Der Traum des Wolfs
traurige Geschichte.«
»Sie können nicht alle mit einem Sieg enden. Gaidal und ich kommen sowieso nicht gut mit einem glücklichen Ende zurecht. Es ist besser für uns, wenn wir spektakulär und ruhmreich untergehen.« Sie verzog das Gesicht, als sie sich an eine Inkarnation erinnerte, in der sie beide zusammen gezwungen gewesen waren, in Frieden alt zu werden. Das langweiligste Leben, das sie je gehabt hatte, obwohl sie damals durchaus glücklich damit gewesen war, weil sie nicht gewusst hatte, welche Rolle sie im Muster spielte.
»Nun, ich gehe trotzdem«, sagte Mat.
Sie seufzte. »Ich kann dich nicht begleiten, Mat. Nicht, wenn ich Elayne nicht verlassen will. Sie hat einen Todeswunsch von dem Ausmaß deines Stolzes, und ich will, dass sie überlebt.«
»Ich erwarte auch gar nicht von dir, dass du mitkommst«, sagte er schnell. »Verflucht, darum bitte ich doch gar nicht. Und …« Er runzelte die Stirn. »Einen Todeswas vom Ausmaß meines was?«
»Vergiss es«, sagte sie und trank ihre Milch. Sie mochte Milch, obwohl sie das nie jemandem erzählte. Natürlich freute sie sich darauf, wieder trinken zu können; sie vermisste das Gebräu des alten Snert. Sie mochte hässliches Bier genauso sehr wie hässliche Männer.
»Ich kam zu dir, weil ich Hilfe brauche«, sagte Mat.
»Was gibt es da noch zu sagen? Du nimmst Eisen, Feuer und Musik mit. Eisen verletzt sie, bannt sie und hält sie. Feuer macht ihnen Angst und tötet sie. Musik verzaubert sie. Aber du wirst herausfinden, dass sowohl Feuer wie auch Musik zusehends weniger effektiv sein werden, je länger du sie benutzt.
Der Turm ist kein Gebäude, er ist das Portal. Eine Art Tor zum Kreuzweg zwischen ihren Reichen. Dort wirst du beide finden, die Aelfinn-Schlangen und die Eelfinn-Füchse. Vorausgesetzt, sie arbeiten zurzeit zusammen. Sie haben eine seltsame Beziehung.«
»Aber was wollen sie?«, fragte Mat. »Ich meine, von uns? Warum interessieren sie sich für uns?«
»Gefühle«, sagte Birgitte. »Darum haben sie Portale in unsere Welt gebaut, darum locken sie uns zu ihnen. Sie nähren sich von unseren Gefühlen. Aus irgendeinem Grund mögen sie vor allem Aes Sedai. Vielleicht schmecken die mit der Einen Macht ja wie ein besonders starkes Ale.« Mat erschauderte sichtlich.
»Das Innere wird verwirrend sein«, sagte Birgitte. »Dort an einen bestimmten Ort zu gelangen ist schwierig. Der Zugang durch den Turm statt durch den Türrahmen brachte mich in Gefahr, aber ich wusste, dass ich einen Handel abschließen kann, wenn ich den Großen Saal erreiche. Übrigens, wenn du durch den Turm eintrittst, bekommst du nichts umsonst. Sie werden einen Preis fordern, etwas, das für dich von großem Wert ist.
Aber wie dem auch sei, ich fand eine Methode, den Großen Saal zu finden. An den Kreuzungen ließ ich Eisenstaub zurück, damit ich wusste, welchen Weg ich gekommen war. Sie können ihn nicht anfassen, und … bist du sicher, dass du diese Geschichte nie gehört hast?«
Mat nickte energisch.
»In dieser Gegend hier war sie früher recht populär«, sagte sie stirnrunzelnd. »Vor hundert Jahren oder so.«
»Du klingst aufgebracht.«
»Es war ja auch eine gute Geschichte.«
»Wenn ich überlebe, lasse ich Thom daraus eine verdammte Ballade machen. Erzähl mir von dem Staub. Hat dein Plan funktioniert?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich verirrte mich trotzdem. Ich weiß nicht, ob sie den Staub irgendwie wegblasen konnten oder ob der Ort so groß ist, dass ich nie auf einen zuvor benutzten Weg stieß. Am Ende hatte man mich in die Ecke gedrängt, mein Feuer erlosch, meine Laute war kaputt, meine Bogensehne gerissen und Gaidal bewusstlos hinter mir. An manchen der Tage dort drinnen konnte er gehen, aber an anderen war er dazu viel zu benommen, also zog ich ihn auf einer mitgebrachten Trage hinter mir her.«
»An manchen Tagen?«, wiederholte Mat. »Wie lange warst du denn dort?«
»Ich hatte Proviant für zwei Monate«, sagte Birgitte leise. »Ich weiß nicht mehr, wie lange wir noch durchhielten, nachdem alles aufgebraucht war.«
»Verdammte Asche!«, sagte Mat und nahm einen tiefen Schluck von seinem Ale.
»Ich habe dir ja gesagt, du sollst nicht da reingehen«, sagte Birgitte. »Einmal angenommen, du findest deine Freundin, du wirst es niemals wieder hinausschaffen. An diesem Ort kannst du wochenlang umherwandern, ohne jemals nach rechts oder nach links abzubiegen, du gehst einfach geradeaus, durch einen Gang nach dem anderen. Sie sind alle gleich.
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