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Der Traum des Kelten

Der Traum des Kelten

Titel: Der Traum des Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vargas Mario LLosa
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der Flusshäfen auf brasilianischem Gebiet von Bord gehen und dort so lange bleiben würden, bis Roger sie auf seinem Weg von Iquitos nach Europa an Bord der Atahualpa wieder auflesen und in Barbados absetzen würde. Er vertraute Frederick Bishop seinen Plan an. Bishop war einverstanden, riet Roger jedoch, ihn den anderen Barbadiern besser erst in letzter Minute zu unterbreiten.
    Es herrschte eine seltsame Stimmung an der Anlegestelle von La Chorrera. Keiner der Vorsteher war gekommen, um sie zu verabschieden. Es hieß, einige von ihnen seien in Richtung Brasilien oder Kolumbien aufgebrochen. Juan Tizón, der einen weiteren Monat in Putumayo blieb, umarmte Roger und wünschte ihm viel Glück. Die Kommissionsmitglieder, die ebenfalls noch ein paar weitere Wochen mit Inspektionsarbeiten vor Ort zubringen würden, begleiteten ihn bis zur Landebrücke. Sie vereinbarten, dass sie sich in London treffen und gemeinsam Rogers Bericht durchgehen würden, ehe er ihn dem Foreign Office vorlegte.
    In der ersten Nacht auf dem Fluss stand ein rötlicher Vollmond am Himmel, dessen Schein sich im dunklen Wasser spiegelte wie glitzernde Sternchen oder winzige Leuchtfische. Ringsum war alles still und schön, bis auf den allgegenwärtigen Kautschukgestank. Roger lehnte lange an der Reling des Achterdecks, in die Betrachtung des bewegenden Naturschauspiels versunken, Tränen liefen ihm über die Wangen. Gütiger Gott, welch himmlischer Frieden!
    Erschöpfung und Angstzustände machten es ihm in den ersten Tagen unmöglich, seine Notizen auszuwerten und mit dem Bericht voranzukommen. Er schlief wenig, wurde von Albträumen heimgesucht. Immer wieder stand er nachts auf und trat auf die Brücke hinaus, um bei wolkenklarem Himmel Mond und Sterne zu betrachten. Auf dem Schiff war auch ein Beamter der brasilianischen Zollbehörde. Roger fragte ihn, ob die Barbadier an einem der brasilianischen Häfen von Bord gehen könnten, um weiter nach Manaus zu reisen. Der Beamte versicherte ihm, das sei problemlos möglich. Trotzdem blieb Roger angespannt. Er befürchtete, die Peruvian Amazon Company könnte sich auf irgendeine Weise den Sanktionen entziehen. Nachdem er so unmittelbarer Zeuge geworden war, welchem Schicksal die Eingeboren ausgesetzt waren, musste er dringend dafür sorgen, dass die Welt davon erfahren und etwas dagegen getan werden würde.
    Und er musste ständig an Irland denken. Seit er zu der Überzeugung gelangt war, dass nur eine durchschlagende Aktion seine Heimat davor bewahren könnte, endgültig »ihre Seele zu verlieren«, brannte er vor Ungeduld darauf, sich ganz der Vorbereitung eines Aufstandes widmen zu können.
    Mit dem Überqueren der Grenze zu Brasilien fiel das Gefühl einer lauernden Gefahr von ihm ab. Doch sie würden erneut auf den Amazonas und in peruanisches Hoheitsgebiet gelangen, wo ihn zweifellos wieder die Furcht überkommen würde, irgendeine unvorhergesehene Katastrophe könnte seine Mission zum Scheitern bringen.
    Am 21. November 1910 verließen in dem am Javari gelegenen brasilianischen Ort Esperanza vierzehn Barbadier, vier der mitgereisten Frauen und vier Kinder das Schiff. Am Vorabend hatte er sie zusammengerufen und ihnen erklärt, welchen Risiken sie sich aussetzen würden, wenn sie ihn bis nach Iquitos begleiten würden. Ein Großteil der Barbadier zeigte sich auf seine Warnungen hin einverstanden damit, in Esperanza von Bord zu gehen und das nächste Schiff nach Manaus zu nehmen, wo sie unter dem Schutz des britischen Konsulatsdarauf warten sollten, bis Roger sie auf der Atahualpa , die für die Booth Line die Strecke Iquitos–Manaus–Pará fuhr, wieder auflesen würde. Von Pará aus würden sie ein Schiff nach Barbados nehmen. Roger übergab ihnen zum Abschied ausreichend Proviant, eine offizielle Bestätigung, dass die britische Regierung ihre Schiffspassage nach Manaus übernehmen werde, und ein Empfehlungsschreiben an den britischen Konsul in Manaus.
    Arédomi und Omarino begleiteten Roger weiter nach Iquitos, wie auch Frederick Bishop, John Brown mit Frau und Sohn, Larry Clarke und Philip Bertie Lawrence, ebenfalls mit zwei kleinen Kindern. Die Barbadier wollten in Iquitos noch einige Sachen mitnehmen und Schecks einlösen, die das Unternehmen ausgestellt hatte. Die vier verbleibenden Tage an Bord widmete sich Roger seinen Papieren und der Anfertigung eines Berichts für die peruanischen Behörden.
    Am 25. November erreichten sie Iquitos. Der britische Konsul Stirs bestand erneut darauf,

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