Der Traummann aus der Zukunft (German Edition)
Sicherheit bemerkt.
„Ja, es war wundervoll. Der schönste Abend, den ich bis jetzt erlebt habe. Ich danke dir.“
Erik lächelte. Und Emilia spürte den Drang, etwas Wichtiges loszuwerden, auch wenn es viel zu ernst war für den Abend:
„Das nächste Mal holst du mich woanders ab. Ich verspreche es dir. Aber bitte, warte auf mich!“
Das war doch auch ein fast vollendeter Filmsatz. Langsam kam sie in Übung. Erik lächelte noch immer, mit einem Zug von Wehmut im Gesicht, so wie es in so einem Moment sein musste.
„Mein Rapunzel mit den goldenen Locken.“ Dabei ließ er wieder eine von Emilias Locken durch seine Finger gleiten. Mehr sagte er nicht. Er küsste Emilia auf die Stirn. „Bis bald.“
„Bis bald“, hauchte Emilia zurück und stieg aus.
Bernhard stand im Flur, als Emilia die Wohnung aufschloss. Er musterte sie von oben bis unten, sagte aber nichts. Emilia wünschte einen guten Abend, obwohl es bereits nachts um zwei war. Auch darauf antwortete Bernhard nicht, ging an ihr vorbei und schloss die Tür seines Zimmers hinter sich. Er hatte begonnen, auf seiner Couch im Arbeitszimmer zu schlafen. Beide schliefen jetzt auf der Couch. Das Schlafzimmer war verwaist und überflüssig geworden.
Emilia sah noch eine Weile aus dem Fenster, hinunter auf die leere Straße, dahin, wo gerade noch Eriks Auto gestanden hatte. Es war so unwirklich. Warum hatte er nicht geantwortet: ‚Ja, ich werde auf dich warten‘. Oder irgendetwas Ähnliches. Das hätte sie beruhigt. So aber ließ sie das Gefühl nicht los, zu langsam zu sein. War Erik wirklich ein Mann, der nicht nur warten wollte, sondern auch warten konnte? Sonst konnten Männer das doch nie. Emilia würde sich Wohnungen ansehen in Claudias Wohnblock. Gleich morgen.
Hilda: Du! Sei jetzt nicht sauer. Aber vielleicht ist er impotent. Hast du daran schon mal gedacht?
Emilia: Impotent? Erik? Nein, das kann ich mir echt nicht vorstellen. So sieht er nun überhaupt nicht aus.
Hilda: Wieso. Wie sehen denn impotente Männer Deiner Meinung nach aus?
Emilia: Was weiß ich. Impotent eben…
Hilda: Impotent sind oft die schönsten Männer.
Emilia: Die schönsten Männer. Ich dachte, die sind immer schwul?!
Hilda: Naja, schwul oder impotent eben!
Emilia: Aber sowas hätte er mir doch erzählen können!
Hilda: Du hast selbst gesagt, dass er mehr so der Typ ist, der Gedichte rezitiert, statt von sich zu erzählen.
Emilia: Aber er hat ja von sich erzählt.
Hilda: Von sich erzählt? Nein. Er hat höchstens den einen oder anderen Satz fallen lassen und damit alles nur noch geheimnisvoller gemacht.
Das stimmte. Das war Emilia auch schon aufgefallen. Sie hatten viel gelacht und sich Honig ums Maul geschmiert (O-Ton Hilda), aber ansonsten nur Anekdoten und Geschichten von anderen Leuten ausgetauscht. Erik wollte nichts wissen aus ihrem wirklichen Leben. Sollte das jetzt schon beunruhigend sein? Das Desaster mit dem Vater von Jo und das Desaster mit ihrer Ehe konnte man sich doch wirklich für später aufheben, nachdem man die Anfangsromantik voll ausgekostet hatte. Aber impotent?
Emilia: Nein, ich hab „ihn“ schon berührt, wenn du es genau wissen willst. Und er war überhaupt nicht schlaff.
Hilda: Bist du sicher? Vielleicht war es auch die fette Brieftasche von Papa! Sorry, das ist nur der Neid. Aber es gibt zwei Arten von Impotenz: Die einen kriegen ihn nicht hoch und die anderen kriegen nichts raus!
Emilia: Na, du kennst dich ja aus! Nein, glaub ich trotzdem nicht, dass er impotent sein könnte. Ich glaube, er ist einfach schrecklich romantisch. Ich weiß, du kannst damit nicht so viel anfangen. Aber … seufz … Es ist einfach nur schön. Auch das Zeitlassen.
Hilda: Gleichzeitig hast du Angst, zu langsam zu sein.
Emilia: Ja, aber wahrscheinlich ist das überflüssig. Ich schaue mir heute nach der Arbeit zwei Wohnungen an. Ich muss jetzt weiter, Mittagspause zu Ende. Claudia arbeitet schon wieder. Erik scheint nicht da zu sein. Heute finde ich das sogar erleichternd. Bis später…
Claudia hatte recht gehabt. Wenn man durch die Straßen von Marzahn fuhr, kam einem alles gesichtslos und anonym vor, abweisend und ungemütlich. Schaute man aber aus dem Fenster eines dieser Neubauten, konnte es ganz anders sein. Claudias Wohnblock lag von der großen Straße weg. Er war auch nicht so hoch, nur fünf Stockwerke. Nach hinten raus gab es einen riesigen grünen Hof, Bäume, Wiesen,
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