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Der Traum des Schattens

Der Traum des Schattens

Titel: Der Traum des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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Schulter.
    » Es verstößt gegen die Regeln, sich in die Jagd anderer einzumischen«, sagte einer. » Oder lässt du immer andere die Vorarbeit leisten?«
    Hanna hätte den Schatten verraten können, dass sie sich ausgerechnet den Bruder des Königs für ihre nächtliche Mahlzeit ausgesucht hatten. Sie hätte sie daran erinnern können, dass sie ganz bestimmt keinen Ärger mit Seiner Majestät haben wollten. Aber es stand zu befürchten, dass Kunun dann erfuhr, dass sie sich heimlich mit Mattim traf. Nein, diese Angelegenheit musste ganz unauffällig geregelt werden, ohne dass irgendjemand etwas mitbekam.
    Sie musste dem Grüppchen nur deutlich machen, wer hier die Oberhand hatte. In Hanna erwachte etwas, von dem sie nicht gewusst hatte, dass es in ihr wohnte. Aus ihrer Brust stieg ein tiefes Grollen auf, alle ihre Sinne waren geschärft. Der Duft des bevorstehenden Kampfes lag in der Luft, bitter und wild, und das Raubtier in ihrer Seele fuhr die Krallen aus. Sie zog die Oberlippe hoch und entblößte ihre Fangzähne. Die Zähne fletschen, springen, beißen … Hanna hatte keine Zeit, die beunruhigenden neuen Gefühle zu analysieren oder auch nur darüber zu erschrecken. Der Wunsch zu kämpfen loderte in ihr auf, stark und überwältigend wie ein Sturm, und dennoch war sie noch so sehr Herrin ihrer selbst, dass sie den Männern die Möglichkeit bot, sich ohne ihr Gesicht zu verlieren zurückzuziehen.
    » Es ist zwar eure Jagd, aber die falsche Beute. Ihr seid vielleicht noch nicht sehr lange dabei, sonst wüsstet ihr, dass man sich nicht an den Besitztümern anderer Schatten vergreift.«
    » Hey, reg dich ab. Das konnten wir ja nicht ahnen.«
    » Kommt«, sagte einer zu seinen Freunden, » es gibt noch genug andere Menschen in der Nähe.«
    Möglichst lässig schlenderten die fünf weiter.
    » Was war das denn?«, fragte Mattim.
    » Vergiss es!«, fuhr sie ihn an. Noch immer wallte der Zorn durch ihre Adern, duckte sich die Bestie in ihr, bereit zum Sprung.
    » Ich wäre mit ihnen allein fertiggeworden«, sagte er. » Das weißt du genauso gut wie ich … oder nein, wahrscheinlich nicht, denn du hast mich ja angeblich nie kämpfen sehen. Das kleine Intermezzo mit Mirontschek zählt nicht.«
    » Du solltest Budapest verlassen«, sagte sie. » Im Ernst. Wenn du ein Mensch bleiben willst, ist es hier zu gefährlich für dich.«
    » Ich werde mich nicht noch einmal verwandeln.«
    » Ausgesaugt werden willst du bestimmt auch nicht!« Sie musste ihre Stimme gewaltsam dämpfen. » Manche Schatten hören nicht rechtzeitig auf. Ich will nicht, dass dir etwas passiert.«
    Er lachte leise. Soldat, Truppenführer, Eroberer von Akink, der die Nacht über Magyria brachte … Oder doch nur ein Mann, den sie für sich alleine haben wollte?
    » Wie auch immer, danke schön. Ich fühle mich geehrt.«
    Da erkannte sie, was sie störte: das Aufblitzen von Triumph in seinen steingrauen Augen. Mattim hatte sich weder gefürchtet, noch war er ihr wirklich dankbar. Er genoss es nur, dass sie bereit gewesen war, für ihn zu kämpfen.
    Ihr ganzer Körper kribbelte, ein Schauer lief über ihre Haut, die Kampfbereitschaft wollte immer noch nicht abebben. » Oh, ich hasse dich!« Sie hob die Hand, um ihn zu schlagen, doch er packte sie am Handgelenk und hielt sie fest. Leider entdeckte sie keine übermenschlichen Kräfte in sich, um ihn zu Boden zu schmettern.
    Plötzlich starrte er sie verblüfft an. » Was ist mit deiner Schramme passiert?«
    Hanna befühlte ihr Gesicht. » Sie ist weg. Das ist mir noch gar nicht aufgefallen.« Überrascht betrachtete sie ihre Arme, die unversehrte, glatte Haut. » Vielleicht haben wir uns geirrt, und Wunden von Schatten heilen doch. Vielleicht tut uns die Dunkelheit gut, vielleicht ist alles anders, wenn wir in unserem Element sind.«
    Mattim runzelte die Stirn. » Darf ich jetzt auch erfahren, warum du mich herbestellt hast? Auf jeden Fall hat sich die Aufregung gelohnt, denn du hast den anderen gesagt, dass ich dir gehöre. Dein Eigentum, bitte sehr, jetzt und für alle Zeit.«
    Er stand so dicht vor ihr, dass ihre Wut in Hunger umschlug. Sie krallte die freie Hand um seinen Nacken und zog ihn näher zu sich heran.
    Seine glatte Haut duftete nach Mensch und doch nicht nach Mensch, dunkel und doch nicht nach der seelenlosen Leere eines Schattens. Er zuckte zusammen, als sie die Zähne in die warme, einfach perfekte Haut schlug, als das köstliche, dunkle Blut ihren Mund füllte.
    » Es reicht«, sagte

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