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Der Traumhändler

Der Traumhändler

Titel: Der Traumhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Augusto Cury
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unseren stocken: »Eine Prostituierte war edler als die religiösen Führer ihrer Zeit.«
    Da ließ sich Bartholomäus zu einer seiner Bemerkungen hinreißen, mit der er die Anspannung, die wie eine dunkle Wolke über uns hing, durchbrach. Und ich fragte mich, woher er diese Fantasie hatte: »Chef, ich fand schon immer, dass Frauen intelligenter sind als Männer, das Problem ist nur die Erfindung der Kreditkarte …«
    Er lachte lauthals und wollte wohl den Eindruck erwecken, als hätte er seine verflossenen Lieben ausgehalten, während es in Wirklichkeit genau umgekehrt war.
    Unzufrieden mit unserem Männlichkeitswahn, fragte der Traumhändler darauf unseren Theologen vom Dienst: »Sag mal, Edson: Als Jesus am Kreuz litt und in Todesangst zu Gott flehte, wo waren da die Männer – im Zentrum oder am Rande seines Plans?«
    Edson wurde blass und wusste nicht, was er sagen sollte. Wir anderen waren rot angelaufen. Da wir schwiegen, sagte der Meister: »Seine Jünger waren so lange Helden, wie ihr Messias die Grundfesten der Welt ins Wanken brachte, aber sie waren Feiglinge, als die Welt über ihm zusammenbrach, denn sie haben geschwiegen, sind geflohen, haben ihn verleugnet und verraten. Und trotzdem hat er sie geliebt. Männer sind, ich sage es noch einmal, kleinmütiger und furchtsamer als Frauen!«
    »Aber wer führt die Kriege? Wer trägt Waffen? Wer macht Revolutionen?«, brach es aus mir heraus.
    Die Antwort kam ohne zu zögern: »Nur Schwache brauchen Waffen. Starke gebrauchen das Wort.«
    Dann stellte er die Frage, die wir am meisten gefürchtet hatten: »Und wo waren die Frauen, als er starb?«
    Da wir die Bibel kannten, mussten wir kleinlaut zugeben: »Unter dem Kreuz.«
    »Mehr als das: Sie waren der Mittelpunkt seines Heilsplans! Und wisst ihr, warum? Weil Frauen stärker, intelligenter, einfühlsamer, menschlicher, großzügiger, selbstloser, solidarischer, toleranter, kameradschaftlicher, treuer und vernünftiger sind als Männer. Es reicht, sich klarzumachen, dass neunzig Prozent aller Gewaltverbrechen von Männern begangen werden.«
    Die Menge der Adjektive zugunsten der Frauen ließ uns verstummen. Der Meister schien weder ein Feminist zu sein noch jahrtausendelange Frauendiskriminierung wieder wettmachen zu wollen, sondern wirkte einfach völlig überzeugt von dem, was er sagte.
    Seiner Ansicht nach war das Gesellschaftssystem, das auf den Schultern der Menschen lastete und sie bedrückte, ein Produkt des männlichen Geistes, auch wenn seine Schöpfer sich niemals ausgemalt hatten, dass sie eines Tages selbst zu Opfern ihres Geschöpfs werden würden. Es war Zeit, dass die Frauen die Bildfläche betraten und mit ihrer Anmut und Tapferkeit Träume verkauften, viele, viele Träume.

Humor inmitten der Verzweiflung
    D er Meister erklärte weiter, dass es immerhin Judas, der gelehrteste von Jesu Jüngern, war, der ihn verriet, und Petrus, der stärkste, der ihn verleugnete, während die übrigen sich voller Angst aus dem Staub machten, woran die Schwäche der Männer deutlich erkennbar sei.
    Dann verriet er uns, warum er den Modetempel aufgesucht hatte. Zunächst erinnerte er daran, dass das Patriarchat die Frauen jahrhundertelang für minderwertig erklärt, unterdrückt und geknebelt und diejenigen, die sich widersetzten, sogar gesteinigt und verbrannt hätte. Erst in den letzten hundert Jahren hätten die Frauen ihre Rechte teilweise zurückerobert und sich befreit.
    Er machte eine Pause und sagte plötzlich: »Eins.«
    Ich schreckte auf. Was hatte das zu bedeuten? Schon einmal hatte er ohne jeden Zusammenhang eine Zahl genannt.
    Anschließend führte er aus, dass die Frauen sich das Wahlrecht und einen Platz in der akademischen und der Geschäftswelt hart erkämpfen mussten, auch wenn sie inzwischen in zentralen Bereichen der Gesellschaft nicht nur eine Rolle spielten, sondern auch begonnen hätten, sie durch Toleranz, Solidarität, Kollegialität und Anteilnahme zu verändern.
    Doch das System hatte den Frauen diese Kühnheit nicht verziehen, sondern sie in eine heimtückische Falle gelockt. Sie wurden nun nämlich nicht etwa wegen ihrer Intelligenz und ihres Einfühlungsvermögens geschätzt, vielmehr wurde ihr Körper an die Öffentlichkeit gezerrt und als Werbeträger eingesetzt, um alle Arten von Waren zu verkaufen. Jahrtausende der Ablehnung sollten mit der exzessiven Zurschaustellung weiblicher Reize kompensiert werden, womit den Frauen eine Anerkennung vorgegaukelt wurde, an die zu glauben

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