Der Traurige Polizist
Bücherregal mit Akten, ein paar Büchern über Geschäftstechniken und einer Handvoll Reader’s-Digest-Zusammenfassungen
von Bestsellern in ihren übertriebenen Kunstledereinbänden. Die Wand neben der Tür hing voller Fotos und Abschlußzertifikate.
Außerdem eine große Zeichnung eines Cartoonisten, der aus dem Ort kam. |44| Sie zeigte James Wallace – dichtes schwarzes Haar, prächtigen Schnauzer, leicht vorstehende Wangen. Seine Karikatur trug einen
edlen Anzug. In einer Hand hielt sie eine Aktentasche mit dem Logo WALLACE QUICKMAIL. Unter dem anderen Arm klemmte ein Cricket-Schläger,
in der Hand hielt er eine Flagge, auf der WP CRICKET stand.
Joubert wählte die Nummer. Es war der Anschluß einer Hotelrezeption. Er verlangte Basie zu sprechen und wartete kurz.
»Captain?«
»Ja, Basie.«
»Wir haben jemanden gefunden, Captain. Eine Frau, blond. Sie sagt, Wallace sei bei ihr auf dem Zimmer gewesen. Aber wir haben
sie nicht weiter befragt. Wir warten auf Sie.«
»Können Sie bei ihr bleiben? Benny und ich werden noch eine Weile hier sein.«
»Kein Problem, Captain.« Louw klang begeistert. »Oh, und da war noch eine Patronenhülse. Unter der Leiche.«
Als Joubert das Arbeitszimmer verließ, schaute er noch einmal auf die Zeichnung an der Wand. Ihm wurde bewußt, daß die Bedeutungslosigkeit
des Lebens genau so tragisch war wie die Endgültigkeit des Todes.
»Er hat sein Geschäft ganz alleine gegründet«, sagte Margaret Wallace. Sie saß auf der Kante des großen, gemütlichen Sessels,
die Hände im Schoß, die Stimme gleichmäßig, ohne Ausdruck, kontrolliert.
»Er bekam den Auftrag, Kommunalobligationen zuzustellen. Am Anfang war es schwer. Er mußte eine Adressiermaschine und einen
Computer aus den Vereinigten Staaten importieren, aber damals wurde noch jeder Brief von Hand in |45| die Umschläge gesteckt und dann zugeklebt. Ich habe ihm geholfen. Wir haben oft Nächte durchgearbeitet. Er hat vor zwei Jahren
siebzig Prozent der Firma an Promail International verkauft, aber sie haben den Namen beibehalten. Er ist immer noch Vorstandsmitglied
und fungiert als Berater.«
Joubert bemerkte, daß sie über ihren Mann immer noch im Präsens sprach. Aber er wußte, daß sich das am nächsten Tag ändern
würde, nach der Nacht.
»War Ihr Ehemann politisch engagiert?«
»Politisch?« fragte Margaret Wallace, die überhaupt nicht zu verstehen schien, was sie sagen wollten.
»War Mr. Wallace Mitglied einer politischen Partei?« fragte Griessel.
»Nein, er …« Ihre Stimme brach. Sie warteten. »Er war … unpolitisch. Er hat nicht einmal gewählt. Er sagt, die Politiker seien
alle gleich. Sie wollen nur an die Macht. Sie kümmern sich nicht wirklich um die Menschen.« Ihre Stirnfalten vertieften sich.
»Hatte er mit Townships zu tun? Sozialarbeit?«
»Nein.«
»Seine Firma?«
»Nein.«
Joubert versuchte es aus einer anderen Richtung. »Wissen Sie von irgendwelchen Problemen bei der Arbeit, in der letzten Zeit?«
Sie schüttelte leicht den Kopf, ihr braunes Haar bewegte sich. »Nein.«
Die verschiedenfarbigen Augen zwinkerten. Sie riß sich zusammen, das wußte Joubert. Er half ihr: »Wir sind sicher, daß es
eine logische Erklärung für diese schreckliche Tat geben muß, Mrs. Wallace.«
|46| »Wer kann so etwas tun? Gibt es nicht schon genug Tod und Zerstörung in diesem Land? James war nicht perfekt, aber …«
»Es könnte ein Unfall gewesen sein, Mrs. Wallace. Oder ein Raubüberfall. Das Motiv für solche Dinge ist normalerweise Geldgier«,
sagte Griessel.
Oder Sex, dachte Joubert.
»Wissen Sie, ob jemand Ihrem Mann Geld schuldete? Irgendwelche anderen Firmen, Transaktionen …«
Sie schüttelte wieder den Kopf. »James ging sehr verantwortungsvoll mit Geld um. Er hat nicht einmal gespielt. Wir sind letztes
Jahr nach Sun City gefahren, mit den Leuten von Promail. Er nahm 5000 Rand mit und sagte, wenn die weg seien, würde er aufhören.
Und das tat er. Unser Haus ist sogar abbezahlt, Gott sei Dank …«
Griessel räusperte sich. »Sie waren glücklich verheiratet.« Eine Feststellung.
Margaret Wallace schaute Griessel an und runzelte wieder die Stirn. »Ja, das glaube ich schon. Wir haben natürlich auch mal
gestritten. James liebte Cricket. Manchmal kam er nach einer Nacht mit den Jungs angetrunken nach Hause. Und manchmal bin
ich da zu empfindlich. Ich kann ganz schön launisch sein, schätze ich. Aber unsere Ehe funktioniert, auf ihre
Weitere Kostenlose Bücher