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Der transparente Mann (German Edition)

Der transparente Mann (German Edition)

Titel: Der transparente Mann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Sixt , Barbara Wilde
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ihm vorkam. Er stand auf, um ins Bett zu gehen, denn am nächsten Morgen wollte er wieder als Clown, der sich nicht bewegte, die Passanten auf dem Münchner Marienplatz unterhalten.
    »Könntest du mir bitte einen Gefallen tun?«, bat Joe, als er bereits auf dem Weg in sein Zimmer war.
    Alf drehte sich um. »Welchen denn?«
    »Dieses Buch … Der Besitzer des Ladens, er braucht es zurück. Da stehen alle Bestellungen drin. Alle Aufträge. Alle Adressen. Wenn er es nicht zurückbekommt, dann hat er ein großes Problem.« Joe schaute Alf schuldbewusst an. »Du könntest ihm sagen, du hättest es in der Nähe des Ladens auf der Straße gefunden.«
    »Schick es ihm doch per Post.«
    »Auf die ist kein Verlass. Bitte, Alf«, schmeichelte Joe, »es ist wirklich wichtig.«
    »Also gut«, gab Alf nach und ging dann endgültig in sein Zimmer.
    Joe legte das Buch samt Adresse des Blumenladens auf die Kommode im Flur. Sie hörte, wie Alf in seinem Zimmer Meditationsmusik auflegte. Die Klänge, die bis zu ihr herüberdrangen, stimmten sie noch trauriger, als sie ohnehin schon war. Sie setzte sich wieder auf das alte Sofa, kuschelte sich in die Decke und hing ihren Gedanken nach.
    Als wäre nichts passiert, saß Joe am nächsten Tag mit ihren Männern im Bauwagen. Hoffmann hatte eine große Tüte mit Geräuchertem, Mettwürsten, Schinkenspeck und hausgemachten Leberwürsten für alle mitgebracht. Seine Frau arbeitete in einem Supermarkt, war selbst gertenschlank, schien aber kein Problem damit zu haben, ihren Mann, der bereits ein beträchtliches Kampfgewicht auf die Waage brachte, noch weiter zu mästen. Auch Joe schnitt sich ein großes Stück vom Geräucherten ab, denn sie war endlich wieder hungrig. Seit acht Uhr hatten sie und ihre Monteure Rohrleitungen verlegt. Nun waren sie mit den Strängen termingemäß fertig, aber die Verteilungsleitungen mussten noch verlegt werden. Marc war in die Firma gefahren, um das Material aufzuladen. Joe war froh, dass er ihr diese Arbeit abgenommen hatte. Gerade heute hätte sie ihren Vater nicht ertragen.
    Huber zog bayerische Spielkarten aus seiner Jackentasche. »Und? Wie wäre es?« Fragend blickte er in die Runde. Sie hatten noch zwanzig Minuten Pause.
    Hoffmann nickte.
    »Wenn du nicht wieder wie ein Depp spielst.« Kulzer konnte Hoffmann durch diese Bemerkung aber nicht aus der Ruhe bringen.
    »Hier! Sonst bleibst du immer so ein Hungerhaken!«, konterte Hoffmann und hielt Kulzer eine ganze Mettwurst unter die Nase.
    Joe lachte. Selbst Huber, der sich als Obermonteur stets aus den kleinen Kabbeleien heraushielt, konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Denn treffender hätte man den spindeldürren Kulzer nicht beschreiben können.
    Huber fing gerade an, die Karten zu mischen, als Joe plötzlich aufstand. »Sorry, Leute. Ich habe keine Zeit«, erklärte sie zum Erstaunen aller, zog ihre Regenjacke an und trat hinaus ins Freie.
    Es hatte aufgehört zu regnen, aber der Himmel war noch immer mausgrau. Ihr Wunsch, die Sonne möge endlich wieder scheinen, war doch nicht in Erfüllung gegangen. Ein beißender Geruch stieg ihr in die Nase. Wieder hatte irgendeiner die Tür des blauen Dixi-Klos sperrangelweit aufgelassen. Joe hasste das genauso, wie sie es hasste, diese Bautoilette zu benutzen. Weder Geruch noch Optik waren dazu angetan, diese enge Örtlichkeit zu frequentieren. Mit angehaltenem Atem schloss sie die Tür, die den Blick auf den mit Toilettenpapier beklebten Boden freigab. Sie nahm sich vor, ein entsprechendes Schild dort anzubringen. Die Hände in den Jackentaschen vergraben, ging Joe weiter zu ihrem Kastenwagen. Sie sperrte die Tür auf und setzte sich hinein. Aus dem Handschuhfach zog sie einen Zettel, auf dem Namen und Telefonnummern der anderen Rosenempfängerinnen notiert waren. Sie holte tief Luft, drückte ihre eigene Nummernkennung weg und wählte. Bei Anna Bauer lief nur das Band, auf dem sie versprach zurückzurufen, aber nur falls sie Lust dazu hätte. Joe fand schon diese Ansage unverschämt. Sie legte auf und probierte ihr Glück mit der nächsten Nummer.
    »Stefanie Weiss, guten Tag«, meldete sich eine junge, forsche Stimme mit leicht russischem Akzent.
    Joe bemühte sich um einen geschäftsmäßigen Tonfall. »Galerie Wastian, guten Tag. Herr Wastian bat mich, Sie wegen eines neuen Termins anzurufen.«
    »Neuer Termin? Dann bleibt es also nicht bei heute Abend?« Die Enttäuschung dieser Stefanie war unüberhörbar.
    »Tja, da bin ich jetzt auch etwas

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