Der Traurige Polizist
verschwand, schaute er noch
einmal, ob er den Sierra sehen konnte. Nein. Egal, dachte er, wahrscheinlich parken sie irgendwo hier, so daß sie einen guten
Blick haben. Er hielt auf seinem Parkplatz mit dem Schild RESERVIERT FÜR DEN OBERFRISEUR VON HAIR TODAY
.
Er stellte die Kombination seines Attaché-Koffers ein und |317| öffnete ihn. Die Pistole lag obenauf. Er klappte den Deckel wieder zu und verdrehte die Kombination routiniert mit dem Daumen.
Er würde die Pistole jetzt nicht brauchen, wo die Polizei ihn kostenlos beschützte. Er stieg aus, drückte den Knopf auf seinem
Autoschlüssel, um die Zentralverriegelung des BMW zu aktivieren, und ging zum Fahrstuhl. Die Tür stand offen. Er trat hinein
und schaute auf die Uhr. Sechs. Genau pünktlich. Wie immer. Außer am Montagmorgen. Er drückte den Knopf für den sechsten Stock.
Die Türen schlossen sich geräuschlos.
Snyman parkte gegenüber des Servier Building auf der Hauptstraße, so daß er die Eingangstür des Gebäudes und die Ausfahrt
der Tiefgarage im Auge behalten konnte. Er öffnete die Lunchbox auf dem Beifahrersitz und nahm eine Thermoskanne Kaffee und
einige Sandwiches heraus. Er war nicht hungrig, aber der Kaffee würde ihm guttun. Er schraubte die Thermoskanne auf, goß die
dampfende Flüssigkeit in den Deckelbecher und nippte langsam und vorsichtig daran.
Der Kaffee verbrannte ihm die Lippen. Er fluchte und pustete auf die braune Oberfläche der Flüssigkeit.
Er lehnte sich in den bequemen Sitz des Sierra zurück.
Es konnte ein langer Tag werden.
Nienaber starrte auf den Boden des Fahrstuhls, so wie er es immer tat, er sah erst auf, als die Türen sich öffneten.
Er sah seinen Mörder sofort.
Die Beine ein wenig auseinandergerückt, Arme ausgestreckt, die Pistole mit beiden Händen gehalten, auf ihn gerichtet.
Er wußte, daß sein Mörder auf ihn gewartet hatte, daß er |318| die Anzeige über dem Fahrstuhl beobachtet hatte. All das wurde ihm in einer Mikrosekunde klar.
Schnell denken, Oliver Nienaber. Deswegen hast du es so weit gebracht
.
Er wußte, daß die Pistole in seinem Attaché-Koffer unerreichbar war, nutzlos. Aber er konnte reden. Er konnte verhandeln.
Er konnte denken.
Er hob seine Hand, um den Mörder aufzuhalten.
»Du …«, sagte er, doch da durchschlug die Kugel auch schon seine Handfläche und war unaufhaltsam unterwegs in sein Gehirn.
Um Viertel vor sieben am Mittwochmorgen saß Joubert auf der Holzbank im Umkleideraum des Freibades. Seine Ellenbogen ruhten
auf seinen Knien, sein Kopf hing herunter, Wasser tropfte auf den Zementboden, und ihm war klar, daß er aufhören mußte zu
rauchen.
Seine Lungen brannten. Er wußte, es lag an dem Teer, der schwarzen, klebrigen, dreckigen Schicht, die nach dem Schwimmen in
seinen Lungen vor sich hin köchelte, die es ihm unmöglich machte, endgültig wieder fit zu werden. Er konnte es bei jedem Atemzug
spüren, den er nach fünf, sechs Bahnen heute morgen genommen hatte. Bei jedem neuen Schwung seines Arms, jedem Stoß seiner
Beine, wurde das Bild der schlammigen Verkrustungen in seinen Lungen klarer, die zwischen ihm und dem energiespendenden Sauerstoff
standen.
Mat Joubert, der menschliche Mülleimer. Voll mit Fett und Dreck.
Egal, ob es Special Milds waren, früher oder später würde er aufhören müssen. Außerdem schmeckten sie sowieso nicht.
Er traf eine Entscheidung.
|319| Er stand entschlossen auf und ging hinüber zu seinen Sachen, die auf einem Haken hingen. Er zog das weißgrüne Päckchen und
das Feuerzeug aus der Jackentasche, dann ging er zu dem großen schwarzen Mülleimer in der Ecke, hob den Deckel und warf die
Zigaretten schwungvoll hinein.
Der Eimer war leer gewesen. Er starrte das Zigarettenpäckchen und das Feuerzeug an, die nun darin lagen.
Ich hab aufgehört, dachte er. Für immer.
Zufrieden legte er den Deckel auf die Mülltonne, wandte sich ab und ging duschen.
Auf der Fahrt in die Kasselsvlei Road sah er das Werbeposter der
Cape Times
: MAUSER: BRITISCHE HELLSEHERIN EILT ZU HILFE.
Der Zeitungsverkäufer hielt die Zeitung so, daß Joubert auch die Schlagzeile auf dem Titel lesen konnte, nur ein Wort, das
sich über die gesamte Seite erstreckte: HYSTERIE! Darunter die Unterzeile: FARMER NACH SCHIESSEREI IN BANK IN LEBENSGEFAHR.
Einen Augenblick lang überlegte er, ob er die Zeitung kaufen sollte, aber dann schaltete die Ampel um, und er fuhr weiter.
De Wits Hellseherin war gekommen, dachte
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