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Der Traum des Kelten

Der Traum des Kelten

Titel: Der Traum des Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vargas Mario LLosa
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zusätzliche Stühle bringen lassen und verteilte Strohfächer, damitsie sich etwas Luft zuwedeln könnten. Wie am Vorabend trug er Reithosen und Stiefel, doch statt der bestickten Weste eine weiße Leinenjacke und darunter ein hochgeschlossenes Hemd russischen Stils. Mit seinen weißen Schläfen und den geschliffenen Manieren wirkte er sehr vornehm. Sie erfuhren, dass er als Berufsdiplomat jahrelang in Europa tätig gewesen sei und diese Präfektur übernommen habe, weil der Präsident der Republik, Augusto B. Leguía – er zeigte auf die Fotografie eines eleganten kleinen Mannes in Frack mit Fliege und Schärpe –, höchstpersönlich ihn darum gebeten habe.
    »Ich soll Ihnen viele Grüße von ihm übermitteln«, fügte er hinzu.
    »Wie gut, dass Sie Englisch sprechen und wir auf einen Dolmetscher verzichten können«, sagte Roger.
    »Mein Englisch ist sehr schlecht«, widersprach Rey Lama selbstzufrieden. »Sie werden nachsichtig sein müssen.«
    »Die britische Regierung bedauert, dass die Gesuche an die Regierung von Präsident Leguía, den Anschuldigungen bezüglich Putumayo nachzugehen, ignoriert worden sind.«
    »Ein juristisches Verfahren ist eingeleitet, Señor Casement«, unterbrach ihn der Präfekt. »Meine Regierung hat dafür nicht auf Seine Majestät gewartet. Man hat einen angesehenen Sonderrichter ernannt, Carlos A. Valcárcel, er ist bereits unterwegs nach Iquitos. Wie Sie wissen, ist die Entfernung zwischen Lima und Iquitos beträchtlich.«
    »Aber warum einen Richter aus Lima schicken?«, wandte Louis Barnes ein. »Gibt es keine Richter in Iquitos? Gestern beim Abendessen haben Sie uns doch einige vorgestellt.«
    Roger bemerkte den mitleidigen Blick, mit dem Rey Lama Barnes bedachte, als hätte er ein einfältiges Kind vor sich.
    »Dieses Gespräch ist vertraulich, nicht wahr, meine Herren?«, fragte er schließlich.
    Alle nickten, dennoch zögerte der Präfekt einen Moment, ehe er antwortete:
    »Dass meine Regierung einen Richter aus Lima für die Untersuchung entsandte, ist ein Zeichen ihres guten Willens«,erklärte er. »Am einfachsten wäre es natürlich gewesen, einen Untersuchungsrichter vor Ort damit zu beauftragen. Doch das hieße …«
    Er verstummte betreten.
    »Ich glaube, ich muss nicht deutlicher werden«, fügte er schließlich hinzu.
    »Wollen Sie damit sagen, dass kein Richter aus Iquitos es wagen würde, dem Unternehmen von Arana die Stirn zu bieten?«, fragte Roger behutsam.
    »Wir sind hier nicht im kultivierten, wohlhabenden England, meine Herren«, murmelte der Präfekt betrübt. Er trank das Wasserglas, das er in der Hand hielt, mit einem Schluck aus. »Ein Reisender ist von Lima bis hierher Monate unterwegs, die Gehälter von Richtern, Obrigkeit, Militär und Beamten brauchen noch viel länger. Oder kommen schlichtweg nie an. Wovon sollen diese Menschen leben, während sie auf ihre Löhne warten?«
    »Von der Großzügigkeit der Peruvian Amazon Company ?«, mutmaßte Walter Folk.
    »Legen Sie mir keine Worte in den Mund, die ich so nicht gesagt habe«, wehrte Rey Lama mit erhobener Hand ab. »Das Unternehmen von Señor Arana schießt den Funktionären ihre Gehälter in Form von Darlehen vor. Im Prinzip müssen diese Beträge mit niedrigen Zinsen zurückgezahlt werden, sie sind kein Geschenk. Es handelt sich nicht um Bestechung, sondern um ein rechtmäßiges Abkommen mit dem Staat. Dennoch ist es verständlich, dass Richter, die von diesen Darlehen leben, nicht ganz unparteiisch sind, was die Gesellschaft von Señor Arana betrifft. Das sehen Sie doch ein, nicht wahr? Die Regierung schickt einen Richter aus Lima, damit er eine vollkommen unabhängige Untersuchung durchführt. Ist das nicht der beste Beweis, dass ihr viel daran liegt, die Wahrheit aufzudecken?«
    »Gibt es Regierungsvertreter in der Region, die wir besuchen werden?«, fragte Roger.
    »Abgesehen von wenigen Polizeiinspektoren, nein«, antworteteRey Lama. »Es ist eine sehr abgelegene Gegend. Bis vor wenigen Jahren alles Dschungel, bevölkert von wilden Stämmen. Wen hätte die Regierung dorthin schicken sollen? Und wozu? Damit sie von den Kannibalen aufgefressen werden? Dass es da inzwischen Handel gibt, erste Ansätze eines zivilisierten Lebens, ist Julio C. Arana und seinen Brüdern zu verdanken. Das muss man auch bedenken. Sie haben diese Gebiete für den peruanischen Staat erobert und erschlossen. Ohne die Gesellschaft wäre Putumayo von Kolumbien besetzt, das seit langem ein Auge auf die Region geworfen

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