Der Traummann aus der Zukunft (German Edition)
Frühstück aufregen. Dann sah er Emilia, die lächelte und nach vielen Tagen schwarzer Jogginghose mal wieder das leuchtend rote Kleid anhatte. Er entschied sich, vorerst mit dieser Entwicklung zufrieden zu sein, auch wenn dafür das Frühstück mehr als fragwürdig war.
„Ich glaube, ich hol mir lieber ein paar belegte Brötchen beim Bäcker.“
„Also, ich fand‘s gar nicht so schlecht. Wenn‘s nächstes Mal noch Toastbrot dazu gibt?! Ich geh heute einkaufen, ja?“
Jos Freude darüber, dass Emilia wieder ansprechbar war, war nicht zu übersehen. Wenn Jo dadurch anfing zu überlegen, wie er im Haushalt mithelfen könnte, sollte Emilia vielleicht öfter mal ein paar Tage abschalten. Emilia schrieb Jo einen Einkaufszettel und legte Geld dazu, damit er gleich los konnte, wenn er von der Schule kam.
Als Jo in die Schule gegangen und Bernhard in seinem Arbeitszimmer verschwunden war, packte Emilia ihre Sportsachen zusammen. Heute würde sie mit dem Training beginnen. Doch vorher wollte sie endlich zur Konzerthalle spazieren und ihr Fahrrad abholen. Ob es überhaupt noch da sein würde? Immerhin hatte sie es an ein Geländer festgeschlossen. Aber einem Rad, das irgendwo zu lange stand, begann bald der Sattel oder das Vorderrad zu fehlen. Emilia hatte jedoch Glück. Ihr Fahrrad war unversehrt. Der Platz vor der Halle wie ausgestorben. Gut zwei Wochen war das leidige Konzert jetzt her. Emilia kam es vor wie eine Ewigkeit, wie ein schlechter Film, den sie gesehen hatte. Sie hatte sich tatsächlich später ein paar YouTube-Mitschnitte angesehen, um Bernhard glaubwürdig berichten zu können, falls er fragte. Doch Bernhard fragte nicht.
Emilia schloss ihr Fahrrad ab und warf ihren Rucksack mit dem Sportzeug in den Fahrradkorb. Sie hatte eine Weile überlegt, ob sie sich für das Nautilus-Training oder das Kieser-Training anmelden sollte. Sie entschied nach dem Namen, Nautilus klang besser, auch wenn es zu diesem Fitnesscenter ein bisschen weiter war. Beziehungsweise ehrlich gesagt, hatte sie nach der Lage entschieden. Auf dem Weg zum Nautilus würde sie täglich an Miguels neuer Wohnung vorbeikommen. Und gleich heute, nachdem sie eine Stunde Laufband absolviert hatte, wollte sie bei Miguel anhalten und sich den Treppenaufgang hinauf bis zu seiner Wohnungstür wagen.
Die Anmeldung im Fitnessstudio gestaltete sich unkompliziert. Eine nette, junge Trainerin stellte Emilia ein Programm zusammen. Und als Emilia endlich auf dem Laufband mit niedrigster Stufe stand, fühlte sie sich wohler in so einem Center, als sie angenommen hatte. Während sie lief, dachte sie an die schönsten Momente, die sie mit Miguel bisher verbanden: auf dem Spielplatz, als sie noch nicht wusste, dass er der Mann ist, um den bald alles kreisen würde; der Moment vor seiner Haustür, als er auf sie zukam und fast über Emilia gestolpert wäre, wäre nicht seine Tochter dazwischen gesprungen und natürlich an der Theaterkasse, als er sie zum ersten Mal anlächelte. Naja, das war alles noch nicht viel. Emilias Träume, in denen sie zusammen waren, auf fliegenden Pferden durch die Wolken ritten oder durch lagunenblaues Wasser schwammen, waren immer noch um einiges befriedigender.
Okay, Miguel hatte eine neue Freundin. Trotzdem spürte Emilia nach wie vor eine schicksalhafte Verbundenheit. Klar, konnte man diese unerwartete Entwicklung extrem negativ sehen. Aber sie konnte auch eine ganz andere Bedeutung haben. Manchmal kam es vor, dass Männer wie Frauen nach langjährigen, festen Partnerschaften lückenlos den Richtigen oder die Richtige für den nächsten Lebensabschnitt fanden. Aber die meisten brauchten ein Sprungbrett, ein Gegengift zu dem, was in der alten Beziehung schon immer gefehlt und sie ausgehöhlt hatte. Oder einfach Jemand, der einen aus der alten Welt herausholte, auch wenn er nicht zu einem passte. Wer sagte denn, dass Miguel mit der Blonden ewig zusammen sein würde? Niemand. Und selbst wenn Miguel seine Familie wegen der Blonden verlassen hatte, es wäre nicht passiert, wäre zu Hause alles in Ordnung gewesen.
Emilia fühlte sich nach dem Schwitzen und Duschen wie neu geboren.
Sie schwang sich auf ihr Fahrrad, genoss den Fahrtwind im Gesicht und stellte es vor der frisch gestrichenen gelben Wand von Miguels Haus ab.
Das nagelneue silberne Klingelbrett neben der Eingangstür glänzte in der Sonne. Emilia klingelte sich mühelos ins Haus. Am Hinterhaus schienen gerade die letzten Sanierungsarbeiten abgeschlossen worden zu
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