Der Traum des Highlanders
sollte ich den Kerlen vielleicht etwas bieten, damit mein Onkel nicht als Lügner dasteht und damit sie heimgehen und ihre eigenen Märchen erzählen können, wenn der Clan abends am Lagerfeuer zusammensitzt.«
»Aber was willst du tun?«
Er nahm ihre Hand, führte sie direkt auf die feindlichen Krieger zu, blieb vor Angus stehen und redete auf Gälisch auf ihn ein.
Catherine schob sich möglichst nah an Ian heran.
»Er erzählt Angus, dass er seinen Sohn gekannt hat und dass Michael MacBain ein großer Krieger war, auf den jeder Vater stolz gewesen wäre«, übersetzte der alte Mann für sie.
Dann zog Robbie seinen Dolch aus seinem Gürtel und hielt ihn Angus hin. Der alte MacBain’sche Krieger umklammerte den Dolch so fest, dass er sich damit in die Finger schnitt, und sah dann wieder Robbie an.
»Das ist Michaels Dolch«, raunte Ian Catherine zu. »Jetzt zeigt Robbie Angus den Griff von seinem Schwert, das einmal das Schwert von Angus’ Bruder, Robert MacBain, war.«
Angus war Robbies Großvater? Auf keinen Fall hatte Robbie seinen hohen Wuchs von ihm geerbt. Angus MacBain war nämlich kaum größer als sie. »Gibt er ihm jetzt etwa auch noch sein Schwert?«, fragte sie mit gedämpfter Stimme und schob sich noch dichter an Ian heran, obwohl Robbie noch immer ihre Hand umklammert hielt.
»Nein«, antwortete Ian. »Angus hat ihn darum gebeten, aber Robbie hat ihm erklärt, dass Robert wollte, dass er das Schwert bekommt, damit er sich stets daran erinnert, dass er nicht nur den MacKeages, sondern auch den MacBains verpfichtet ist. Jetzt sagt er, sie sollen wissen, dass sie in ihm einen mächtigen Beschützer haben, der gut für sie sorgt, und dass er den Damm zum Einsturz bringen wird, damit ihr Vieh wieder aus dem Snow River trinken kann.«
»Kriegt er das denn hin?«
Ian zuckte mit den Schultern. »Der Junge hat noch nie irgendwelche leeren Versprechungen gemacht.«
Dann führte Robbie Catherine an den staunenden Kriegern vorbei, und Ian und Angus marschierten hinter ihnen her. Die Krieger allerdings stolperten, statt ihnen ebenfalls zu folgen, eilig den Hügel hinunter auf das trockene Flussbett zu.
»Ich habe ihnen gesagt, dass sie ihre Pferde in Sicherheit bringen sollen«, erklärte Robbie, während er ihr über einen umgestürzten Baumstamm half. »Was macht dein Passagier?«
»Dem geht’s prima«, meinte sie und klopfte auf das Bündel unter ihrem Plaid. »Ich habe sogar den Eindruck, dass er eingeschlafen ist. Schaffst du es wirklich, den Damm zum Einsturz zu bringen?«
»Ja. Er ist nicht sehr stabil, es dürfte also nicht besonders schwierig werden.«
Plötzlich hörten sie von der anderen Seite des Sees das Donnern Dutzender Pferdehufe, und als sie aus dem Wald an den Rand des Dammes traten, baute sich Niall mit mindestens zweihundert Kriegern am gegenüberliegenden Ufer auf.
Robbie rief Niall etwas zu, zeigte auf die beiden alten Männer und redete mehrere Minuten auf Gälisch, bis Niall sich aus dem Sattel seines Pferdes schwang und über den Damm auf sie zugelaufen kam.
»Du solltest jetzt nach Hause gehen«, sagte Robbie auf Englisch zu Ian, drehte sich zu seinem Onkel um, zog ihn an seine Brust und hielt ihn ein paar Sekunden lang eng umschlungen, ehe er ihn auf die Wange küsste und mit seinem Daumen eine Träne aus dem Gesicht des alten Mannes strich. Dann füsterte er Ian noch etwas ins Ohr, schlug ihm kräftig auf die Schulter, sah ihn lächelnd an und füsterte ihm noch einmal etwas zu.
»Sag Ian Lebwohl, Catherine.« Er zog sie vor den alten Mann. »Ihr werdet euch nicht wiedersehen.«
Seine Worte trafen Cat wie ein Dolchstoß ins Herz. Sie hatte noch gar nicht daran gedacht, dass sie Ian niemals wiedersehen würde. Dass sie niemals wieder seine herrlich melodiöse Stimme hören, nie wieder von ihm in den Arm genommen und ihm nie wieder in die Augen sehen würde, die von so vielen Lachfältchen umgeben waren, dass er unmöglich verbergen konnte, was für ein gutmütiger Mensch er war.
»Ah, Catherine«, seufzte Ian und zog sie an seine Brust. »Vergiss nicht, dass Männer Zeit brauchen, um sich an die Ehe zu gewöhnen«, wisperte er dicht an ihrem Ohr. »Liebe meinen Neffen einfach, und versuch, öfter zu lachen als zu schelten, ja? Und danke, dass du mich auf meiner Reise nach Hause begleitet hast.«
Sie weinte so heftig, dass sie blind vor Tränen war, als Robbie sie von Ian fort an seine Seite zurückzog. Das Kätzchen, das an Ians Brust fast erdrückt worden wäre,
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