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Der Traum des Kelten

Der Traum des Kelten

Titel: Der Traum des Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vargas Mario LLosa
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Kautschukstationen in Putumayo gebe, ob etwa für die Treibjagden oder Überfälle auf Eingeborenendörfer, und Arana antwortete: »Aber nein, die sind für die Verteidigung gegen die wilden Tiere, von denen wimmelt es dort nur so.« Er versuchte, alles zu leugnen, räumte jedoch ein, ja, in der Tat habe er einmal von einer Indiofrau gehört, die lebendig verbrannt worden sei, aber das sei lange her. Alle Übergriffe hätten sich nach seinem Dafürhalten in einer fernen Vergangenheit zugetragen.
    Der Kautschukunternehmer geriet jedoch in Bedrängnis bei dem Versuch, Walter Hardenburgs Glaubwürdigkeit in Zweifel zu ziehen. Er beschuldigte den Amerikaner, in Manaus einen Wechsel gefälscht zu haben. An dieser Stelle unterbrach ihn Swift McNeill mit der Frage, ob er es wagen würde, Hardenburg, den man in Kanada vermutete, von Angesicht zu Angesicht als »Fälscher« zu bezichtigen. »Aber ja«, sagte Arana. »Dann haben Sie jetzt die Gelegenheit«, entgegnete McNeill. »Hier ist er.«
    Hardenburgs Eintreten sorgte für Unruhe im Saal. Auf den Rat seines Anwalts zog Arana seine Behauptung zurück und erklärte, er beschuldige nicht Hardenburg, sondern »irgendjemanden«, in Manaus einen Wechsel eingelöst zu haben, der sich als falsch erwiesen habe. Hardenburg konnte glaubhaft darstellen, dass es sich um ein Komplott gehandelt habe, das die Gesellschaft Arana mit Hilfe eines übel beleumdeten Individuums namens Julio Muriedas ersonnen habe, das augenblicklich in Pará wegen Betrugs im Gefängnis sitze. Arana verlor die Haltung und geriet ins Straucheln. Seine Antworten wurden immer unschlüssiger und wirrer, man merkte ihm die Nervosität an.
    Die Parlamentskommission war noch zugange, da brach eine weitere Katastrophe über Arana herein. Richter Winfen Eady vom Höchsten Gerichtshof verfügte auf Antrag einer Gruppe von Aktionären die sofortige Einstellung aller Geschäftstätigkeiten der Peruvian Amazon Company . In der Erklärung des Richters hieß es, die Gesellschaft erwirtschafte Gewinn damit, »Kautschuk auf die grausamste Weise zu sammeln, die man sich nur vorstellen kann«, und dass »Mr. Aranas Schuld noch größer sei, sollte er nichts davon gewusst haben, denn mehr als jeder andere habe er die absolute Pflicht, darüber informiert zu sein, was sich in seinem Namen zutrage«.
    Der abschließende Bericht der Parlamentskommission war nicht weniger deutlich. Er schloss mit den Worten: »Mr. Julio C. Arana wusste ebenso wie seine Partner Bescheid über die von seinen Mittelsmännern und Angestellten in Putumayo begangenen Gräueltaten, deren Hauptverantwortlicher er damit ist.«
    Die Veröffentlichung des Kommissionsberichts machte Julio C. Aranas Ruf endgültig zunichte. Sein mächtiges Imperium, das er als einfacher Junge aus dem peruanischen Rioja gegründet hatte, war dem Untergang geweiht.
    Doch zu diesem Zeitpunkt hatte Roger sich bereits wieder ganz Irland zugewandt. Nach seiner Rückkehr aus einem kurzen Urlaub bot das Foreign Office ihm den Posten des Generalkonsulsin Rio de Janeiro an, was Roger zunächst annahm. Doch er zögerte die Abreise immer weiter hinaus, wofür er gegenüber dem Ministerium und vor sich selbst zahlreiche Argumente anführte, doch im Grunde seines Herzens hatte er bereits beschlossen, dass er nicht wieder als Diplomat oder in anderer Position für die britische Krone tätig sein würde. Es drängte ihn danach, sich endlich ganz dem zu widmen, was von nun an seine Lebensaufgabe sein sollte: Irlands Unabhängigkeit.
    Deshalb verfolgte er die letzten Geschehnisse um die Peruvian Amazon Company und ihren Besitzer nur noch aus der Ferne. Bei den Kommissionssitzungen hatte sich durch das Geständnis des Hauptgeschäftsführers Henry Lex Gielgud herausgestellt, dass Aranas Unternehmen keinerlei Besitztitel für die Gebiete in Putumayo besaß, sondern dort nur »nach dem Aneignungsprinzip« tätig sei, was das Misstrauen der Banken und Aktionäre noch verschärfte. Sofort drängten sie Arana, seinen ausstehenden Zahlungen und Verpflichtungen nachzukommen – allein in der City beliefen sich seine Schulden auf über zweihundertfünfzigtausend Pfund. Von allen Seiten drohte man mit Boykott und Pfändung seiner Güter. Arana verkündete öffentlich, er werde zur Rettung seiner Ehre bis zum letzten Cent alles bezahlen, und schrieb sein Londoner Stadthaus an der Kensington Road, seine Villa in Biarritz und sein Genfer Domizil zum Verkauf aus. Da die erzielte Summe jedoch nicht ausreichte,

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