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Der transparente Mann (German Edition)

Der transparente Mann (German Edition)

Titel: Der transparente Mann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Sixt , Barbara Wilde
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Blumengrüße perfekt organisieren musste. Eine gewisse Stefanie Weiss bekam auch Rosen. Rote, so wie Joe. Selbst die lästige Journalistin mit ihren pummeligen Hüften und dem wüsten Lockenkopf fand sich auf der Blumenliste. Hatte Konstantin nicht behauptet, er könne Monika Treschniewski, die plappernde Kuh, nicht ausstehen? Von wegen geschäftlich! Wieso schickte er ihr dann nicht nur zum Geburtstag Rosen, sondern außerdem noch an fünf weiteren Tagen des Jahres? Gut, bei Julia Grafenberg konnte Joe die Blumensendung gerade noch rechtfertigen. Sie war sicher als Dankeschön für die Essenseinladung gedacht. Aber mussten es ausgerechnet rote Rosen sein? Rote Rosen hatten etwas mit Liebe zu tun. Deshalb wurde ihr schlecht, als sie den Namen Anna Bauer auf der Rosenliste sah. Das Bild, wie diese Fotografin Konstantin auf der Vernissage angehimmelt hatte, stieg vor ihrem geistigen Auge auf. Anna Bauer hatte, laut Bestellbuch, exakt an dem Tag ihren achtundzwanzigsten Geburtstag gefeiert, als die Blumen fälschlicherweise Joe geliefert worden waren. Anna Bauer war also die andere »süße Liebe« an die Konstantin »zärtlich« dachte. Joes Tränen flössen von selbst.
    »Was hast du denn?« Es war Marcs besorgte Stimme.
    »Lass mich bitte allein!« Ihr Ton war schroffer, als sie es beabsichtigt hatte.
    »Wieder Stress mit deinem Vater?«
    Joe schüttelte den Kopf und versuchte, ihren Tränenfluss unter Kontrolle zu bringen.
    Marc zog ein Tempo aus der Hosentasche und reichte es ihr.
    »Danke.« Joe schnäuzte sich so kräftig, 11 dass Marc sich ein liebevolles Lächeln nicht verkneifen konnte. Unaufgefordert setzte er sich neben sie. Eine Weile blickten sie schweigend in den Regen. Die Bäume bogen sich im Sturm, und der Wind war so stark, dass dicke Tropfen durch die noch fensterlose Außenwand zu ihnen hereindrangen. Joe bemerkte das nicht. »Marc«, sagte sie plötzlich in die Stille hinein, »würdest du fünf Frauen gleichzeitig rote Rosen schicken?«
    »Kann ich mir nicht leisten.« Marc war ein verdammter Pragmatiker.
    »Und wenn du es könntest?« Joe spürte seinen prüfenden Blick auf sich gerichtet.
    »Konstantin?«
    Joe nickte. Abwesend starrte sie über die trostlosen Dächer in den Regen, bevor sie sich erneut die Nase putzte und entschlossen das Buch zuklappte. »Wahrscheinlich ist das alles nur geschäftlich.«
    »Du musst es wissen«, meinte Marc vorsichtig.
    »Ja.« Joe stand auf, klopfte sich den Schmutz von der Hose und atmete tief durch, bevor sie sich wieder auf den Weg nach unten machte. Die Arbeit musste weitergehen.
    Joe rührte nichts von dem Linseneintopf an, den Alf am Abend gekocht hatte. Besorgt räumte er ihren Teller weg und setzte sich neben Joe aufs Sofa. Er reichte ihr eine Wolldecke, denn Joe fröstelte, obwohl die Wohnung gut temperiert war. Nicht einmal die Liebes-SMS, die Konstantin ihr in den frühen Abendstunden geschrieben hatte, hatte sie bislang beantwortet.
    Ich vermisse dich, hatte er geschrieben. Und er bedauerte es, dass er so viele Besprechungen wegen einer anstehenden Vernissage hatte, sodass sie sich an diesem und dem nächsten Abend nicht sehen konnten. Niemals zuvor hatte Joe an seinen Terminen gezweifelt. Jetzt jedoch fragte sie sich, ob seine Geschäftstermine in Wahrheit doch Dates mit anderen Frauen waren. Entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit stellte sie ihr Handy aus. Sie war zu unsicher, ob sie ihn mit ihren Entdeckungen konfrontieren oder besser dazu schweigen sollte.
    »Vielleicht sehe ich auch nur Gespenster«, meinte sie lakonisch zu Alf. Um sich abzulenken, schaltete sie den Fernseher an. In den Nachrichten berichteten sie von Steuererhöhungen, einer Grippeepidemie, einem Terroranschlag im Irak und einer Frau, die ihrem Mann und seiner Geliebten im Schlaf die Kehle durchgeschnitten hatte und jetzt steckbrieflich gesucht wurde. Joe schaltete den Fernseher wieder aus.
    »Warum fragst du ihn nicht einfach?« Nur Alf konnte auf so eine geradlinige Lösung kommen.
    Joe verzog das Gesicht. »Super. Soll ich ihm sagen, dass ich ihm nachspioniert und das Buch geklaut habe, weil ich so eifersüchtig bin?«
    »Die Rosen sind kein Beweis, dass er dich betrügt.«
    Das versuchte auch Joe sich einzureden. Inständig hoffte sie, es wäre wirklich so, und sie bemühte sich um ein Lächeln.
    »Wir könnten ein Video anschauen«, schlug Alf vor.
    »Wir haben nur Liebesfilme.«
    »Dich deprimiert heute wirklich alles!« Alf wirkte langsam genervt, was höchst selten bei

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