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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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stellen, sobald es zum Kampf kommt. Jakob, deinen Bruder, beordere ich nach Seußlitz, zu seinem Sohn. Dort dürften sie abseits des Geschehens in Sicherheit sein. Albrecht will auch den Burgkommandanten von Seußlitz in Freiberg wissen. Seine Mutter ist ihm im Moment die geringere Sorge …«
    »
Ich
soll Albrecht aufhalten? Forderst du mich gerade auf, deinen Lehnsherrn zu töten?«, fragte Lukas kühl. »Nein, du musst es nicht aussprechen … Sag mir nur: Was treibt dich zu diesem Sinneswandel?«
    Gerald ließ sich neben seinem Schwager auf dem bemoosten Baumstamm nieder und starrte auf die grasenden Pferde.
    »Albrecht hat sich meine Frau ins Bett geholt«, gestand er leise. Es kostete ihn Überwindung, das auszusprechen; zu niemandem sonst hatte er darüber ein einziges Wort verloren.
    »Nicht unter Zwang wie deine Nichte. Ich muss mich wohl damit abfinden, dass sie freiwillig das Lager mit ihm teilte. Als Lucardis starb, auf dem Hoftag in Merseburg, du warst dabei … Das Kind, das sie damals trug, war womöglich seines. Ich gab ihr die Schuld, denn Gott ist mein Zeuge: Sie war eine selbstsüchtige, verlogene und verdorbene Frau. Und sie konnte jeden Mann betören, wenn sie nur wollte. Ich werde nie herausfinden, ob sie mich auch mit anderen betrog. Jetzt büßt sie dafür an einem schrecklichen Ort … Aber ich sagte mir immer wieder: Albrecht ist der von Gott gewollte Herrscher über die Mark Meißen. Sich gegen ihn zu wenden heißt, Gottes Ordnung in Frage zu stellen. Ich habe ihm einen Eid geschworen. Also gehorchte ich seinen Befehlen … und lud unsägliche Schuld auf mich. Mit meinem Schwert hat er Reinhard getötet. Ich unternahm nichts dagegen, als Elmar deine Stieftochter bedrohte. Ich sah zu, wie Albrecht dreitausend Mark Silber vom Altar des Marienklosters raubte. Da begriff ich: Er kann nicht Gottes Mann sein; so etwas geht nur mit Zutun des Teufels. Und trotzdem schickte ich auf seinen Befehl Hunderte Männer in einen sinnlosen Tod. Sie könnten heute noch leben, hätte ich ihn aufgehalten …«
    »Du hättest ihn nicht aufgehalten, nicht einmal Elmar konnte das«, widersprach Lukas, während er sich zwang, die Sache mit Clara vorerst zu ignorieren, so sehr sie ihn auch aufbrachte. Es war geschehen, und Gerald jetzt dafür mit Vorwürfen zu überschütten, würde nichts bessern.
    »Aber wenn ich mir vorstelle, dass er bereit ist, das ganze Land in Flammen aufgehen zu lassen, Tausende Leben zu vernichten …«, fuhr der Marschall mit seinem unerwarteten Geständnis fort. »Diese Schuld kann ich nicht auch noch auf mich laden. Ich habe Albrecht einen Lehnseid geschworen. Aber ich habe auch geschworen, die Schwachen zu schützen. Gott wird über mich richten.«
    Gerald hob einen dürren Ast auf, der zu seinen Füßen lag, zerbrach ihn und warf die beiden Stücke auf die Erde. Dann erhob er sich mit einem Ruck, ohne eine Antwort abzuwarten. »Ich habe überlegt, ihn selbst zu töten. Aber das kann nicht einer allein schaffen. Ich kann keinem trauen, und keiner traut mir. Es muss gut vorbereitet sein. Elmar hat die Leibwachen verdoppelt, seit Albrecht diesseits der Alpen ist, und lässt ihn keinen Schritt allein. Ich will nicht wissen, was du jetzt planst. Dann kann ich es auf der Folter nicht verraten. Aber sobald ich erfahre, wann genau Albrecht in Freiberg sein wird und was er dort vorhat, schicke ich dir einen schnellen Reiter mit geheimer Nachricht – den jungen Johann, der einmal mit deinem Stiefsohn befreundet war. Dann entscheide, was du tust.«
    Nun sah er dem Schwager direkt in die Augen, das Gesicht voller Bitterkeit. »Ich schwöre noch einmal bei meiner Ehre: Jedes Wort ist wahr.«
    Ohne Abschiedsgruß saß er auf und ritt davon.
    Nachdenklich blieb Lukas zurück. Dann stemmte er sich hoch, um zu seinem Freund Raimund zu reiten, dessen neues, von Dietrich verliehenes Land nur wenige Meilen von hier entfernt war.
     
    »Eine Handvoll entschlossener Männer; wir dringen durch den geheimen Fluchtweg zum Verlies in die Burg ein, überwältigen die Leibwachen und töten ihn«, entschied Raimund sofort, nachdem Lukas ihm unter vier Augen von Geralds Besuch berichtet hatte.
    Lukas stimmte mit einem Nicken zu. Das war das naheliegende Vorgehen. »Wir wissen beide schon lange, eigentlich seit Christians Tod, dass dieser Tag einmal kommen musste«, meinte er dann.
    Dabei ging ihm durch den Kopf: Das ist etwas, das Christian vermutlich nie getan hätte. Macht mich das schlechter als ihn?

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