Der träumende Kameltreiber (German Edition)
Hüter des Brunnens und er hat mir erlaubt, an seinem Brunnen meinen Durst zu löschen.
Es ist eine Frau, Mutter, eine wie jene, die du uns in deinen Märchen beschrieben hast: unwiderstehlich, zauberhaft und rein. Ich kann und will mich nicht wehren. Ich trinke in vollen Zügen und wenn ich danach platzen sollte, so vergebe mir Gott die Sünde der Gier, aber es würde Unmenschliches von mir verlangt, müsste ich mich zurückhalten. Bete für mich, Mutter, denn der Zauber dieser Welt hat mich umschlungen …
Dein Sohn
Dann fuhren wir vom Büro aus mit dem Lift in die Garage. Ich freute mich schon auf die Fahrt mit dem BMW, aber sie steuerte auf ein anderes Auto zu. Es war ein Jeep, so hoch wie ein Lastwagen, Vierradantrieb, ähnlich wie die Fahrzeuge, die sie hier für Touristenfahrten in die Wüste nehmen, aber einfach wesentlich komfortabler. Ein nigelnagelneues Auto, dessen Ledersitze anfangs kalt waren, aber wisst ihr, ihr werdet lachen, das Auto heizt sogar unter dem Hintern, entschuldige, Samia.
Wir fuhren zunächst durch die Stadt und dann auf die Autobahn. Sie hielt vor jedem Fußgängerstreifen. Dort oben, Freunde, respektieren sie ihre Schwachen. Sie verhalten sich nicht wie bei uns, wo der Stärkere den Schwachen einfach beiseiterammt oder ihn nicht beachtet. Sie hupen nicht, wenn eine Ampel auf Grün umschaltet. Jeder fährt korrekt und sauber. Und wusstet ihr, dass sie an ihren Autobahnen Raststätten haben, wo du nach Belieben essen und einkaufen kannst, ohne dass du ins nächstgelegene Dorf fahren musst? Ja, sie haben ihre Zeit im Griff, wir müssen für eine Flasche Wasser von der Straße ab, sie können alles auf der Autobahn erledigen und dann davonbrausen. Wir hielten nur, um einen Kaffee zu trinken und zu tanken. Dann ging es bergauf. Mir wurde leicht komisch dabei, rechts ging es eine Felswand hinauf und links einen Abgrund hinunter. Ich schaute geradeaus und versuchte mich abzulenken. Heidi fuhr souverän die Bergstraße hinauf, bis wir in Klosters ankamen. Ich hielt meine vor lauter Angst zitternden Knie fest.«
In der Runde flüsterte einer: »Das hat Cary Grant auch gemacht, als er neben Grace Kelly fuhr, der Film hieß ‚Auf den Dächern von Nizza’. Sie fuhr wie eine Wilde.«
»Es war später Nachmittag«, fuhr Ahmed fort, »und die Sonne hing tief über den Bergen, dieses Rot der Sonne, das Weiß der schneebedeckten Berge, die unter der Last der weißen Pracht hängenden Baumäste ließen mich ein ‚Subhan Allah’ ausstoßen – mächtig bist du, oh Gott, den Sand der Wüste und den Schnee der Berge gleichermaßen schön zu gestalten!
Ihre Wohnung war außerordentlich groß und mit allen Schikanen versehen, zwei große Fernseher, zwei Kühlschränke, einer davon nur mit Getränken, der andere war leer und sauber. Wir mussten also noch einkaufen gehen … Die Menschen im Dorf unterschieden sich wie bei uns in Sousse oder Port el Kantaoui: Einerseits waren da die Einheimischen, die einen gemächlich ihrem Beruf nachgehend, die anderen, die am Tourismus beteiligt waren, benahmen sich schon hektischer. Auf der anderen Seite waren die Touristen, allesamt Europäer – Franzosen, Deutsche und Österreicher. Ich hörte auch Italienisch und drehte mich instinktiv mit einem wuterfüllten Gesicht um. Ich habe keinen einzigen Afrikaner gesehen. Es kam mir vor, als wäre ich einer von ihnen. Doch das änderte sich, als wir in einen kleinen Laden gingen. Die ältere Verkäuferin sah mich mit einem eher abschätzenden Blick an. Vielleicht war sie nicht gewöhnt, solche Gesichter zu sehen. In Zürich fiel ich kaum auf, hier sollte das aber anders sein. Wir kauften das Notwendigste für unser morgiges Frühstück, denn kochen wollte Heidi anscheinend nicht. Sie sollte mich drei Tage lang ausführen und ich sollte dabei jedes Mal denken: ‚Wenn ich bloß für sie kochen würde und sie das Geld sparen könnte!’ Aber wozu sparen, wenn du Geld in unermesslichem Umfang hast? Wozu kochen, wenn das Restaurant hundert Meter von deiner Wohnung entfernt ist? Wie viele Wohnungen hatte diese Familie? Und wie viele Autos? Und was für ein Betrag stand als Saldo auf dem Bankkonto dieser Leute? Sie haben bestimmt mehrere Bankkonten bei mehreren Banken …
An diesem ersten Abend gingen wir ziemlich früh ins Bett, denn Heidi sagte, dass wir am nächsten Morgen um sieben aufstehen würden. Ich verstand nicht ganz, warum man Ferien macht, um so früh aufzustehen, aber eben, ihre Ferien sind anders als
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