Der Traum & Das Spiel der MacKenzies (German Edition)
kriegen, dann solltest du besser dein Hirn einschalten.“
Hinter Mel bewegte sich etwas. Drei Männer traten aus den Schatten hervor und näherten sich ganz offen. Zwei von ihnen trugen Anzüge, der dritte Khakihosen. Der in dem Anzug von der Stange musste der FBI-Informant sein, der in Khaki Hauers Bluthund. Beide trugen Waffen in der Hand. Der in der Mitte, in einem maßgeschneiderten italienischen Seidenanzug, war Hauer höchstpersönlich. Ein Lächeln stand auf seinem makellos gebräunten Gesicht.
„Meine Liebe.“ Vorsichtig stieg er über die verstreuten Rote-Beete-Scheiben und rümpfte die Nase über den Geruch. Dann sah er wieder zu Sunny. „Es ist gut, dich endlich zu treffen. Ein Vater sollte seine Kinder kennen, meinst du nicht auch?“
Sunny erwiderte nichts. Sekundenlang blickte sie ihrem Vater voller Abscheu und Verachtung entgegen. Chance konnte fühlen, wie die Angst von ihr abfiel, er spürte, wie sie sich plötzlich entspannte. Extreme Angst hatte manchmal diesen Effekt. Man fürchtete sich vor dem, was passieren konnte, und es war diese angespannte Erwartung, die einen lähmte. Wenn es dann so weit war und das Gefürchtete tatsächlich eintraf, schwand die Furcht. Chance hielt Sunny am Oberarm fest und wünschte sich, sie wäre weiter versteinert geblieben. Wenn sie Angst hatte, war Sunny mutig und tapfer. Niemand konnte ahnen, was sie tun würde, wenn sie glaubte, nichts mehr verlieren zu können.
„Ich hatte dich mir eigentlich imposanter vorgestellt“, sagte sie endlich und musterte Hauer herablassend.
Crispin Hauer lief vor Ärger rot an. Er war nicht unbedingt groß, vielleicht einssiebzig, und sehr schlank. Beide Männer zu seinen Seiten waren einen Kopf größer. Chance fragte sich, woher Sunny mit untrüglicher Sicherheit gespürt hatte, wie sie sein Ego ankratzen konnte.
„Bitte, komm aus diesem Matsch heraus. Falls du es über dich bringst, von der Seite deines Liebhabers zu weichen. Ich würde es dir empfehlen. Ein Kopfschuss ist eine unschöne Sache. Du willst doch nicht überall Spritzer seiner Gehirnmasse haben, oder? Ich habe mir sagen lassen, die Flecken lassen sich nie mehr auswaschen.“
Sunny rührte sich nicht. „Ich weiß nicht, wo Margreta ist. Du kannst mich also gleich hier umbringen, denn ich habe dir nichts zu sagen.“
Hauer schüttelte den Kopf. „Und das soll ich dir abnehmen, ja?“ Er hielt ihr eine Hand hin. „Du kannst allein da herauskommen, oder meine Männer werden dir helfen.“
Viel Licht steht nicht mehr am Himmel, dachte Chance. Wenn es Sunny gelingt, ihren Vater noch weiter aufzuhalten, ohne ihn aggressiv zu machen … Zane musste bald eintreffen. Wahrscheinlich ging er gerade in Position, um alle vier Männer im Blickfeld zu haben.
„Wo ist eigentlich der andere Typ?“, fragte Chance, um die Männer weiter abzulenken. „Ihr seid doch zu fünft, oder nicht?“
Der FBI-Mann und der Handlanger drehten sich um und sahen zu der Baumgruppe auf der anderen Straßenseite. Sie schienen leicht verwirrt, niemanden hinter sich zu sehen.
Mel dagegen ließ Chance nicht aus den Augen. „Lasst euch von ihm nicht verrückt machen“, knurrte er bissig. „Konzentriert euch auf euren Job.“
„Fragst du dich denn nicht, wo er ist?“ Chance lächelte Mel dünn an.
„Ist mir schnuppe. Der interessiert mich nicht. Vielleicht ist er ja vom Baum gefallen und hat sich den Hals gebrochen.“
„Das reicht.“ Dieses sinnlose Geschwätz widerte Hauer an, man hörte es in seiner Stimme. „Sonia, komm jetzt aus dem Bach raus. Ich garantiere dir, es wird dir nicht gefallen, wenn meine Männer dich holen müssen.“
Voller Verachtung ließ Sunny den Blick über ihn gleiten. Und dann, unfassbar, begann sie zu singen! Ein Spottvers, von der Art, mit dem Grundschüler einen Klassenkameraden hänseln, den sie nicht leiden konnten.
„Äffchenmann, Äffchenmann, sieh ihn dir nur an, den Äffchenmann. Er ist so hässlich, er ist so klein, er braucht sogar eine Leiter, um sich am Hintern zu kratzen.“
Das reimt sich nicht einmal, dachte Chance verblüfft. Kinder, grausam wie sie nun manchmal waren, legten keinen Wert auf solche Details. Ihnen geht es nur um die Wirkung.
Und die traf ihr Ziel mit einer Macht jenseits von Chances Vorstellung.
Mel Darnell unterdrückte ein Lachen. Die beiden anderen Männer erstarrten und achteten peinlich genau darauf, keine Regung auf ihren Mienen zu zeigen. Crispin Hauer lief purpurrot an, seine Augen schienen ein Stück
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