Der Traumhändler
konnten, obwohl er schon sehr laut sprach. So gaben die Leute von Mund zu Mund weiter, was er sagte. Er wollte aber nicht mit Mikrofon in geschlossenen Vortragssälen auftreten, denn er liebte es, unter freiem Himmel zu sprechen. Auf diese Weise konnte jeder, der mit seiner Botschaft nicht einverstanden war, gehen, wann immer er wollte.
Große Firmen erklärten sich bereit, ihn zu sponsern und auf diese Weise das eigene Image aufzuwerten. Sie wollten damit werben, genauso kühn und innovativ zu sein wie er. Doch allein bei dem Gedanken bekam der Meister eine Gänsehaut.
Nachdem er eine ganze Reihe wertvoller Geschenke und höhere Geldsummen abgelehnt hatte, die ihm für das Recht geboten wurden, sein Bild zu nutzen, geschah etwas Ungewöhnliches. Ein Grüppchen gut gekleideter Herren von der Megasoft-Gruppe wandte sich mit einem äußerst interessanten Vorschlag an mich, Salomon und Dimas, als der Traumhändler gerade nicht zugegen war. Zunächst lobten sie seine soziale Arbeit über den grünen Klee. Durch sein Wirken sei die Gesellschaft solidarischer, liebevoller und menschlicher geworden. Dann machten sie uns ein spannendes Angebot: »Wir wissen, wie wichtig ihm Bescheidenheit ist und dass er es hasst, berühmt zu sein, aber wir wollen ihn mit einer feierlichen Ehrung überraschen für all das, was er zugunsten der Gesellschaft getan hat. Wir wollen ihm keinen Preis verleihen, denn wir wissen, dass er nichts Materielles annehmen würde, sondern ihm unsere Anerkennung bekunden, indem wir ihm anbieten, im größten überdachten Stadion der Stadt, das unserer Holding gehört, vor fünfzigtausend Menschen zu sprechen. Sein Vortrag würde außerdem gefilmt und später zu einer sehr guten Sendezeit im ganzen Land ausgestrahlt. Auf diese Weise könnte er Millionen Menschen mit seiner Botschaft erreichen.«
Wir waren über das Angebot begeistert, aber auch etwas misstrauisch. Doch die Vertreter der Unternehmensgruppe schienen es ehrlich mit uns zu meinen. Um uns noch mehr zu verführen, sagten sie: »Bitte gönnt uns und der Gesellschaft dieses Privileg! Alle wollen und sollen von der Weisheit des Traumhändlers profitieren. Es gibt unzählige Menschen, die unter Depressionen oder Angststörungen leiden, an Selbstmord denken oder Drogen nehmen, und denen mit seinen Worten geholfen werden könnte! Wir bestehen darauf, ihm diese Ehrung zuteilwerden zu lassen und der Bevölkerung dieses Geschenk zu machen. Das Einzige, worum wir bitten, ist, dass er davon nichts erfährt. Es soll eine große Überraschung werden!«
Da die Angelegenheit heikel war, besprachen wir sie mit der gesamten Gruppe. Nachdem wir über den Vorschlag nachgedacht und den gesellschaftlichen Nutzen abgewogen hatten, waren wir der Meinung, es könnte eine gute Sache sein. Schließlich würde die Botschaft des Meisters Millionen erreichen! Außerdem war eine öffentliche Ehrung dieses Mannes längst überfällig. Honigschnauze und Barnabas waren ganz aufgeregt, während Jurema, die immerhin Aktien der Megasoft-Gruppe besaß, als Einzige eher zurückhaltend reagierte. Doch schließlich gab auch sie ihre Bedenken auf.
Wir mussten uns etwas ausdenken, um den Meister in das Stadion zu bringen, ohne dass er Verdacht schöpfte. Am vereinbarten Tag zogen wir mit ihm los, und er wunderte sich über das Verkehrschaos und die Menschenmassen in der Nähe des Stadions. Als wir zielstrebig den VIP-Eingang ansteuerten, fragte er verwirrt: »Warum sollen wir denn da reingehen?«
Man konnte ihm ansehen, wie unwohl er sich fühlte.
Wir wollten ihm ja nichts verraten und baten ihn daher, uns einfach zu vertrauen. Zuvor hatten wir ihm erzählt, wir gingen in ein Konzert. Da der Meister sich aber nicht zufriedengab und weiter nachfragte, stellten wir ihn schließlich mit dem Rücken zur Wand: »Du hast uns auf unserer Wanderschaft um so vieles gebeten, und wir sind dir immer gefolgt. Kannst du jetzt nicht einmal tun, worum wir dich bitten?«
Das war Erpressung, denn der Meister hatte uns bisher immer angehört und ertragen. Nachdem wir ihn so unter Druck gesetzt hatten, folgte er uns jedenfalls schweigend.
Gerade als wir den VIP-Bereich betreten wollten, fragte er besorgt: »Wer ist der Veranstalter?«
»Einige Leute, die dich sehr mögen. Wart’s einfach ab!«, sagten wir ihm ohne weitere Erklärungen.
Die Manager der Megasoft-Gruppe bereiteten das Event noch in einem Sonderbereich vor, doch in der VIP-Lounge stand für uns ein mit Obst, leckeren Käse- und
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