Der Traum des Schattens
in wenigen Sekunden den Sieg zu erringen.
» Für das Licht«, sagte Mattim.
Dann trafen die beiden Klingen aufeinander, berührten sich, zärtlich fast, vorsichtig. Noch tasteten sie nacheinander, versuchten die Wirklichkeit des Geschehens zu ergründen, während nicht weit entfernt ein schwarzhaariger Junge das Gesicht an die Scheibe eines Wagens drückte und ihnen zusah.
Im Wald ging der Kampf um die Pforte weiter. Immer wieder gelang es kleineren Grüppchen von Soldaten aus Akink, nach drüben durchzubrechen, und König Farank und seine Freunde taten ihr Bestes, um so viele wie möglich aufzuhalten. Wie eine Berserkerin wirbelte Mária herum, ein Schwert in beiden Händen, das beinahe so lang war wie sie. So unerfahren sie war, in ihrem Zorn kam ihr besser niemand zu nahe. Doch die Feinde waren einfach zu zahlreich. Wikor, der sich schützend vor Hanna und die Königin gestellt hatte, fiel als Erstes auf, dass Kununs Leute sich von den Rebellen fernhielten und stattdessen die flink dahinhuschenden Vierbeiner abschlachteten.
» Sie töten die Wölfe!«, rief er alarmiert.
Sämtliche Wölfe hatten sich gegen Kununs Schatten gewandt; so erstaunlich es auch war, die Wölfe waren immer auf Mattims Seite. Vielleicht spürten sie, dass er einer der ihren war, immer noch, egal in welcher Gestalt, dass es sich lohnte, für ihn zu kämpfen. Es gab nichts Schlimmeres für einen Unsterblichen als die gnadenlosen Zähne der wütenden Bestien, doch gegen Schwerter waren sie letztendlich machtlos.
Überall lagen tote Tiere, die bewiesen, worauf Kununs Leute es vor allem abgesehen hatten. Schatten waren schwer zu besiegen, die Wölfe dagegen starben leicht. Wenn sie alle Schattenwölfe töteten, konnte niemand eine weitere Pforte erschaffen.
» Ist denn keiner mehr da?«, fragte Hanna entsetzt. Da waren durchaus noch einige Wölfe, die sich am Kampf beteiligten, aber erschreckend wenige, und sie waren alle viel zu klein, um Schattenwölfe zu sein. » Jetzt haben wir die Königin hier, und es nützt nichts?«
» Du, Wolf!«, rief Wikor.
Ein großes braunschwarzes Tier brach den Kampf mit einem Schattenkrieger ab und wandte sich ihnen zu.
» Das ist ein Schattenwolf, Gott sei Dank.« Hannas Erleichterung war größer, als sie sich eingestehen wollte. Die Möglichkeit zu scheitern war allgegenwärtig, trotzdem war es zu schrecklich, darüber nachzudenken. » Kluges Tier, komm zu uns.«
Die Stelle, die Hanna ausgesucht hatte, war, wenn sie richtig lag, nur wenige Meter von Bartóks Auto entfernt. Attila hätte nur ein paar Schritte zu rennen. Das war zu schaffen. » Sobald der Junge hier ist, rennst du mit ihm in den Wald«, wies sie Mária an. » Dir vertraut er. Wir werden inzwischen unser Bestes geben, um die Verfolger aufzuhalten.«
Mária nickte. » Ich bin bereit.«
Nun fasste Hanna die Königin bei den Händen. » Sie müssen jetzt stark sein«, sagte sie eindringlich. » Ganz stark. Wir öffnen gleich eine Pforte, um den kleinen Prinzen zu retten. Dazu müssen Sie verwandelt werden, in einen Schatten, so wie wir alle. Wir haben sonst niemanden mehr. Ich würde es selbst tun, aber ich bin schon ein Schatten.« Sie zögerte, denn Eliras Gesicht verriet nicht, was sie dachte. Natürlich, sie wähnte sich in einem Traum. » Sind Sie einverstanden?«
» Ich diene nur«, sagte sie ergeben. » Ich träume, dass ich die Königin bin, die träumt, dass sie eine Dienerin ist. Ich träume von einem Wald, und ich träume von einem Weg durch den Sommerwald, wo es nach Brombeeren duftet. Die Vögel singen so laut, dass es in den Ohren schmerzt. Sag mir, was davon ist der Traum? Die Königin wirft die Geschichten aus wie ein Netz und fängt das Schicksal. Sie fängt das Licht ein mit einem Schmetterlingsnetz, das Licht ist ein kleiner Vogel mit bunten Flügeln. Ich halte ihn in den Händen und puste ihm ins Gefieder. Wenn du die Feder fängst, warum nicht? Sie könnte dein Leben verändern.«
Es hatte keinen Zweck. Hanna musste die Entscheidung für die Königin treffen.
» Ich habe keine Wahl«, sagte sie. » Tut mir leid.«
Sie winkte den Schattenwolf näher. » Beiß sie«, befahl sie.
Als er das Maul öffnete, schrie Elira auf. Hanna hatte nicht daran gedacht, die Königin festzuhalten, weil sie so apathisch wirkte, doch ihr Überlebensinstinkt funktionierte. Sie rannte los, und die Bestie stürmte ihr nach– nicht ins Walddunkel, sondern direkt ins Kampfgetümmel der Schatten. Einer der Feinde, durch den Schrei
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