Der träumende Kameltreiber (German Edition)
die Hetze genoss und diese Angst in mir genoss.
Als ich das Licht löschte und zu ihr ins Bett kroch, spürte ich diesen butterweichen, warmen, pulsierenden Körper und mein ganzes Wesen zitterte und bebte, als ich sie berührte. Ich dachte doch, sie sei ganz nackt im Bett, aber stellt euch vor – ich ahnungsloser, armer Kamelhirte – ich fand auf einmal einen kleinen Faden, ein Nichts von Unterhöschen, eine Idee, um die Scham zu verdecken. Oh Leute, ich musste selber über mich lachen. Woher sollte ich das denn wissen? Unsere Körper und unsere Geister gingen für Stunden, so kam es mir vor, ineinander über und bildeten nur noch ein glühendes, schwitzendes, stöhnendes Eins, das in endloser Ekstase ausbrach. Ich wollte, ich könnte euch mehr darüber erzählen, aber aus Rücksicht auf hier Anwesende lasse ich es dabei. Es war die Nacht, als ich zum Mann wurde, und aus dem ängstlichen Vogel wurde ein stolzer Hahn.
Und ich sang. Oh ja, ich fing an zu singen, so laut und schön, dass sie mich verdutzt anschaute, lachte und fragte, was ich da sänge. Und ich sagte: ‚Habibi – mein Schatz –, das ist so schwer zu übersetzen, hör mir nur einfach zu.’ Ich sang ihr auf Arabisch das Lied von Om Kalthoum, Elfi Lila u Lila, vor. ‚Das Lied heißt tausend und eine Nacht’, sagte ich. Die arme Heidi stand da und hörte mir zu:
Häbibi, die Nacht und ihr Himmel und ihre Sterne und ihr Mond und das Wachen …
Und du und ich, mein Schatz, mein Leben und ich, alle, alle sind wir Liebe.
Und die Liebe, oh die Liebe, sie wacht mit uns und flößt uns Glückseligkeit ein.
Mein Schatz, lass uns leben unter den Augen der Nacht,
lass uns der Sonne sagen, sie solle in einem Jahr kommen.
Nicht vor einem Jahr, denn diese süße Nacht soll tausend und eine Nacht dauern
oder das ganze Leben, und was ist denn das Leben, wenn nicht eine Nacht wie diese?
Lass mich dir erzählen, mein Schatz … bevor ich dich
liebte,
kannte ich kein Gestern, an das ich mich erinnern möchte,
und kein Morgen, auf das ich mich freuen konnte,
bis zum heutigen Tag, da du mich in einem Augenblick in der Liebe gefangen hast.
Du hast mir gezeigt, wo die süßen Tage sind.
Und du hast die Nacht mit Hoffnung gefüllt, nachdem sie Einsamkeit war.
Und das Leben, das Wüste war, ist nun ein Garten.
Häbibi, was ist schöner als die Nacht und zwei Verliebte wie wir?
Die nicht mehr wissen, ob das Leben Jahre oder Sekunden dauert,
die sich nur lieben wollen,
die nur für diese Nacht und diese Liebe leben wollen.
Mein Schatz, die Liebe ist unser Leben, unser Dach, unsere Verpflegung.
Lassen wir den Leuten ihre Welt, uns unsere Welt.
Und wenn sie über die Liebenden sagen,
sie schmoren in der Liebe Feuer:
Dieses Feuer ist unser Paradies.
Die Liebe hat nie verletzt
und ihr Garten hat noch nie etwas anderes hervorgebracht als Glück und Freude.
Du Mond meiner Nacht, du Schatten meines Tages, du meine Liebe,
du mein glücklichster Tag.
Ich habe für dich das schönste Geschenk,
ein Wort, das Wort der Liebe,
mit dem du die Welt und was darin ist, besitzen kannst.
und das dir die Schätze dieser Erde öffnet.
Sag es dem Vogel, den Bäumen, den Menschen, der ganzen Welt.
Sag: Die Liebe ist ein Segen, keine Strafe.
Gott ist Liebe, die Güte ist Liebe, das Licht ist Liebe.
Oh Gott, lass die Süße der ersten Begegnung andauern in unseren Händen
und die Freude der ersten Berührung ein Kerzenkranz um uns bleiben
und die Zeit uns ein Teppich voller Hoffnung sein.
Oh Gott, das bittere Glas der Trennung soll uns nicht gereicht werden
und die Trauer soll nicht erfahren, wo wir sind.
Und lass unsere Nächte ewig die Kerzen der Freude erblicken.
Häbibi, lass uns leben unter den Augen der Nacht,
lass uns der Sonne sagen, sie solle in einem Jahr kommen.
Nicht vor einem Jahr, denn diese süße Nacht soll tausend und eine Nacht dauern
oder das ganze Leben, und was ist denn das Leben, wenn nicht eine Nacht wie diese?
Als ich endlich aufhörte, klatschte sie erfreut. Wir duschten miteinander und küssten uns lange. Ihr habt bestimmt noch nie unter der Dusche geküsst. Es war auch mein erster Kuss unter Wasser, außer als ich für Touristen meine Kamele küsste, während plötzlich ein Gewitter ausbrach.
Dann lag ich lange neben Heidi und hielt sie in meinen Armen wie ein Kind, sie klammerte sich an mich und ich kam mir stark und groß vor. Als sie tief schlief, stand ich auf und ging ein langes Gebet sprechen. Ich glaube, Gott hat uns
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