Der Traummann aus der Zukunft (German Edition)
Jo. Sie hatte lauter neue Ideen für die Wohnungsgestaltung. Es war ein prima Gefühl, am Monatsende ein eigenes Gehalt zu bekommen. Sie wollte wieder ins Kino gehen und ins Theater. Sie fühlte sich nicht mehr betrogen, sondern befreit.
Emilia betrat den Flur ihrer Wohnung und warf die Krankenhaustasche ab. Die Sonne flutete herein. Auf dem Tisch im Wohnzimmer standen Blumen. Jo hatte alles aufgeräumt. Und er hatte sogar einen Kuchen gebacken. Sie bat Hilda, noch auf ein Stück Kuchen zu bleiben und hängte ihre Jacke an die Garderobe. Da hing schon ihr Tuch. Sie zeigte es Hilda.
„Siehst du, sag ich doch. Ich hatte das Tuch nicht mit. Hier hängt es. Ich hab keine Amnesie.“
Hilda starrte ungläubig an die Garderobe.
„Komm, du veralberst mich! Du hast es bereits aus der Tasche gezogen und dort aufgehängt.“
„Wieso sollte ich?!“
„Das Tuch ist doch keine Massenware. Das findet man nicht so ganz zufällig noch ein zweites Mal.“
„Scheinbar doch. Emilia zog das zweite Tuch aus ihrer Tasche.“
Hilda war verblüfft. Sie nahm das erste Tuch von der Garderobe und verglich es mit dem zweiten in Emilias Hand.
„Kannst du dich noch erinnern, wie du zu dem ersten Tuch gekommen bist?“ Hilda forschte in Emilias Gesicht, als würde Emilia ihr irgendwas verschweigen. Sie verhielt sich schon wieder komisch.
„Was ist denn das für eine Frage?“, wunderte sich Emilia.
„Nein, ich will das nur mal wissen.“
„Du hast es doch gefunden.“
„Ich will es genauer wissen. Wie war das genau?!“
Emilia runzelte die Stirn und machte ein skeptisches, fast böses Gesicht.
„Denkst du etwa, ich hab einen Schaden zurückbehalten von meinem Sturz?“
„Nein, denk ich nicht, aber…“
Emilia verdrehte die Augen, aber beantwortete die Frage, vielleicht, um sich selber zu beweisen, dass sie richtig im Kopf war.
„Es lag auf dem Strandkorb neben uns, als wir gegangen sind. Du hast es entdeckt und gesagt, es würde mir stehen. Eigentlich hätten wir es an der Theke abgeben sollen, aber wir waren wohl zu betrunken.“
„Und, du bist sicher, dass du über Miguel hinweg bist?“
„Erik! Er heißt Erik, nicht Michael.“
„Ich hab nicht Michael gesagt, sondern…“, wollte Hilda aufbegehren, doch Emilia schnitt ihr das Wort ab, sah Hilda tief in die Augen, hielt sie an den Armen wie ein Kind, das man zur Ruhe bringen muss:
„Hilda, alles ist in Ordnung. Mir geht es gut. Ich hab es geschafft. Glaub mir einfach. Und jetzt lass dich verwöhnen, mit Sekt und mit Kuchen.“
Hilda stand immer noch unschlüssig im Flur und starrte auf die Tücher. Emilia nahm ihr das Eine aus der Hand und hängte es über das Zweite an der Garderobe.
„Nun lass doch mal die blöden Tücher. Die gibt es auf dem Kunstmarkt bei der Museumsinsel. Und bestimmt nicht nur dort. So selten ist das nicht. Trotzdem natürlich ein lustiger Zufall. Aber vielleicht ist das symbolisch. Vielleicht hat sich ein Kreis geschlossen, oder so. Ich weiß, du stehst auf solche Deutungen nicht. Aber trotzdem. Das zweite Tuch gebe ich diesmal ab im Fundbüro von Ikea. Das ist von irgendeiner Kundin. Ich kann sie ja nicht alle behalten.“ Emilia grinste.
„Oder nimm du es doch!“ Aber Hilda wollte das Tuch nicht. Sie schüttelte nur sprachlos den Kopf. Jo stand an der Tür zum Wohnzimmer und hatte alles mit angehört.
„Und was ist mit dem Typen, in den du mal kurz verknallt warst, als wir noch bei Bernhard gewohnt haben?“
„Also, Jo, jetzt fängst du auch noch an. Ich war nie in jemanden verknallt , als wir noch bei Bernhard gewohnt haben. Ich erinnere mich, du hast das gedacht, weil du dir das gewünscht hast, aber das war nicht so. Das kam dann erst ein bisschen später…“
„Aber …“ Jo wollte wiedersprechen. Er war nicht zufrieden mit der Antwort.
Doch jetzt ging Hilda vehement dazwischen.
„Nein, Jo, da war nichts. Ich kann es beschwören. Davon hätte mir Emilia erzählt, stimmt‘s Emilia?!“
„Ich hätte mich bestimmt nicht zurückhalten können.“
Hilda und Jo tauschten einen undefinierbaren Blick aus. Aber Emilia war das egal. Sie mussten sich wohl noch dran gewöhnen, dass es ihr wieder gut ging. Sie legte einen Arm um Jos Schulter.
„So, und jetzt bin ich auf deinen ersten Kuchen gespannt!“
Die Scheidungsbriefe flatterten ins Haus, genauso wie die ersten bunten Blätter des Herbstes auf den Balkon. Emilia presste ein paar zwischen Buchseiten und sammelte die Briefe vom Amtsgericht, der
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