Der Traummann aus der Zukunft (German Edition)
18.Jahrhundert, die zueinander finden wollen!“, empörte sich Erik, lächelte und streichelte jetzt wieder ihre Wange. Das beruhigte Emilia. Vielleicht war sie in ihrem Überschwang wirklich ein bisschen zu ungeduldig.
Trotzdem wollte sie Erik endlich einladen. Sie hatte schon den Brief auf Büttenpapier mit echtem Siegellack vorbereitet, in dem sich eine Einladung zum Abendessen befand, aber den schmuggelte sie nun doch nicht mehr in seine Post. Sie würde Erik einfach nach dem Spaziergang überraschen, mit einem Dinner bei Kerzenschein auf dem Balkon. Jo würde bei Marleen bleiben. Das hatten sie schon besprochen. Emilia beneidete Jo. Sie sah vor sich, wie er am Abend des Umzuges mit Marleen Arm in Arm in der Wohnstube gesessen hatte, wie sie Frühstück machten, wie er ihr eine Zahnbürste spendierte und die kleinen Zärtlichkeiten im Vorbeigehen. Es schien so selbstverständlich für die Beiden. Dabei war es so ein Glück. Emilia konnte sich nichts Schöneres vorstellen, als auch endlich so weit zu sein mit Erik.
Bis Mittwoch fand Emilia jedes Mal etwas Anderes an ihrem Spint. Am Montagmorgen war es ein rotes Herz aus Papier. Am Dienstag ein kleiner Strauß Vergissmeinnicht und am Mittwoch ein Rilke-Gedicht. Hilda war jetzt doch nicht mehr neidisch. Das war ihr alles viel zu überholt und triefend vor Kitsch. Emilia spürte neben ihrem Entzücken auch Befremden, aber das gab sie vor Hilda auf keinen Fall zu.
Als Emilia für das Dinner einkaufte - sie plante ein kleines, kaltes Buffet, das sie im Handumdrehen aus dem Kühlschrank zaubern konnte - hatte sie eine überraschende Begegnung. Emilia fuhr extra in einen kleinen Laden voller Leckereien im Prenzlauer Berg, um einige köstliche Käse, Brotaufstriche und Schinken zu holen, dazu das leckerste Brot der Stadt und ihren Lieblingswein. Eigentlich ging das über ihre Verhältnisse und der Laden befand sich auch ein bisschen weit weg, aber es sollte ein ganz besonderer Abend werden. Emilia entschied sich, mit dem Fahrrad zu fahren. Auf dem Rückweg balancierte sie zwei volle Taschen am Lenkrad. Hoffentlich würde sie es so bis Marzahn schaffen. Die Enge der Straßen im Prenzlauer Berg veranlasste sie, auf den Bürgersteig auszuweichen. Genau vor ihr bogen drei Personen aus dem Park ein und versperrten ihr den Weg. Der Mann hatte sie aus dem Augenwinkel bemerkt und schob die anderen Beiden beiseite, damit Emilia durchkam. Es war Miguel mit seinen Töchtern. Emilia bremste ruckartig. Das Rad schlingerte. Sie sprang ab, versuchte, die Balance zu halten und kam mit dem Vorderrad einige Millimeter vor Miguels Knie zum Stehen. Eigentlich hatte sie vorgehabt, in die Pedalen zu treten, um möglichst schnell wegzukommen. Während sie noch vor kurzem nicht genug an Miguel denken konnte, war sie seit Erik damit beschäftigt, ihn ganz aus ihren Gedanken zu verbannen. Hartnäckig kam er dafür in ihren Träumen wieder. Auch in der ersten Nacht, nachdem Hilda sie noch mal daran erinnert hatte, dass Träume, die in der ersten Nacht an einem fremden Ort stattfinden, wahr werden. Emilia hatte geträumt, dass sie in ihrem neuen Bett neben Erik aufwachte. Sie war ganz sicher, dass er neben ihr lag und dass es kein Traum war. Sie brauchte nur die Hand nach ihm ausstrecken und die Augen öffnen. Sie spürte seine Wärme, sie berührte seine Schulter. Sie fühlte sich an wie Samt. Dann öffnete sie endlich die Augen. Aber es war nicht Erik, der neben ihr lag, sondern Miguel. Emilia war hochgeschreckt und dann war sie erst wirklich wach gewesen. Die Sonne schien ihr durch einen Spalt zwischen den Vorhängen ins Gesicht und weder Erik noch Miguel lagen neben ihr. Stattdessen hielt sie eines ihrer kleinen roten Samtkissen umklammert. Emilia hatte den Traum sofort für sich umerinnert. Natürlich war es Erik gewesen, der neben ihr aufgewacht war und sie hatte nicht Miguels Gesicht gesehen. Sie wollte nicht mehr dieser Fantasie hinterher hängen. Das sollte ein für alle Mal vorbei sein. Emilia war wieder in der Realität angekommen. Und nun stand Miguel vor ihr, real und in greifbarer Nähe, genau eine Armlänge. Sie schauten sich für Bruchteile von Sekunden an, die Emilia ewig vorkamen. Erkannte er sie wieder? Für einen Moment schien er zu überlegen, aber dann machte er nur eine Handbewegung und sagte:
„Bitte sehr.“
„Danke“, raunte Emilia, senkte den Kopf und schaffte es nicht, eine Entschuldigung herauszubringen. Dennoch, das war ein erstes echtes Gespräch. Ein
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