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Der Trakt

Der Trakt

Titel: Der Trakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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    Sibylle legte als Erstes Rosie die Pistole in den Schoß. Sie war froh, das Ding los zu sein. Neugierig betrachtete sie die ausgedruckten Seiten.
    »Also, hier steht, dass CerebMed Microsystems im Jahr 1996 gegründet worden ist. Alleiniger Firmeninhaber ist Professor Dr. Gerhard Haas. Gibt jede Menge Artikel und Bilder im Netz. Du glaubst gar nicht, mit wem der schon alles zusammen fotografiert worden ist, der Kerl scheint mir prominenter zu sein als der Oberbürgermeister. Und nebenbei hat er noch einen Lehrstuhl an der Uni und ist irgendein hohes Tier an der Uniklinik. Jedenfalls entwickelt CerebMed Geräte für Hirnchirurgie und Hirnforschung, außerdem haben sie noch eine medizinische Forschungsabteilung, die nach Verfahren sucht, Hirnschädigungen zu reparieren, um es mal mit meiner unqualifizierten Ausdrucksweise zu beschreiben. Sie haben auch schon einige Erfolge … –«
    »Entschuldige, Rosie, aber das weiß ich doch schon alles. Was meintest du, wieso das Glück auf unserer Seite ist?«
    Rosie strahlte, als würde sie ihr gleich ein großes Geschenk überreichen. Sie zog das unterste Blatt unter den anderen hervor und legte es obenauf. Es war ein Text darauf, in den drei farbige Fotos mit Untertiteln eingefügt waren. Eine Menge Leute waren darauf abgebildet, sie standen teils in Gruppen zusammen, die meisten von ihnen hatten Gläser in der Hand.
    »Das ist ein Artikel über die Feier zum zehnjährigen Bestehen der Firma«, erklärte Rosie, »haufenweise Prominenz war da, klar, aber jetzt wirf mal einen Blick auf diese Gruppe.« Sie zeigte auf das unterste Foto. Sibylle beugte den Kopf ein wenig, um die Einzelheiten besser erkennen zu können, und kniff die Augen zusammen. Der Text unter dem Foto, auf dem vier lachende Männer zusammenstanden, lautete:
    Prof. G. Haas, U. Schilling, Landrat Dr. Klein und R. Haas (v.l.n.r.)
    R. Haas? Als Sibylle sich das Gesicht des Mannes am rechten Rand betrachtete, wusste sie, was Rosie gemeint hatte. Der Mann, der dort abgebildet war, saß neben ihr gefesselt auf dem Stuhl.
    »Na, was sagst du jetzt, Kindchen? Unser Herr Drecksack scheint der Sohn des Chefs zu sein. Ist das nun ein Glücksfall oder nicht?«
    Sibylle nickte noch immer ganz überrascht. »Ja, das kann man wohl sagen.«
    Sie schaute sich das Bild noch einmal an. Robert stand darauf nicht ganz am rechten Rand. Neben ihm war ein weiterer Mann teilweise zu sehen, und als Sibylle genau hinsah, erkannte sie auch ihn: Es war zweifellos der Kerl mit den angsteinflößenden Augen, dieser Hans. Er hatte ein kurzärmeliges Shirt an, und sein rechter Arm hing lässig herab. Etwas war auf seinem Unterarm, als wäre beim Ausdruck die Farbe an der Stelle verwischt.
Oder als ob …
    Sibylle nahm Rosie das Blatt aus der Hand und hielt es sich dichter vor die Augen. Ihre Hand begann plötzlich zu zittern, so dass sie sich sehr konzentrieren musste. Und trotz des Zitterns erkannte sie nun, dass es keine verwischte Farbe war, was Hans auf dem Unterarm trug. Es war eine blaue Tätowierung. Sie reichte über den gesamten Unterarm bis auf den Handrücken.
    Sibylle starrte ein paar Sekunden bewegungslos darauf, Sekunden, in denen sich in ihrem Kopf ein Vakuum bildete, das ihre Schädeldecke nach innen saugen wollte. Alles um sie herum begann sich zu drehen, der saugende Schmerz in ihrem Kopf drohte sie umzubringen, bis … bis er sich in einem kurzen, gurgelnden Schrei entlud.
    Das Papier fiel ihr aus der Hand. Sie starrte einfach nur geradeaus, bis Rosies besorgtes Gesicht vor ihr auftauchte.
    »… sag mir doch, was mit dir los ist!«, hörte sie.
    »Die blaue Tätowierung.« Sie schluckte, um den plötzlichen Hustenreiz zu beruhigen. »Rosie, es ist … dieser Hans … Er hat meinen Sohn entführt.«
    Ihr Blick richtete sich auf den Mann, der gefesselt schräg vor ihr saß, etwas furchtbar Heißes raste durch ihren Körper, rote Schleier begannen vor ihren Augen einen wilden Tanz.
    Rosie sagte oder rief etwas, das sie nicht verstand. Es war egal. Das Zimmer bestand mit einem Mal aus einem wilden Durcheinander und drehte sich um sie herum, als sie aufsprang und mit sich überschlagender Stimme schrie: »Du Schwein!«
    Sie wusste nicht, ob sie einen Zwischenschritt machte oder sich mit einem einzigen Satz auf ihn warf. Sie spürte auch keinen Schmerz, als sie mit solchem Schwung gegen ihn prallte, dass sie beide mitsamt dem Stuhl nach hinten kippten. Robert schrie auf, und sein Mund war so nah an ihrem

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