Der Traummann aus der Zukunft (German Edition)
jemand ab.
„Wend-Architekten Berlin. Sie sprechen mit Frau Wohleit. Was kann ich für sie tun?“
Eine Frauenstimme, Gott sei Dank.
„Äh ja, hallo. Ich sollte mich per Mail bei Herrn Weingarten melden. Aber da stimmt etwas nicht. Es ist die Mailadresse auf ihrer Seite. Trotzdem kommt sie immer wieder zurück.“
„Mit wem spreche ich denn?“
„Oh, ähh…hier ist … Müller.“
Müller. Wieso Müller? Wieso hatte Emilia nicht ihren richtigen Namen gesagt? Sie wusste es nicht. So war es sicherer, irgendwie.
„Mit den Emailadressen auf unserer Seite stimmt alles. Da muss irgendwas mit ihrem Server nicht in Ordnung sein.“
„Nein, da ist alles in Ordnung. Alle Mails, die ich sonst versende, kommen an. Nur die an Herrn Weingarten kommen zurück. Schon sieben Mal.“
Frau Wohleit buchstabierte noch einmal ganz genau die Email.
„Ja, genau“, bestätigte Emilia.
„Also, da hab ich heut sicher schon zehn Emails weitergeleitet. Das funktioniert. Aber wissen sie was, ich verbinde Sie einfach mal mit Herrn Weingarten. Das ist doch am einfachsten, oder?!“
„Äh…ja….nein…ich…“
Schon hörte Emilia eine Wartemelodie. Ihr Daumen lag bereits auf der roten Taste. Okay, kurz seine Stimme hören. Es knackte in der Leitung. Emilias Herz machte einen Aussetzer. Dann war Frau Wohleit wieder am Apparat:
„Tut mir leid, Herr Weingarten ist in einer Besprechung. Aber ich könnte ihm etwas ausrichten.“
„Oh, nein danke, ich versuch‘s einfach später noch mal.“
Emilia drückte energisch die rote Taste und warf das Handy aufs Sofa. Natürlich verfehlte sie es. Es landete auf den Dielen und der Akku sprang raus. Emilia war jetzt Frau Müller, wollte dringend Miguel Weingarten kennenlernen, aber ohne mit ihm zu sprechen. Das war verdreht. Vielleicht fiel ihr wirklich langsam die Decke auf den Kopf, so wie Hilda es prophezeite.
Sie versuchte, die Email noch mal abzusenden und noch mal und noch mal und noch mal. Aber sie prallte irgendwo ab und war im nächsten Augenblick mit einer fetten Error-Meldung wieder da. ERROR. War das eine Botschaft an Emilia? Totaler Holzweg und Emilia solle aufhören mit ihrer fixen Idee? Sprach das Leben manchmal eine so deutliche Sprache? Eigentlich doch nie. Hilda würde jetzt wieder die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Leute, die versuchten, die banalsten Ereignisse wild mit Bedeutung aufzuladen, machten sie wahnsinnig. Emilia hielt dagegen, dass das Deuten doch gar nicht so schlecht wäre. Dabei lernte man etwas über sich selbst.
„Ja, aber die Leute tun genau das nicht!“, brauste Hilda dann jedes Mal auf. Sie deutelten sich nach dem eigenen Munde und trafen dann eine superdämliche Entscheidung nach der anderen. Trotzdem, die Sache als Holzweg anzusehen, das war nicht in die eigene Tasche gelogen. Das war doch ehrlich. Es fühlte sich deprimierend genug an, also war es eine realistische Deutung.
Emilia saß bewegungslos da und verfolgte die Regentropfen, die die Scheibe hinunterliefen. Jetzt war der graue Regen nicht mehr nur vor der Fensterscheibe, sondern schien auch in Emilias Gemüt zu nieseln. Warum war Realismus oft so trostlos? Was machte das für einen Sinn?
Plötzlich befreite sich ein rettender Gedanke aus einem hinteren Winkel in Emilias Kopf und preschte nach vorn: Was hatte die Wahrsagerin noch einmal gesagt? Emilia könnte nicht an Miguel herankommen vor der Zeit? Sie hatte das ganz klar zu bedenken gegeben und sie hatte erklärt, dass das ein Problem sei. Wow. Das war eine Lösung, eine, die sich gleich viel besser anfühlte, auch wenn sie nichts wirklich besser machte. Emilia sprang auf, sammelte ihr Handy vom Fußboden und setzte es wieder zusammen. Zum Glück war nichts abgebrochen. Miguel Weingarten stand für Emilia auf schicksalhafte Weise noch nicht zur Verfügung. Okay, es gab bisher kaum Beweise dafür. Dass Leute im Büro in Gesprächen waren, musste nichts heißen. Konnte aber. Das mit der Email dagegen war bereits definitiv unerklärlich.
Emilia würde ein Experiment machen. Ob Miguel für sie auf mysteriöse Weise unerreichbar war, ließ sich leicht rausfinden. Auf einmal sahen die Regentropfen draußen gar nicht mehr so grau aus. Eher waren sie durchsichtig und schimmerten ein bisschen wie Perlmutt. So ein Regentag nach einigen heißen Tagen hatte eigentlich was Erholsames.
Emilia zog die Bettwäsche ab und wischte den Flur. Dann wählte sie die Nummer von Miguels Büro noch einmal. Sie setzte die Wäsche auf und
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