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Der Traurige Polizist

Titel: Der Traurige Polizist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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unerwarteten Augenblick
     zu fürchten, in dem einem klar wurde, daß einem nur noch eine Nanosekunde in der Welt blieb? Angst, Panik.
    Und jetzt hängte de Wit ein Schwert über seinen verwirrten Schädel. Laß den Psychologen deine Schaltkreise in Ordnung bringen,
     sonst …
    Er hielt vor einem Hochhaus an der Foreshore. Sechzehnter Stock. Dr. H. Nortier. Mehr wußte er nicht. Er nahm den Fahrstuhl.
    Joubert war angenehm überrascht, daß außer ihm niemand im Wartezimmer saß.
    Es war anders, als er erwartet hatte. Es gab ein Sofa und zwei Sessel, bequem und gepflegt, mit einem rosablauen Blumenmuster.
     In der Mitte lagen auf einem Couchtisch sechs Zeitschriften, die aktuellen Ausgaben von
De Kat, Time, Car, Cosmopolitan
. An einer weiß gestrichenen Tür, die wahrscheinlich in den Praxisraum führte, hing ein Schild, auf dem stand: DR. NORTIER
     WIRD SIE GLEICH EMPFANGEN. BITTE MACHEN SIE ES SICH GEMÜTLICH UND NEHMEN SIE SICH EINEN KAFFEE. VIELEN DANK
.
Dann dieselbe Information auf Afrikaans. An den Wänden hingen Aquarelle – eines vom Firmament, ein anderes von Fischerhütten
     in Paternoster. In einer Ecke stand ein Tisch mit einer Kaffeemaschine. Daneben Kaffeetassen und Untertassen aus Porzellan,
     Teelöffel, eine Dose Kaffeeweißer und eine Zuckerschale.
    Er goß sich eine Tasse ein, der Filterkaffee roch gut. War der Mann Psychiater? Psychologen waren »Herr«, nicht »Doktor«.
     War er so angeschlagen, daß er einen Psychiater brauchte?
    |77| Er setzte sich auf die Couch, stellte die Tasse auf den Tisch und zog seine Winstons heraus. Er suchte nach einem Aschenbecher.
     Es gab keinen. Das irritierte ihn. Wie war es möglich, daß ein Psychologe keinen Aschenbecher in seinem Wartezimmer hatte?
     Er steckte das Päckchen zurück in seine Tasche.
    Er schaute sich das Cover von
De Kat
an. Ein geschminkter Mann war darauf zu sehen. Auf der Titelseite stand NATANIEL – DER MANN HINTER DER MASKE.
    Er wollte rauchen. Er blätterte durch die Zeitschrift. Nichts darin interessierte ihn. Die Frau auf der Titelseite von
Cosmopolitan
hatte große Brüste und einen großen Mund. Er griff nach der Zeitschrift und blätterte darin. Er blieb an einer Überschrift
     hängen. WORAN ER BEI DER ARBEIT DENKT. Er schlug die Seiten auf, aber dann wurde ihm klar, daß der Arzt jeden Augenblick die
     Tür öffnen konnte. Er schloß die Zeitschrift wieder.
    Er sehnte sich nach einer Zigarette. Die verwirrten einem immerhin nicht das Hirn.
    Er nahm das Päckchen wieder heraus und steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen. Er holte das Feuerzeug heraus und
     stand auf. Es mußte irgendwo einen Aschenbecher geben, den er benutzen konnte.
    Die weiße Tür öffnete sich. Joubert sah auf. Eine Frau kam herein. Sie war klein. Sie lächelte und hielt ihm die Hand hin.
    »Captain Joubert?«
    Er streckte ihr seine Hand entgegen. Er umklammerte immer noch das Feuerzeug. Er zog die Hand zurück und nahm das Feuerzeug
     in die linke. »Stimmt«, wollte er sagen, aber er hatte immer noch die Zigarette im Mund. Er errötete, zog seine Hand erneut
     zurück, nahm die Zigarette aus dem Mundwinkel |78| und hielt sie ebenfalls in der linken. Dann streckte er noch einmal die Hand aus.
    »Es gibt hier keinen Aschenbecher«, murmelte er, errötete und spürte ihre Hand in seiner, klein, warm und trocken.
    Sie lächelte immer noch. »Das muß der Reinigungsdienst gewesen sein. Kommen Sie herein, hier können Sie rauchen«, sagte sie
     und ließ seine Hand los. Sie hielt ihm die weiße Tür auf.
    »Nein, nach Ihnen«, sagte er und bedeutete, daß sie zuerst hindurchgehen sollte. Er war unsicher und fühlte sich unwohl nach
     seiner bedeutungslosen Bemerkung über den Aschenbecher.
    »Vielen Dank.« Sie ging hinein, und er schloß die Tür hinter sich. Er betrachtete ihren langen braunen Rock, ihre weiße Bluse,
     die bis zum Hals zugeknöpft war, und ihre braune Brosche, ein Holzelefant, der über einer ihrer kleinen Brüste befestigt war.
     Er nahm eine Spur weiblichen Dufts wahr, entweder Parfüm oder ihren eigenen, er bemerkte ihre Eleganz, ihre Zerbrechlichkeit
     und eine merkwürdige Schönheit, die er noch nicht recht beschreiben konnte.
    »Bitte setzen Sie sich«, sagte sie und ging um einen weißen Schreibtisch herum. Eine hohe, schlanke Vase mit drei rosa Nelken
     stand darauf. Ein weißes Telefon, ein Notizblock, ein kleiner Stifthalter, in dem einige rote und schwarze Stifte steckten,
     ein großer Aschenbecher aus Glas und eine

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