Der Traum des Highlanders
sich wieder Nathan zu, fuhr aber herum, als Nora schreiend angelaufen kam.
Sie stürzte auf das kleine Mädchen zu. »Was ist passiert?«
»Ein Monster«, heulte Nora. »Daddy ist in der Scheune!«
Im selben Augenblick kam Cody durch die Tür gestürzt. Er sah ebenfalls völlig hysterisch aus, und als Nora ihn erblickte, riss sie sich wimmernd von ihr los.
Catherine klammerte sich an der Kleinen fest. Ron war hier! Er war hier!
»Daddy ist auf dem Heuboden!«, heulte ihre Tochter und vergrub den Kopf an Catherines Bauch.
»Das war ich!«, gab Cody kleinlaut zu. »Ich habe nur Spaß gemacht. Ich habe einfach nicht daran gedacht. Es tut mir leid!«
Fauchend kam Gunter aus dem Wohnzimmer gestürmt.
»Du Bastard!«, brüllte er, und Catherine musste schreckensstarr mit ansehen, wie er die geballte Faust in Richtung des schockierten, kreidebleichen Cody fliegen ließ.
Endlich erwachte Catherine aus ihrer Erstarrung und schrie erschrocken auf. »Gunter!«
Sie verfolgte wie in Zeitlupe, wie Gunters Faust auf Codys Kiefer traf. Der Hinterkopf des Jungen krachte hart gegen die Wand, und bevor er auch nur wieder halbwegs zu sich kam, boxte ihm Gunter bereits in den Bauch, worauf er schlaff in sich zusammensank.
Catherine rannte los und baute sich zwischen dem erbosten Gunter und seinem Opfer auf.
Sie war derart auf Gunter konzentriert, dass sie nicht sah, dass ihr Marcus Saints zu Hilfe kommen wollte, Robbie den Sozialarbeiter aber bei der Schulter packte, damit dieser stehen blieb.
»Du Hurensohn!« Gunter versuchte sich an ihr vorbeizuschieben.
»Gunter! Nein!«, rief sie, als er Cody den nächsten Hieb verpassen wollte, und stellte sich ihm erneut entschlossen in den Weg. »Es reicht«, fuhr sie ein wenig ruhiger fort. »Du wirst ihn nicht noch einmal schlagen, ist das klar?«
Gunter sah sie wütend an. »Sie haben es gehört! Er hat Nora Angst gemacht. Dafür bringe ich ihn um.«
»Oh nein, das tust du nicht!«, erklärte Catherine ihm entschieden, und auch wenn sie zusammenzuckte, als der Junge sie zur Seite schieben wollte, rührte sie sich nicht vom Fleck.
Er packte ihre Schultern, doch sie reckte den Kopf und sah ihn durchdringend an. »Er hat einen Fehler gemacht«, erklärte sie ihm leise. »Cody würde Nora nie absichtlich Angst einjagen. Er hat nur Spaß gemacht.«
»Woher wollen Sie das wissen?«
Catherine legte eine Hand auf seine Brust. »Weil ich Cody vertraue, Gunter. Er hat einfach nicht nachgedacht.«
»Ich werde dafür sorgen, dass er das in Zukunft macht!« Damit schob er sich an ihr vorbei, doch sie baute sich nochmals vor ihm auf und zischte, inzwischen ebenfalls erbost: »Und wie willst du das machen, Gunter?« Sie schob den rechten Ärmel ihrer Bluse hoch, damit er eine der drei Jahre alten Narben sah. »Vielleicht so?« Sie zog den Saum der Bluse hoch und zeigte eine zweite Narbe, die von ihrer Taille bis unterhalb des Brustbeins lief. »Oder so?« Jetzt wandte sie dem verstörten jungen Mann den Rücken zu, hob ihre Haare hoch und zeigte auf die vielleicht fünf Zentimeter lange Narbe in ihrem Genick. »Vielleicht würde ihn das ja dazu bringen, dass er in Zukunft überlegt!«
Sie sah Gunter wieder an. »Aber glaubst du, dass sich Nora sicher fühlt, wenn du Cody zusammenschlägst?«, fragte sie mit zusammengebissenen Zähnen, machte einen Schritt nach vorn, und der plötzlich bleiche Gunter machte eilig einen Schritt zurück. »Haben die drei Wochen, die ich im Krankenhaus gelegen habe, damit der Vater meiner Kinder ins Gefängnis kommt, auch nur eins meiner Probleme gelöst?«
Plötzlich wurde Catherines Zorn durch Resignation ersetzt. »Verstehst du denn nicht, Gunter?«, fragte sie mit tränenerstickter Stimme. »Ich habe Nora zu einem so ängstlichen Kind gemacht, dass ein harmloses Versteckspiel sie schon panisch werden lässt.«
Gunter atmete keuchend ein und aus, sah sie aber immer noch zweifelnd an. »Woher wollen Sie wissen, dass Cody nicht einfach gemein war?«
»Ich vertraue ihm, Gunter. Ich vertraue ihm nicht weniger als dir.«
Wieder legte Catherine eine Hand auf seine Brust und führte mit ruhiger Stimme aus: »Du hast einfach nicht nachgedacht, Gunter. Du lebst schon länger als ich mit Cody zusammen. Würde er Nora absichtlich erschrecken? Wäre er wirklich so gemein?«
»Nein.«
»Du solltest ihn um Verzeihung bitten.«
Cody, der bisher entweder aus Klugheit oder aus Benommenheit schweigend auf dem Fußboden gesessen hatte, atmete plötzlich zischend ein.
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