Der träumende Kameltreiber (German Edition)
unsere: Sie sind aktiv, sie unternehmen täglich etwas, sitzen nicht einfach so herum und warten, bis die Ferien vorbei sind. Sie verschlafen ihre freien Tage nicht! In jener Nacht kam Heidi wieder zu mir an den Bettrand, hielt meine Hand und sagte leise: ‚Je t’aime.’ Diese Worte aus ihrem Mund, mit ihrer Stimme und mit ihrem verliebten Blick höre ich heute noch. Es war das erste Mal, dass mir eine Frau so etwas sagte. Stellt euch vor, wie die Welt von jenem Moment an für mich aussah: Die Sonne des nächsten Morgens war nicht so hell wie jene in meinem Herzen. Der strahlende Himmel und die blendenden Berge waren nicht so gewaltig wie meine Hoffnung und meine Zuversicht. Ob ich sie liebte? Woher sollte ich das wissen, ich, der dieses Gefühl noch nie empfunden, der solche Worte noch nie gesagt hatte. Sie war für mich das unerreichbare Wesen aus einer anderen Welt. Und dieses Wesen gestand mir seine Liebe.
Wir verbrachten einen tollen Tag. Sie war in ihrem Skianzug nicht zu erkennen: gepolstert, geschützt und eingemummt. Ich sah ihr zu, wie sie den Hang hinunterraste und aus meinem Blickfeld verschwand. Ich machte mir so lange Sorgen, bis sie wieder aus der Kabine dieser am Seil hängenden Bahn herauskam. Jedes Mal erwartete ich sie dort, um dann zuzusehen, wie sie in dieser weißen Welt verschwand. Am Nachmittag, nach einem leichten Mittagessen in den Bergen, schleppte sie mich in einen Sportladen. Eine halbe Stunde später kam ich genauso vermummt und geschützt wie sie heraus. Ganz unten im Tal, zusammen mit den Kindern und den Alten, habe ich mich doch tatsächlich auf zwei so dünne Bretter gestellt und habe es geschafft, nach vielen Versuchen, wenigstens drei Meter stehend zu fahren. Danach kam immer ein Fall, mal hart, mal sanft. Sie lachte und half mir auf, zeigte eine unglaubliche Geduld. Ich habe keine solche Geduld mit meinen Touristen. Ich hatte auch schon einem gesagt, es lohne sich nicht für ihn, hatte ihm sein Geld zurückgegeben und war mit meiner Stute wieder verschwunden. Er hätte es – wie ich auf den Skiern – irgendwann mal geschafft, auf dem Kamelrücken zu bleiben, wenn ich diese Geduld an den Tag gelegt hätte.
Am Abend tat mir alles weh. Aber nach einem heißen Bad war ich wieder fit. Heidi führte mich in ein tolles Restaurant aus. Ich beobachtete die Menschen dort. Einige waren wahrscheinlich wie ich am Nachmittag vermummt und geschützt auf dem Berg gewesen, nun saßen sie da, in Abendkleidern die Damen, im Anzug die Herren. Gott im Himmel, war das eine Welt!
Das Abendessen war ein Erlebnis für sich. Sie essen dort nicht aus Hunger. Sie gehen in ein Restaurant, um etwas zu erleben. Es ist nicht wie bei uns, wo wir nur aus Not oder auf Reisen auswärts essen. Sie planen das, sie reservieren, sie freuen sich darauf, etwas Extravagantes zu essen, das sie nicht täglich selber zubereiten können. Seid ehrlich: Was kann denn Lassad kochen, was unsere Mütter und Schwestern nicht könnten. Sein Restaurant wird von Durchreisenden besucht, die essen müssen. Und die paar Touristen, die sich dorthin verirren, wollen einfach mal sehen, was wir hier so essen.
Sie nicht. Dort oben gehen sie in ein Restaurant, weil sie es wollen. Schon als wir uns setzten, kam eine junge Kellnerin und fragte uns nach einem Aperitif. Das ist ein Getränk, oft alkoholisch, das den Appetit anregt. Eben weil sie ja nicht aus Hunger essen, versteht ihr? Sie müssen ihren Appetit anregen. Lustig, was? Wir bestellten einen Campari für Heidi und einen Fruchtsaft für mich. Dann kam nach dem Drink ein sogenannter Gruß aus der Küche, eine winzige Kleinigkeit auf einem Teller, nur um so den Koch kennenzulernen. Keine Ahnung, was es war, aber es schmeckte vorzüglich. Vielleicht hätte es etwas mehr Schärfe benötigt, aber ich genoss es, nachdem ich mich bei Heidi versichert hatte, dass es kein Schweinefleisch enthielt.
Die Vorspeise, dazu ein anderes Getränk. Der Fisch schmeckte etwas fad, aber es war ja auch kein Meeresfisch. Sie haben Seen aus Süßwasser, und so sind ihre Fische eher geschmacklos. Die Hauptspeise, und wieder ein anderer Wein für Heidi und Cola für mich. Ich entschied mich für Lamm. Und dann das Dessert: Natürlich musste es etwas aus Schokolade sein, ein Mousse, das dich vom Paradies träumen lässt. Der Kaffee, dazu wieder kleine süße Häppchen. Ach Freunde, ich kann euch das nicht beschreiben. Ich wünschte, ihr könntet diesen Teil meines Abenteuers selbst erleben …
Als die
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