Der Traummann aus der Zukunft (German Edition)
besser machen als sie, auch wenn er es nicht vorgelebt bekommen hatte. Jo sollte glücklicher werden…
Die plötzliche Stille, als alle in ihre Zimmer verschwunden waren, beunruhigte Emilia. Auf einmal war sie wieder mit sich allein. Sofort zogen die Bilder vom Rückweg durch den Wald auf. Und was in ihr hochstieg, war nicht Stolz auf ihre Anpassungsfähigkeit, sondern Wut. Wut und Verzweiflung, die Jo vielleicht mit seiner Andeutung umso mehr hervorgelockt hatte. Emilia versuchte, ihr Leben stabil und friedlich zu halten, aber sie schien auf einer Lawine zu sitzen, die immer mehr ins Rutschen kam, so dass die Illusion, alles wäre in Ordnung, sich nur noch stundenweise hielt. Irgendwas nahm seinen Lauf und Emilia konnte es nicht aufhalten. Die Möglichkeit eines anderen Lebens tat sich auf und ließ sie nicht mehr los.
Emilia ging es immer schlechter und seit dem Abend mit Hilda ließ sich das nicht mehr verdrängen. Warum sollte auch sie nicht wieder glücklicher werden können, auch wenn ihr Lebensweg bereits mit Fehlentscheidungen gespickt war?!
Emilia setzte sich mit ihrem Laptop ins Wohnzimmer, so, dass jeder, der hereinkam, nicht sofort auf den Bildschirm schauen konnte.
Sie öffnete ein neues Nachrichten-Fenster, ohne eine Emailadresse einzugeben und überlegte. Was konnte sie IHM schreiben?
Hi, ich habe dich auf dem Spielplatz gesehen und würde dich gern kennenlernen. Emilia
Nein, das klang nach gelangweilter Hausfrau, die Anschluss an eine Krabbelgruppe suchte.
Sehr geehrter Herr Weingarten,
ich bin im Netz auf Ihre Homepage gestoßen. Da mir die Projekte Ihres Büros gefallen, würde ich gern einen Termin vereinbaren. Wir suchen einen Architekten, der unser Haus neu plant.
Mit freundlichen Grüßen…
Darauf ging er bestimmt sofort ein, schon von Berufs wegen…und dann? Emilia hatte kein Haus.
Hallo, ich schreibe eine Arbeit zum Thema: Wie ich meinen Traumberuf fand und suche Leute, die Lust haben, mir zu erzählen, wie sie Ihr Ziel erreicht haben. Hätten Sie dazu Zeit und Lust?
Nein, das klang zu albern. Emilia nahm sich einen roten Fineliner und zog ein leeres Papier aus dem Drucker. Manchmal fiel ihr was Besseres ein, wenn sie Notizen mit der Hand machte. Sie kaute auf dem Stift herum und schaute aus dem Fenster, ohne irgendwas zu sehen. Eine Nachricht von Hilda blinkte auf:
Hilda: Na, habt ihr euch schon getroffen?
Emilia: Ha, ich überlege gerade, ihm eine Email zu schreiben, aber mir fällt nichts ein.
Hilda: Email? Ruf doch an!
Emilia: Anrufen? Da weiß ich doch auch nicht, was ich sagen soll.
Hilda: War auch nicht ernst gemeint. Du musst ihn einfach „zufällig“ treffen. Das geht am besten. Am Gemüsestand Kartoffeln fallen lassen, Tüte reißen lassen. Seiner Tochter auf dem Klettergerüst helfen, irgend sowas.
Emilia: Auf so einen „Zufall“ kann man ja ewig warten.
Hilda: Ach, so schwer kann‘s doch nicht sein. Er wird ja wohl mindestens einmal am Tag das Haus verlassen. Irgendeinen Tag musst du dir eben ans Bein binden und ihm auflauern, wenn du’s ernst meinst. Bleib locker. Das ist das Hauptproblem dabei. Das andere alles nicht.
Emilia: Aber ich kann doch trotzdem auch eine Email schreiben.
Hilda: Klar.
Emilia: Bloß was?
Hilda: Schreib doch einfach… äh…, ne Bewerbung. Frag nach einem Praktikum, oder nee, irgendwas, was ihm schmeichelt. Dass dir seine Projekte auf der Homepage gefallen, ob ihr mal drüber sprechen könnt. Bewunder ihn für seine Arbeit. Darauf fahren Männer immer ab. Darauf wird er reagieren.
Emilia: Hm, hatte schon sowas in der Art überlegt. Okay, ich versuch‘s noch mal.
Es dauerte eine Stunde, bis Emilia die Mail geschrieben hatte. Als würde es um die Bewerbung ihres Lebens gehen. So war es ja auch irgendwie. Als sie endlich auf Senden drückte, fühlte sie sich richtig erschöpft. Doch dann erlebte sie umgehend die erste Enttäuschung. Die Mail kam zurück. Der Empfänger war nicht zu erreichen. Warum das denn nicht? Emilia überprüfte die Mail auf der Homepage, dann noch mal in der Nachricht selbst. Alles richtig. Es konnte doch nicht sein, dass die Mail auf der offiziellen Seite eines Architektenbüros nicht stimmte. Sie versuchte es noch einmal. Wieder dasselbe. Die Mail kam umgehend zurück. Vielleicht war sein Postfach voll? Manche Leute hatten ja noch Emailpostfächer mit begrenzter Speicherkapazität. Emilia betrachtete ratlos die
Weitere Kostenlose Bücher