Der träumende Kameltreiber (German Edition)
spielt und sich in eine schöne junge Frau verliebt, gespielt von Julia Roberts.«
»Ja, nur ist unser armer Ahmed Julia Roberts und Heidi ist Richard Gere.«
»Ich weiß nicht, ich weiß wirklich nicht. Es stimmen einfach zu viele Sachen. Zum Beispiel das: Die Italiener fangen ihre Mahlzeiten immer mit Teigwaren an. Wenn sie keine Teigwaren nehmen, dann haben sie nicht richtig gegessen. Sie lassen für Teigwaren das beste Fleisch warten. Er hat doch erzählt, dass er im Restaurant zuerst einen Teller Spaghetti bekam. Das hat mir ein Tourist aus Rom erzählt. Das machen sie in Italien immer so.«
Das Lachen entging Ahmed nicht.
»Oh ihr, die ihr misstrauisch seid und neidisch auf eine Liebesgeschichte, die ihr nicht in eurer tiefsten Phantasie erleben dürft. Hört weiter. Das Wunder kommt erst«, sagte Ahmed und fuhr fort.
»Nach der Boutique legten wir die Einkäufe in den Kofferraum des BMW, einen Kofferraum, der meine beiden Kamelstuten fassen könnte, und gingen weiter. In einem riesigen Einkaufszentrum holten wir Rasierzeug, Unterwäsche für ein Jahr, Badetücher, Shampoo und anderes Zeug, das ich zunächst nicht einmal identifizieren konnte. Ich verstand nicht, was sie vorhatte, denn am Sonntagabend sollte sie wieder nach Hause fahren und dann würden sich unsere Wege trennen. Diese drei Tage, Freunde, nannte ich später die drei Tage des Prinzen. Denn nach dem Einkauf ging es los. Unbeschwert fuhren wir in ein belebtes Quartier, an jenem Restaurant vorbei, wo wir uns am Abend zuvor getroffen hatten. Wir gingen in eine Bar, sie schien einige Leute zu kennen. Die Frauen schauten mich erfreut und fast lüstern an. Aber Heidi hielt ständig meinen Arm. Die Jungs hingegen, na ja, sie waren Italiener, ich nahm es ihnen nicht übel. Sie sind nicht wesentlich anders als wir. Sie waren eifersüchtig auf einen Nordafrikaner, der ihnen die schönste und wahrscheinlich reichste Frau vor der Nase wegschnappte. Sie trank ein Glas Champagner. Wisst ihr, was das ist? Ein prickelndes, berauschendes Getränk. Ich nahm Fruchtsaft. Dann gingen wir essen. Ich war beschämt, als ich am Ende eines wunderschönen Abends im Geist zusammenzählte, was diese Frau ausgegeben haben musste. Aber wir redeten nicht darüber. Bei ihr zu Hause angekommen, ging ich sofort ins Bad, nahm eine Dusche und kam rasiert heraus. Sie erkannte mich fast nicht mehr, lachte erfreut und berührte mein Gesicht mit ihren zarten Händchen.
Dann saßen wir da. Ich war leicht abwesend. Ich vermisste meine Mutter, meine Schwestern, meine Kamele, ich vermisste sogar euch! Sie sah mir den nachdenklichen Blick an und fragte mich, was ich hätte. Ich erzählte ihr, dass ich gehen wollte, dass ich es nicht mehr aushalten würde, hier wie ein Prinz zu leben, während meine Mutter und meine Schwestern auf Geld von mir warteten, dass ich mich wie eine Frau fühle, die von einem Mann ausgehalten würde. Ich wäre zwar sehr dankbar für ihre Hilfe, sie hätte mir wahrscheinlich sogar das Leben gerettet, aber es wäre an der Zeit, wieder den eigenen Weg einzuschlagen.
Als sie mich fragte, wie ich mir das vorstellte, verstummte ich. Wir saßen auf ihrem Sofa nebeneinander. Sie rückte näher, nahm zum ersten Mal meine Hände in ihre und ich spürte dieses unerhört schöne, verbotene Kribbeln in meinem Bauch. Es zwickte mich vom Kopf bis zur Wirbelsäule. Und ich dachte: Wenn schon ihre Berührung das auslöst, wie ist denn ihr Kuss? Sie schaute mir in die Augen, ich musste diesen zwei leuchtenden, funkelnden Sternen ausweichen.,Es ist so schön, dir begegnet zu sein. Wir sollten mehr daraus machen. Wir sind einander nun vierundzwanzig Stunden bekannt. Und wir wissen noch nicht einmal die Familiennamen. Wir haben noch so viel zu erleben und zu erfahren. Wir sollten es nicht beenden, bevor es anfängt.’
Eine Frau, die so sprach, konnte ich nicht verlassen. Ich musste mit ihr Klartext reden. Sie lebte in einer Welt, die weder Not noch Armut, die weder Trauer noch Schmerz kannte. Ich musste ihr erklären, dass meine Familie Hunger litt, während ich hier Teigwaren und Fleisch vertilgte, dass meine Familie fror, während ich hier teure Winterjacken und dicke Hemden trug.
Sie hörte mir geduldig zu. Ich beschrieb ihr, während ich meine echten Tränen unterdrückte, wie es bei mir zu Hause zu- und herging. Ich erzählte ihr von meinen Schwestern, die ich verheiraten sollte. Auch ihretwegen sei ich in dieses Europa gekommen. Ich erzählte ihr von meinen beiden
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