Der Traummann aus der Zukunft (German Edition)
zwei Wochen zu einem Bewerbungsgespräch ein. Emilia nahm das mit gemischten Gefühlen auf. War das jetzt der richtige Zeitpunkt? Eher kam es ihr so vor, als bräuchte sie in nächster Zeit keinen Job. Sie lektorierte und machte Skizzen für Hildas Buch. Ansonsten bildete tatsächlich das Fitnesscenter das Zentrum des Tages. Emilia ging nicht nur dreimal die Woche hin, sondern jeden Tag. Emilia konnte sich nicht vorstellen, diese Aktivität, die sie gerade erst lieb gewonnen hatte, gegen eine tägliche Arbeit unter unbekannten Menschen einzutauschen. Sie brauchte das Fitnesscenter. Es hielt ihr den Kopf frei. Hilda hatte mal wieder recht gehabt.
Und es half nicht nur der Psyche. Emilia glaubte, bereits positive Veränderungen wie straffere Haut und besser geformte Schenkel an ihrem Körper festzustellen, auch wenn das nach zehn Tagen Training eigentlich nur Einbildung sein konnte. Nur mit Miguel hatte sie kein Glück. Sie traf ihn nicht wieder, obwohl sie täglich in seiner Gegend herumschlich. Sie hatte mehrmals zum Hörer gegriffen, um mit seiner Ex zu sprechen und irgendwas heraus zu finden, aber die Nummer dann doch nicht gewählt. Sie konnte nicht einfach und aus egoistischen Gründen in einer zerstörten Beziehung herumstochern. Sie fühlte sich dabei skrupellos wie ein Bildreporter, dem die Emotionen der in seiner heißen Story vorkommenden Menschen vollkommen egal waren.
Doch dann kam endlich ein Tag, an dem etwas Einschneidendes passierte. Emilia traf auf Miguel und seine neue Freundin, und zwar im Nautilus, in ihrem Fitnesscenter.
Lachend und scherzend betraten sie die große Halle, Miguel in schwarzen Trainingshosen bis zum Knie und weißem T-Shirt und seine Freundin mit sportlichem Pferdeschwanz und perfektem Trainingsdress in schwarz, pink und weiß. Sie sah aus wie aus der Werbung für Sportgeräte, oder wie eine Barbiepuppe.
Die Barbiepuppe zog Miguel an der Hand zu einem Trainingsgerät für Bauchmuskeln und kniff ihn mit der freien Hand in seinen Bauch.
„So, jetzt tun wir mal was gegen deine Schokoladen-Plautze. So kann das nicht weitergehen!“
Emilia vergaß für einen kurzen Moment das Laufen auf dem Laufband und wäre beinahe hingefallen. Sie fing sich aber noch geradeso ab, stellte das Gerät langsamer und starrte die beiden an. Tatsächlich, Miguel hatte einen ganz kleinen Bauchansatz. Das war ihr bisher noch gar nicht aufgefallen, weil er durch seine Größe und seine langen, dünnen Beine ziemlich schlank wirkte. Erleichterung breitete sich als warmes Gefühl in ihrem ganzen Körper aus. Irgendwie war Miguel dadurch sofort näher dran an Emilia als an diesem makellosen Blondzöpfchen, das sich an dem Bauchansatz zu stören schien. Die kannte Miguel kaum und da schleifte sie ihn schon in ein Fitnesscenter? War das nicht ziemlich dreist? Fand man den anderen, wenn man frisch verliebt war, nicht rundum perfekt? Jemand, der sich seine neue Liebe erst noch zurecht formen musste, da stimmte doch irgendwas nicht. Oder?!
Miguel lag auf dem Rücken und stemmte schnaufend ein paar Gewichte. Barbie hüpfte mühelos an einem anderen Gerät auf und ab. Emilia studierte die rosa und weißen Streifen an ihrem Körper. Ihr Dress war ehrlich gesagt stillos. Zugegeben, ihr Gesicht war ebenmäßig und schön, allerdings so, dass der Blick sofort dran abrutschte. Emilia resümierte, dass Barbie bei näherem Hinsehen nicht mal eine Ausstrahlung hatte. Was fand Miguel nur an ihr? Wahrscheinlich einfach das perfekte Aussehen. Irgendwann fiel jeder Mann auf so eine Modejournal-Püppi herein. Das war durch Werbung von klein auf so einprogrammiert. Emilia stellte ihr Laufband wieder zwei Stufen schneller. Natürlich ließ sie kein gutes Haar an der „Dame“. Trotzdem, sie hätte ja auch eingeschüchtert sein können. Das war sie aber nicht. Und das war ein gutes Gefühl.
Miguel gab auf mit dem Kraftsport und nahm sich ebenfalls ein Laufband, allerdings am anderen Ende des Raumes. Goldzopf übte an weiteren Kraftgeräten. Sie war routiniert, sie trainierte nach Stoppuhr. Das sah man. Sie war ganz offensichtlich ein alter Fitnesscenterhase… Häschen. Emilia beschloss, so lange zu laufen, bis die beiden fertig waren mit ihrem Programm. An Blondzopf gab‘s nach fünf Minuten einfach nichts mehr zu entdecken. An Miguel dagegen unendlich viel. Miguel rannte auf seinem Laufband. Sie hatte noch nie die Gelegenheit gehabt, ihn so lange und kontinuierlich aus der Nähe beobachten zu können. Er hatte auf der
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