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Der Traumhändler

Der Traumhändler

Titel: Der Traumhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Augusto Cury
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»Hilfe! Ich hab Angst! Meine Kinder! Sie müssen hier raus!«, brüllte der Mann voller Entsetzen.
    Die Person hinter der Kamera ließ nicht locker: »So beruhigen Sie sich doch! Was ängstigt Sie denn so?«
    Der Patient rief keuchend: »Das Haus stürzt ein! Helft mir! Das Haus kämpft gegen sich selbst!«
    Dann schrie er in seinem Wahn plötzlich auf: »Nein! Zerstört euch nicht! Ich werde verschüttet! Luft! Luft!«
    Im Stadion konnte man eine Stecknadel fallen hören. Einige Leute schnappten nach Luft, und auch wir hatten einen Kloß im Hals. Der Patient rief, die verschiedenen Teile des Hauses hätten begonnen, gegeneinander zu kämpfen. Keiner verstand, wovon er sprach.
    Natürlich hatten wir noch nie davon gehört, dass ein Haus gegen sich selbst kämpfen konnte. Uns war auch nicht klar, warum der psychische Zusammenbruch dieses Patienten gefilmt wurde. War es ein psychiatrischer Lehrfilm? Würde vielleicht gleich der Meister auftauchen, um den armen Wahnsinnigen zu heilen?
    »Erzählen Sie mir, was Sie sehen!«, forderte ihn der Kameramann auf.
    Ohne die Hände vom Gesicht zu nehmen, sagte der Patient mit zitternder Stimme: »Die Decke schreit: ›Ich bin der wichtigste Teil des Hauses! Ich beschütze es. Ich, nur ich allein, kann Sonne und Sturm widerstehen.‹«
    Der Kameramann wollte noch mehr über die Halluzinationen des Patienten wissen: »Erzählen Sie weiter. Je mehr Sie erzählen, desto erleichterter werden Sie sich fühlen.«
    Der Patient begann, vor Angst zu beben, und brüllte dann: »Die Bilder! Die Bilder an der Wand machen mich ganz taub! Sie kreischen und beschweren sich!«
    »Was sagen sie denn?«
    »Wir sind das Wichtigste in diesem Haus! Wir sind das Teuerste und Kostbarste, was ihr habt! Jeder, der hereinkommt, bewundert uns!«
    Ihm war der kalte Schweiß ausgebrochen, und er versuchte, die Stimmen zu vertreiben, die ihm in den Ohren dröhnten: »Geht weg! Lasst mich in Ruhe!«
    Plötzlich musste ich daran denken, wie ich oben auf dem Alpha-Gebäude gestanden hatte. Wie groß auch mein Leid gewesen war – immerhin hatte ich nicht den Verstand verloren oder war von Halluzinationen heimgesucht worden. Ich hatte nicht geglaubt, zusammen mit meinen Kindern eingekerkert zu sein und sterben zu müssen. Wenn schon ich ein namenloses Drama erlebt hatte, wie groß musste dann erst der Schmerz dieses Mannes sein, der in die Dunkelheit des Wahnsinns gestürzt war! Seine Panik jagte mir und allen im Publikum kalte Schauer über den Rücken.
    Monika, die in ihrem eigenen Leben schon die Talsohlen des emotionalen Elends kennengelernt hatte, flüsterte erschrocken: »Wie kann die Psyche derart kollabieren! Wie kann jemand in solche Verzweiflung versinken?«
    Die auf der Leinwand zur Schau gestellte Qual war so groß und schlug unsere Aufmerksamkeit derart in Bann, dass wir für einen Moment vergaßen, wo wir waren.
    Der Meister stand immer noch mitten auf der Bühne, wandte uns den Rücken zu und starrte auf die Leinwand. Was er wohl fühlte? Wahrscheinlich war er vom dargestellten Elend genauso betroffen wie wir.
    Der Patient drehte sein Gesicht zur Wand und jammerte: »Niemand versteht mich! Sie geben mir nichts als Medikamente!« Dann beschrieb er weiter seine Wahnvorstellungen: »Die Möbel sind wütend. Sie wollen die Bilder fressen! Sie schreien: ›Wir sind der wichtigste Teil des Hauses! Wir bieten Komfort! Wir machen alles schöner!‹«
    Plötzlich fiel mein Blick auf die Manager der Megasoft-Gruppe, und ich sah, wie sie lächelten. Wie war das nur möglich? Wenn sie keine Psychopathen waren, wussten sie wohl schon, dass der Film gut ausgehen würde, dachte ich mir.
    Nun erreichten die makabren Aufnahmen ihren Höhepunkt. Der Patient schien sich verzweifelt gegen eine Übermacht zu wehren, die sein zerbröckelndes Haus noch mehr erschütterte, und der Kameramann, der kein einziges Detail der Halluzinationen verpassen wollte, fragte noch einmal: »Was verstört Sie denn so?«
    Der Kranke drehte der Kamera den Rücken zu und stemmte die Hände gegen die Wand. An seinem Hemd sah man, wie er keuchte und nach Luft schnappte. Mitleidlos bohrte der Kameramann nach: »Sprechen Sie! Spucken Sie die Ungeheuer aus, die Sie quälen!«
    Darauf verfiel der Kranke wieder in seine anfängliche Panik: »Hilfe! Ich hab Angst! Jetzt ist es der Tresor! Hilfe! Er will das ganze Haus verwüsten. Er donnert: ›Ich habe alles bezahlt! Ich habe alles gekauft. Ich habe euch das Leben geschenkt. Kniet vor mir nieder!

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