Der transparente Mann (German Edition)
einigen Zentimetern entstand. »Das ist überhaupt nicht lustig!«, rief sie wütend, aber dennoch erleichtert.
»Du machst nichts als Ärger!«, klang es zu ihr herein. Das war Konstantins Stimme.
»Meinst du, du kriegst das auf?« Jetzt hörte sich Joe nicht mehr wütend, sondern nur noch jämmerlich an. Und nun war es ihr auch egal, dass ausgerechnet Konstantin sie aus dieser misslichen Lage rettete.
»Ich kann es auch lassen«, tönte es wieder von draußen.
»Bitte, bitte! Ich habe Platzangst.«
»Okay, ich helfe dir, aber nur, wenn du laut genug schreist: ›Ich bin ein Star, holt mich hier raus!‹«
»Arschloch.«
»Wieso? Du bist doch jetzt berühmt.«
Joe schwieg. Zu so einer Peinlichkeit würde sie sich bestimmt nicht hinreißen lassen. Die Minuten bis zu ihrer Befreiung kamen ihr wie Stunden vor, und dann endlich klappte die Tür auf, und Sonnenlicht blendete sie. Wie aus einem U-Boot schwang Joe sich sofort durch die Luke nach oben. Als sie sich auf gleicher Höhe mit Konstantin befand, sagte sie, so cool sie nur konnte: »Saukomisch, echt!«
Konstantin lachte.
Dafür hasste Joe ihn noch mehr. Mit all der Enttäuschung der vergangenen Wochen und der frischen Wut im Herzen funkelte sie ihn an, bis sie dieses seltsame Klicken hörte. Es hörte sich an, als wären dutzende Fotoapparate auf sie gerichtet. Irritiert drehte Joe sich um und blieb wie erstarrt auf der Türkante sitzen. Das war keine Einbildung. Augenblicklich wich alles Blut aus ihrem Kopf. Da waren tatsächlich unzählige Fotografen und Journalisten, die sie jetzt allesamt umzingelten und sich auch von dem Gestank, der aus dem Klo strömte, nicht abhalten ließen. Unter ihnen befand sich keine Geringere als Monika Treschniewski. Fragen über Fragen prasselten auf Joe herein.
»Warum haben Sie diese Webpage gemacht?«
»Wollten Sie sich rächen?«
»War das hier die Antwort der Männer?«
»Wie soll es weitergehen?«
»Was würden Sie zu einer Webpage mit dem Titel Die transparente Frau sagen?«
Joe war viel zu überrascht, um zu reagieren, geschweige denn zu antworten. Aber sie registrierte jetzt, dass der Kran das Dixi-Klo auf den schweineteuren Ledersitzen von Konstantins Cabrio deponiert hatte. Sie hatte angenommen, Konstantin hätte sie nur befreit, um sie später eigenhändig umzubringen. Jetzt hörte sie jedoch, wie er plötzlich ganz jovial zu diesen Journalisten sagte:
»Natürlich verzeihe ich Johanna. Aber viel mehr hoffe ich, dass sie mir verzeiht. Wir haben zwar einen Rosenkrieg geführt, aber mit einem Happy End.«
Lügner! Das war doch alles nur Theater für die Presse. Oh, wie genau sie ihn durchschaute! Er allein wollte vor der Welt gut dastehen. Deshalb spielte er den Verständnisvollen, obwohl er wegen der ruinierten Ledersitze und ihrer Webpage sicher innerlich vor Wut kochte.
Joe verspürte plötzlich den unbändigen Drang zu fliehen. Sie wusste, sie würde sonst total ausflippen. Fieberhaft arbeitete ihr Gehirn an einem Plan, dem Wahnsinn hier so schnell wie möglich zu entkommen, als sie ein Hupen vernahm. Wie gehetzt drehte sie sich um, und ihr Herz klopfte laut, als sie kaum zehn Meter entfernt den Pritschenwagen mit dem Schriftzug Sanitär Benk sah. Marc saß mit laufendem Motor am Steuer und winkte ihr zu.
Joe zögerte nicht. Mit einem Satz rettete sie sich aus der schlagzeilensüchtigen Meute, sprintete an Monika Treschniewski vorbei zu ihrem Auto, ohne die Verräterin auch nur eines Blickes zu würdigen. Da die Beifahrertür ihres Autos bereits offen stand, konnte sie einfach hineinspringen. Sie saß kaum auf dem Sitz, da drückte Marc das Gaspedal auch schon voll durch. Jetzt trennte sie eine große Staubwolke vom Rest der Welt, und Joe fühlte sich auf einmal wie eine der Schönen an der Seite James Bonds, der bereit ist, mit ihr vor allem Bösen bis ans Ende der Welt zu fliehen.
Joe atmete tief durch und starrte angestrengt nach vorne. Die Ereignisse hatten sie völlig erschöpft. Noch konnte sie nicht so richtig sortieren, was genau passiert war, aber sie war froh, einen doch noch einigermaßen coolen Abgang hingelegt zu haben. Dankbar sah sie zu Marc hinüber, der die Scheibe heruntergekurbelt hatte und schon halb aus dem Fenster lehnte. Erst jetzt bemerkte Joe, welch übler Geruch von ihr ausging.
»Leider nicht Calvin Klein«, meinte sie, um ihre Verlegenheit zu überspielen. Auch wenn Marc die Hintergründe kannte, war es ihr peinlich, so zu stinken.
Er nickte nur knapp und ließ sich
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