Der Traummann aus der Zukunft (German Edition)
verliebt, nur in das, was er vorgegeben hatte zu sein, okay?!“
Emilia nickte. Das klang einfach. Das war auch richtig, klar und richtig. Aber wie konnte man auch so klar und richtig fühlen? Claudia konnte es, deshalb hatte sie auch den Richtigen. Hilda konnte es auch. Deshalb hatte sie eine heile Familie. Jo konnte es ebenfalls. Deshalb war er mit seiner Freundin glücklich. Emilia konnte es nicht.
„Auf jeden Fall hat er schön Schiss um seine Karriere. Mit dem kannst du jetzt noch ein bisschen machen, was du willst. Die Rechnung für den Abschleppdienst kriegt er als erstes, keine Frage“, überlegte Hilda.
„Ich gehe nicht mehr arbeiten, ich will ihn nie wieder sehen.“
„Blödsinn, in zwei Wochen ist der doch weg!“, warf Claudia ein.
Hilda beugte sich vor:
„Außerdem ist falscher Edelmut gerade völlig unangebracht. Ein bisschen Rache wird dir gut tun. Und ihm auch.“
Emilia schüttelte nur den Kopf. Claudia seufzte.
„Naja, ich versteh das schon. Aber einfach nicht mehr kommen, ist keine Lösung. Du hast einen Arbeitsvertrag. Lass dich am besten ein paar Tage krankschreiben.“
„Zwei Wochen.“
„Meinetwegen auch zwei Wochen.“
Sich krankschreiben lassen, das war ein erleichterndes Gefühl. Ja, das würde sie machen.
„Ich kann ihm ja trotzdem Drohbriefe schreiben.“ Emilia lächelte zum ersten Mal an diesem Abend.
„Mach das!“, lachte Claudia. „Aber pass auf, dass er sie nicht gegen dich verwenden kann.“
In Wirklichkeit war das alles nicht Emilias Hauptproblem. Das eigentliche Problem war die riesen Leere, durch die Emilia gerade zu fallen schien. Sie war allein, ganz allein. Niemand war da. Sie hatte kein Zuhause mehr, keinen Hafen, Niemanden, zu dem sie gehörte. Der Sekt mit den süßen Erdbeeren wirkte hervorragend. Sie wurden immer alberner und Emilia alberte mit. Claudia steigerte sich total in diverse Rachepläne hinein. Sie würde Reinbeck die letzten Tage das Leben zur Hölle machen, nicht offensichtlich und handgreiflich, sondern ganz subtil. Sie würde eine Menge durchsetzen, bevor er ging. Reinbeck würde schlaflose Nächte haben, was wer inzwischen über ihn wusste und was nicht. Sie entwickelten, der eigenen Stimme nicht mehr ganz mächtig, die wildesten Ideen, wovon natürlich keine so umsetzbar war, dass man arbeitsrechtlich nicht selbst Schaden nahm. Aber das war in dem Moment egal. Es tat einfach nur gut. Gegen Mitternacht kam Jo noch dazu und wollte wissen, was gefeiert wurde.
„Meine neue große Liebe hat sich leider als Psychopath entpuppt…“, begann Emilia zu erklären.
„Und jetzt feiern wir Emilias Befreiung“, beendete Hilda den Satz.
„Es ist also Schluss?“ Emilia nickte und Jo machte ein bedrücktes Gesicht. Er sah sie lange an, so dass sich Emilia trotz Alkoholpegel sofort wieder an den Ernst der Lage erinnerte.
„Naja, lieber bekommt man das zu früh raus als zu spät“, sagte Jo. Wieder mal kam es Emilia so vor, als wäre er erwachsener als sie selbst. Jo wirkte müde und zog sich auch gleich zurück.
„Ich muss schlafen gehen.“ Er verabschiedete sich mit einem Handgruß.
Emilia hoffte, dass Claudia und Hilda sich nicht anschlossen. Ihretwegen hätte der Rest des Lebens auf diesem Balkon mit ihren Freundinnen und Erdbeerbowle stattfinden können. Trotzdem ging es ihr tatsächlich besser. Nicht nur, weil Claudia und Hilda gekommen waren und viel Sekt mitgebracht hatten und weil es befreiend gewesen war, sich stundenlang über Reinbeck lustig zu machen, sondern weil sie heimlich einen Entschluss gefasst hatte. Sie würde nicht in ein bodenloses Loch fallen, nein. Sie würde nicht in diesem Nichts bleiben. Sie würde wieder aufsteigen. Das Leben war nicht zu Ende. Das Ganze war eine Erfahrung, eine Erfahrung, die ihr gesagt hatte, dass ihr bisheriges Leben gut war, wie es war. Sie würde sich am Donnerstag mit Bernhard treffen und zu ihm zurückkehren. Sollte Hilda ruhig ausrasten. Sie würde sie vor vollendete Tatsachen stellen. Claudia hatte zum Glück keine besondere Antihaltung gegen Bernhard. Sie kannten sich nicht. Claudia würde vielleicht erst mal auf ihrer Seite sein, wenn Hilda verrücktspielte. Das reichte. Und Jo, dann durfte er eben bei Marleen wohnen und brauchte nicht zurück zu Bernhard ziehen. Emilia hoffte, dass das in Ordnung für ihn war. Er würde es bestimmt verstehen. In gut zwei Jahren war er achtzehn und hegte eh den Wunsch, sich eine eigene Bleibe zu suchen. Mit diesem Gefühl der Sicherheit ging
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