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Der Traum

Der Traum

Titel: Der Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Angelegenheit übernommen, um Félicien und dem jungen Mädchen diese Peinlichkeit zu ersparen. Doch da Angélique merkte, daß man ihr etwas verheimlichte, ließ sie sich eines Tages ihr Zöglingsbuch heraufbringen, denn sie wollte es selber ihrem Bräutigam geben. Sie war nunmehr im Zustand vollkommener Demut, sie wollte, daß er wohl um die Niedrigkeit wisse, aus der er sie zog, um sie in den Glanz seines berühmten Namens und seines großen Reichtums zu erheben. Dies war ihr Adelsbrief, diese amtliche Urkunde, diese Eintragung in die Gefangenenliste, in der es nur ein Datum mit einer Nummer gab. Sie blätterte das Buch noch einmal durch, dann gab sie es ihm ohne Verlegenheit und freute sich darüber, daß sie nichts war und daß er alles aus ihr machte. Er war zutiefst davon gerührt, er kniete nieder, küßte ihr unter Tränen die Hände, als habe sie ihm ein einzigartiges Geschenk gemacht, das königliche Geschenk ihres Herzens.
    Zwei Wochen lang beschäftigten die Vorbereitungen ganz Beaumont, stellten die Ober und die Unterstadt völlig auf den Kopf. Zwanzig Arbeiterinnen, so sagte man, nähten Tag und Nacht an der Aussteuer. Am Hochzeitskleid allein waren drei beschäftigt; und die Morgengabe würde den Wert von einer Million haben, eine Flut von Spitzen, Samt, Atlas und Seide, ein Geriesel von Edelsteinen, von Diamanten wie bei einer Königin. Doch was die Leute vor allem in Erregung versetzte, das waren die ansehnlichen Almosen, denn die Braut hatte den Armen ebensoviel geben wollen, wie man ihr gab, also eine weitere Million, die in einem Goldregen auf das Land niederging. Endlich konnte sie ihr altes Bedürfnis nach Wohltätigkeit in traumhafter Verschwendung, mit offenen Händen befriedigen und über die Elenden eine Flut von Reichtum, einen überquellenden Wohlstand ausströmen lassen. Von dem kahlen weißen Zimmerchen aus, von dem alten Sessel aus, an den sie gefesselt war, lachte sie vor Entzücken, als Abbé Cornille ihr die Verteilungsliste brachte. Noch mehr, noch mehr! Niemals konnte man genug verteilen. Sie hätte gewünscht, daß sich Vater Mascart an fürstlichen Festmählern zu Tische setze, daß die Chouteaus in einem prächtigen Palast lebten, daß Mutter Gabet kraft des Geldes gesund und wieder jung werde; und die Lemballeuses, die Mutter und die drei Töchter, hätte sie am liebsten mit Kleidern und Schmuck überschüttet. Wie im Märchen hagelte es immer mehr Goldstücke auf die Stadt, es ging über die täglichen Bedürfnisse hinaus, es geschah um der Schönheit und der Freude, um des Glanzes des Goldes willen, das herniederfällt auf die Straße und in der hellen Sonne der Mildtätigkeit leuchtet.
    Endlich, am Vorabend des schönen Tages, war alles bereit. Félicien hatte hinter dem Bischofspalast, in der Rue Magloire, ein altes vornehmes Privathaus erworben, an dessen prächtige Einrichtung man letzte Hand anlegte. Es waren große Räume, mit wunderbaren Wandbespannungen geschmückt, mit den kostbarsten Möbeln ausgestattet, ein Salon mit alten Wandteppichen, ein blaues Boudoir von der Zartheit eines Morgenhimmels, ein Schlafgemach vor allem, ein Nest aus weißer Seide und weißer Spitze, nichts als Weiß, leichtes, beschwingtes Weiß, wie das Erschauern des Lichts. Doch Angélique, die ein Wagen abholen sollte, hatte es beharrlich abgelehnt, sich diese Wunder anzusehen. Sie lauschte dem, was ihr darüber berichtet wurde, mit entzücktem Lächeln, und sie gab keine Anweisung, sie wollte sich gar nicht mit der Einrichtung befassen. Nein, nein, das begab sich in weiter Ferne, in jenem Unbekannten der Welt, von dem sie noch nichts wußte. Da doch jene, die sie liebten, ihr dieses Glück so liebevoll bereiteten, wünschte sie dort Einzug zu halten gleich einer Prinzessin aus dem Zauberreich, die das wirkliche Königreich betritt, in dem sie herrschen sollte. Und ebenso versagte sie es sich, die Morgengabe kennenzulernen, die gleichfalls dort war, die Aussteuer an feiner Wäsche, gestickt mit ihrem Namenszeichen einer Marquise, die mit Stickereien beladenen Festgewänder, die alten Juwelen, ein ganzer schwerer Kirchenschatz, und die modernen Geschmeide, Wunderwerke von zierlicher Fassung, Brillanten, deren Fülle nur in klarster Reinheit funkelte. Es genügte zum Siege ihres Traumes, daß dieser Reichtum sie in ihrem Hause erwartete, strahlend in der nahe bevorstehenden Wirklichkeit des Lebens. Nur das Brautkleid wurde am Hochzeitsmorgen gebracht.
    An jenem Morgen fühlte Angélique, die

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