich in die Schweiz ab, überlasse dich hier den Telefonkabinen und den Kirchen?’
    ,Wie stellst du dir das vor, ich habe weder Visum noch Arbeitsvertrag noch irgendeine Bewilligung für die Schweiz. Ich bin sogar in

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