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Der transparente Mann (German Edition)

Der transparente Mann (German Edition)

Titel: Der transparente Mann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Sixt , Barbara Wilde
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begeistert mit Fingern auf sie. Anfangs fühlte Joe sich dabei sehr unwohl; sie musste sich erst daran gewöhnen, dass nicht sie gemeint war, sondern nur ihre Hülle, der Clown. Jetzt streckte ihr ein kleiner Junge sogar ganz frech die Zunge raus. Joe machte es ihm ebenso frech nach. Ihr war klar geworden, dass sich so ein Clown einfach alles erlauben konnte. Er konnte lustig oder ätzend sein, er konnte nur beobachten oder richtig nerven. Es war die Freiheit des Narren, und Joe verstand, warum Alf sein wahres Ich so gern hinter Kostüm und Schminke versteckte. Als Clown war er unangreifbar.
    Sie bog auf den großen Parkplatz ein, der rechts vom »Haus der Kunst« lag, und wartete in Alfs Polo. Es dauerte keine zehn Minuten, bis ein schwarzer Z3 mit einer Blondine nur wenige Meter neben ihr hielt. Das Auto glänzte frisch gewaschen. Den hochtourigen Motor schaltete die Frau zwar aus, aber sie blieb noch im Wagen sitzen, kämmte sich die Haare und zog die Lippen nach. Joe wusste instinktiv, dass diese Frau Stefanie sein musste. Vielleicht war sie ja nur eine ganz, ganz alte Freundin von Konstantin, hoffte sie trotzdem noch insgeheim, obwohl Stefanie eine so alte Freundin wiederum auch nicht sein konnte. Die Frau im Z3 war höchstens dreißig Jahre alt. Schon wenige Minuten später bog der Joe so vertraute grüne Sportwagen auf den Parkplatz ein und hielt direkt neben dem Z3. Konstantin stieg mit einem Lächeln aus.
    Stefanies lange Beine bewegten sich zeitgleich aus dem Wagen. Die beiden gingen aufeinander zu. Und dann küssten sie sich. Konstantin legte seinen rechten Arm verlangend um die Hüften der anderen Frau, und Joe kämpfte gegen eine aufsteigende Übelkeit an. Stefanie lachte, küsste ihn nochmals, und dann schlenderten sie auf die schwere Tür zu, hinter der sich das »Haus der Kunst« befand. Ihr Gelächter drang bis in Alfs Polo.
    Joe versuchte, ihren Puls zu beruhigen, indem sie sich einredete, dass diese Frau vielleicht einfach nur eine seiner künstlerischen Neuentdeckungen war. Dass in der Kunstszene ständig und viel geküsst wurde, wusste Joe mittlerweile hinreichend. Um die letzte Wahrheit zu erfahren, stieg sie dennoch aus und setzte ihren spitzen Hut auf. Sie streifte hinter den beiden her, und als sie sie eingeholt hatte, umkreiste sie sie, schnitt Grimassen, und Stefanie und Konstantin amüsierten sich köstlich über sie. Joe hörte, dass Stefanie ihren Traummann mit »mein Schatz« koste und er ihr versicherte, sie sehr vermisst zu haben.
    Wäre Joe darüber nicht so wütend gewesen, hätte sie am liebsten geheult. So äffte sie nur Konstantins Tonfall nach, der sich von dem Clown offensichtlich zunehmend genervt fühlte. Wie eine lästige Fliege versuchte er, ihn abzuwimmeln. Am liebsten wäre Joe ihm ins Gesicht gesprungen.
    Der Clown aber lächelte. Er schnitt eine seiner exzentrischen Grimassen, als Konstantin in seine Hosentasche griff und ihm fünf Euro in die Hand drückte, bedankte sich mit großer Geste und streckte Konstantin die Zunge raus. Die Turtelnden schienen heilfroh zu sein, als sich die schwere Tür zum »Haus der Kunst« hinter ihnen schloss und sie den Clown endlich los waren.
    Warum quäle ich mich so?, fragte sich Joe. Trotzdem konnte sie es nicht lassen und fuhr am Abend zum »Piccoli«. Dabei hätte sie eigentlich gar nicht mehr von der gegenüberliegenden Straßenseite durch die großen Glasfronten zu blicken brauchen. Sie wusste genau, was sie erwartete. Selbstquälerisch sah sie dennoch zu, wie Konstantin diese Stefanie anblickte, wie sie mit Champagner anstießen, wie er lachte, wie er ihre Hand liebkoste. Sie sah auch das Verlangen in seinen Augen, das nur noch wenig Aufschub aushielt. Mehr brauchte Joe wirklich nicht zu sehen.
    Sie fuhr weiter – fuhr einfach durch die Nacht. Nur wenige Autos waren unterwegs. Sie weinte nicht, denn plötzlich sah sie sich selbst wie ein Betrachter von außen. Sie sah einen Clown ohne Emotionen. Sie fuhr langsam, aber ganz mechanisch durch die Stadt und bog dann von der dreispurigen Ringstraße in jene Wohngegend ab, in der das bessere Leben hinter großen Hecken oder Mauern verborgen lag. Joe hielt wenige Meter vor der weißen Villa, zu der sie nie einen Schlüssel besessen hatte. Jetzt wusste sie, warum. Sie wartete, bis sie im Rückspiegel sein Auto um die Ecke biegen sah. Stefanie hatte jetzt sicher ihre Hand auf seinen Oberschenkel gelegt, und er flüsterte ihr die Worte zu, die er sonst ihr zu sagen pflegte, bevor sie in

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